Honeymoon
sie.
»Du hast dich loseisen können?«
»Ja. Das heißt, dass ich das ganze Wochenende dir gehöre«
»Super!«, rief Jeffrey. »Glaub mir, ich sterbe, wenn ich dich nicht bald sehe.«
88
Es war beinahe unheimlich still, als wir unseren ganz speziellen Zeltplatz für den Abend erreichten.
Das würde ein ganz besonderer Spaß werden. Einfach perfekt.
»Kriegen wir da nicht Ärger, Daddy?«
Ich drehte mich zu Max um, dem Jüngeren meiner beiden Söhne. Mit seinen sechs Jahren konnte er schon in Ansätzen das Prinzip der Verantwortlichkeit erfassen. In letzter Zeit war es vielleicht eher sein Vater, der in dieser Hinsicht einen Auffrischungskurs nötig hatte. Allerdings nicht in diesem speziellen Fall.
»Nein, wir haben eine Sondererlaubnis für heute«, erklärte ich.
»Ja, du Dödel«, platzte John junior heraus. »Dad würde uns doch nicht hierhin mitnehmen, ohne vorher zu fragen. Nicht wahr, Dad?«
John junior hatte mit seinen neun Jahren schon längst entdeckt, was für einen teuflischen Spaß es machte, den älteren Bruder rauszuhängen.
»Jetzt mach mal halblang, J.J.«, sagte ich. »Max hat eine gute, intelligente Frage gestellt. Das hast du wirklich, Max.«
»Yeah!«, triumphierte Max. »Intelligent!«
Ich lächelte still vor mich hin und beschleunigte meinen Schritt. »Kommt, Jungs, wir sind gleich da!«
Ich hatte mit den beiden schon Ausflüge auf den Bear Mountain und zum Mohawk Trail gemacht. Einmal waren wir sogar eine Woche im Yellowstone Park gewesen. Jetzt hatte ich das Gefühl, ihnen mal etwas ganz anderes bieten zu müssen. Vielleicht wollte ich aber auch nur mein schlechtes Gewissen wegen der Sache mit Nora beruhigen. So oder so, ich hatte die Jungs für einen Abend und eine Nacht, und das sollte ein unvergessliches Erlebnis werden.
Wir blieben stehen, und ich drehte mich zu den beiden um. »Na, was sagt ihr dazu?«
Max und John junior standen nur da und sperrten Mund und Nase auf. Sie waren sprachlos – bei den beiden eine echte Seltenheit. Ich war begeistert. Es gibt nicht allzu viele Zeltplätze in der Bronx, aber ich war mir ziemlich sicher, dass wir den besten ausfindig gemacht hatten.
»Willkommen im Yankee-Stadion, Jungs!«
Die beiden ließen auf der Stelle ihre Rucksäcke fallen und rannten auf das Spielfeld zu. Es war Spätnachmittag, und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Niemand außer uns dreien. Derek Jeter und seine Mitspieler vom Yankee-Team waren gerade auf einer Westküstentour, und so hatten wir das Stadion ganz für uns allein. Der Tempel des legendären Babe Ruth! Schließt einfach nur hinter euch ab, wenn ihr geht, hatte mein Freund in der Verwaltung gesagt. Für ihn war es auch nicht gerade von Nachteil, dass ihm ein FBI-Agent jetzt einen Gefallen schuldete.
Ich öffnete meine Tasche und packte die komplette Ausrüstung aus. Schläger, Handschuhe, Mützen, Trikots und rund ein Dutzend abgewetzte Bälle.
»Okay, wer will zuerst schlagen?«
»Ich, ich, ich!«
»Nein, ich, ich, ich!«
Dann verbrachte ich ein paar wirklich fantastische Stunden mit meinen Söhnen – so lange, bis die Sonne hinter der gewaltigen Anzeigetafel und der steil aufragenden Tribüne versank.
»Dürfen wir wirklich hier schlafen?«, fragte John junior ungläubig.
»Klar, du Dödel«, piepste Max, der sich die Gelegenheit nicht entgehen ließ, es seinem älteren Bruder heimzuzahlen. »Das hat Daddy doch gesagt.«
»Stimmt genau.« Ich ging zu meiner Tasche und packte die Zeltsachen aus. »Also, in welcher Richtung soll der Eingang sein?«
Ich zeigte mit einer Hand zur Spielfeldmitte, mit der anderen in Richtung Home Base.
»Wisst ihr was, ich denke, wir machen einen Kompromiss und entscheiden uns für das dritte Base. Da hat mein Lieblingsyankee immer gespielt, als ich noch klein war.«
»Wer war das denn?«, wollte John junior wissen.
»Craig Nettles«, antwortete ich. Den Namen Craig habe ich immer schon gemocht.
Und dann schlug ich mit den Jungs unser Zelt auf. Oder vielmehr,
ich
schlug es auf, während Max und John junior wie die Wilden auf dem Spielfeld herumtobten und sich im Dreck wälzten. Sie waren immer noch vollkommen aus dem Häuschen, und es war unglaublich, ihnen zuzusehen. Vielleicht lernte ich doch allmählich, die richtigen Prioritäten zu setzen.
89
In der Eingangshalle der Back-Bay-Villa fielen sie übereinander her und knutschten sich ab wie zwei überhitzte Teenager.
Nora war gerade angekommen.
»Womit hab ich das verdient?«, sagte
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