Hongkong 02 - Noble House Hongkong
werde ich tun. Aber es ist schon verdammt merkwürdig, daß alles, was Bartlett mir am Abend unseres Hochzeitstages eröffnete, heute wie von einem Taifun durch die Börse gewirbelt wird.
Er ging zum Telefon, meldete ein Gespräch mit Mr. Deland an und bat um Rückruf.
»Ob Susanne schon bei ihm ist?« grübelte Penelope.
»Ich denke schon. Wenn ihre Maschine keine Verspätung hatte. Wirklich schade um Borge! Ich konnte ihn gut leiden.«
»Was wird Avril tun?«
»Da mache ich mir keine Sorgen. Sie wird heimkommen, um das Kind aufzuziehen, und wird bald wieder einen Märchenprinzen kennenlernen, einen neuen. Ihr Sohn wird einmal Direktor bei uns sein, und bis dahin wird sie ein behütetes und glückliches Leben führen.«
»Meinst du das wirklich, Ian … das mit dem Märchenprinzen?«
»Ja«, antwortete er mit fester Stimme, »ich glaube, daß alles in Ordnung kommen wird – für sie, für Kathy, für … für alle.«
»Du kannst nicht die ganze Menschheit auf deinen Schultern tragen, Ian.«
»Das weiß ich, aber in dieser Familie wird es niemandem an etwas fehlen, solange ich lebe – und ich werde ewig leben.« Er lachte sie an. »Keine Sorge, Penn, ich bin unsterblich. Nach meinem Tod werde ich auch weiterhin meine schützende Hand über dich und Glenna und Duncan und Adryon und alle anderen halten.«
»Etwa so wie Dirk Struan?«
»Nein«, antwortete er mit Nachdruck. »Mit seiner Größe kann ich nicht mithalten. Er ist ein immerwährender Geist, während ich nur zeitweilig auf Erden wandle.« Er musterte sie. »Du machst ja ein so ernstes Gesicht?«
»Mir ging nur gerade durch den Kopf, wie vergänglich das Leben ist«, sagte sie, »wie zerstörerisch, wie grausam, wie unvorhersehbar. Zuerst John Tschen und jetzt Borge, Kathy …« Wie stets in beklemmender Sorge, daß sie ihn verlieren könnte, rieselte ihr ein Schauer über den Rücken. »Wer kommt als nächster dran?«
»Irgendeiner, und darum sei Chinesin! Denke daran, daß alle Raben schwarz sind. Das Leben ist schön. Auch Götter machen Fehler und legen sich zur Ruhe, also tun wir unser Bestes und vertrauen wir keinem quai loh !«
»Ich kann dich manchmal recht gut leiden, Ian Struan-Dunross. Hast du …« Das Telefon läutete; sie brach ab und dachte: Dieses verfluchte Telefon! Wenn ich allmächtig wäre, ich würde alle Telefongespräche nach sechs Uhr abends verbieten, aber dann würde der arme Ian verrückt, und das verdammte Noble House würde zusammenbrechen!
»Guten Abend, Lando«, meldete sich Dunross, »was gibt es Neues?«
»Ich hoffe, ich störe nicht, Tai-Pan.«
»Überhaupt nicht«, erwiderte er und nahm seine fünf Sinne zusammen. »Ich bin gerade erst nach Hause gekommen. Was kann ich für Sie tun?«
»Es tut mir leid, aber ich ziehe die 15 Millionen Unterstützung, die ich für morgen versprochen habe, zurück. Vorübergehend. Die Börse macht mich nervös.«
»Kein Grund zur Sorge«, sagte Dunross. Ihm wurde flau im Magen. »Gornt will uns doch nur wieder einen Streich spielen.«
»Ich mache mir wirklich große Sorgen. Es ist nicht nur Gornt. Es ist die Ho-Pak und die Art, wie die Börse reagiert. Wo jetzt der Run auf die Ching Prosperity und sogar auf die Vic übergreift … das sind alles sehr schlechte Zeichen; darum möchte ich abwarten.«
»Morgen ist der entscheidende Tag, Lando. Morgen. Ich hatte mit Ihnen gerechnet.«
»Haben Sie unsere nächste Goldsendung verdreifacht, wie ich gebeten habe?«
»Ja, das habe ich selbst erledigt. Zürich hat schon per Telex bestätigt.«
»Ausgezeichnet, ausgezeichnet!«
»Morgen brauche ich Ihren Kreditbrief.«
»Selbstverständlich. Wenn Sie morgen einen Boten zu mir nach Hause schicken, gebe ich einen Scheck für den vollen Betrag.«
»Einen persönlichen Scheck? Auf welche Bank?«
»Auf die Victoria.«
»Mensch, gerade jetzt wollen Sie soviel Geld abziehen?«
»Ich ziehe es nicht ab. Ich bezahle Gold damit. Ich möchte in den nächsten Tagen einen Teil meines Vermögens in Gold und außerhalb Hongkongs haben – und jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt dafür. Sehen Sie zu, daß Sie es gleich morgen früh per Telex überweisen. Gleich morgen früh. An Ihrer Stelle würde ich auch versuchen, ausreichende Liquidität zu unterhalten.«
»Haben Sie etwas gehört?« fragte Dunross. Seine Stimme klang beherrscht.
»Sie kennen mich, ich bin nur etwas vorsichtiger, Tai-Pan. Mein Geld ist teurer.«
»Nicht teurer als das meine.«
»Na ja, wir beraten uns
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