Hongkong 02 - Noble House Hongkong
schenkte ihm ein. »Sie hat mir gerade von … von ihrer … von ihrer Krankheit erzählt.«
»Ach ja.« Er nahm das Glas aus ihrer Hand. »Danke. Wie hat es Andrew aufgenommen? Er hat mir gegenüber das Thema nicht berührt.«
»Sie wird es ihm heute abend sagen. Der Champagner sollte ihr ein wenig Mut machen.« Sorgenvoll sah Penelope ihn an. »Sie kommt doch wieder in Ordnung, Ian, nicht wahr?«
»Ich denke doch. Ich habe mich lange mit Doktor Tooley unterhalten. Was er sagte, klang ermutigend. Er hat mir die Adressen von drei Spezialisten in England gegeben und von weiteren drei in Amerika. Die drei englischen habe ich telegraphisch um Termine gebeten. Dr. Ferguson schickt ihnen Kathys Krankengeschichte per Luftpost.«
Sie nippte an ihrem Glas. Die Türen zum Park standen offen. Es war kurz vor sechs.
»Meinst du, wir sollten gleich fliegen? Kommt es auf ein paar Tage an?«
»Wenn du es gewesen wärst, wir hätten die erste Maschine genommen.«
»Na sicher. Wenn ich es dir gesagt hätte.«
»Du hättest es mir gesagt.«
»Wahrscheinlich hast du recht. Ich habe für morgen gebucht. Kathy war auch dafür. Wir fliegen mit BOAC – Glenna, Kathy und ich.«
»Claudia hat mir nichts davon gesagt«, wunderte er sich.
Sie lächelte. »Ich habe es selbst besorgt. Ich bin gar nicht so untüchtig. Wir können die Krankengeschichte gleich mitnehmen. Ich fand, Kathy sollte ihre Kinder dalassen. Bei den amahs sind sie gut aufgehoben.«
»Ja, so ist es am besten. Dr. Tooley betonte immer wieder, wie wichtig es ist, daß sie sich Ruhe gönnt. Allerdings … es gibt keine Heilung. Die medizinische Behandlung, sagte er, kann die Krankheit nur hemmen.« Er trank aus und schenkte ihre Gläser wieder voll. »Irgendwelche Anrufe?«
»Dort auf dem Tischchen. Ach ja! Eben hat ein Monsieur Deland aus Marseille angerufen.«
»Das ist unser dortiger Vertreter.« Dunross sah die Liste durch. John John von der Bank, Holdbrook, Philip Tschen und das unvermeidliche »Bitte Claudia zurückrufen«. Er lächelte. Kaum eine halbe Stunde war es her, daß er das Büro verlassen hatte.
Den Bösen ist keine Rast gewährt, dachte er.
Es hatte ihm Spaß gemacht, Gornt in der Börse dumm aus der Wäsche gucken zu lassen. Daß er im Augenblick nicht das Geld hatte, um zu zahlen, störte ihn nicht. Ich habe fünf Tage Frist, dachte er. Es wird alles gutgehen – mit Joss! Von dem Augenblick an, da sein Makler, von Panik ergriffen, ihn kurz nach zehn angerufen hatte, um ihn von den Gerüchten in Kenntnis zu setzen, die auf der Börse kursierten, und daß der Kurs von Struan’s schwankte, war er darauf bedacht gewesen, sich gegen den plötzlichen, unerwarteten Angriff zur Wehr zu setzen. Er, Philip Tschen, Holdbrook, Gavallan und deVille hatten alle Großaktionäre, die sie erreichen konnten, vergattert und ihnen versichert, daß die Gerüchte, wonach Struan’s nicht in der Lage sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen, jeglicher Grundlage entbehrten. Sie sollten sich weigern, Gornt größere Mengen Struan’s-Aktien zu leihen, und ihm nur da und dort ein paar Stücke überlassen. Der Par-Con-Deal, so vertraute Dunross ihnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit an, sei schon so gut wie unterzeichnet.
»Wenn Gornt leer verkauft, laßt ihn ruhig! Wir stützen den Kurs, tun aber so, als ob wir verwundbar wären. Freitag geben wir den Abschluß bekannt, unsere Aktien werden steigen wie verrückt, und er wird die Hosen verlieren«, hatte er ihnen prophezeit. »Zusammen mit seiner bekommen wir unsere Fluglinie zurück, und zusammen mit seinen und unseren Schiffen werden wir den gesamten Luft- und Seeverkehr von und nach Asien beherrschen.«
Den ganzen Tag über hatte er Selbstvertrauen ausgestrahlt, ohne es zu haben. Viele seiner Großaktionäre hatten aufgeregt angerufen und mußten beruhigt werden.
Über nicht eindeutig identifizierbare Treuhänder besaßen sowohl Knauser Tung wie auch Vierfinger Wu größere Aktienpakete. Er hatte sie beide nachmittags angerufen, um ihre Zusicherung zu erlangen, ihren Aktienbesitz in den nächsten Tagen weder zu verleihen noch zu verkaufen. Sie hatten es schließlich beide versprochen, aber es war nicht leicht gewesen.
Alles in allem, dachte Dunross, habe ich den ersten Angriff abgewehrt. Morgen oder Freitag wird es sich zeigen: Ist Bartlett ein Freund, ein Feind oder ein Judas? Er fühlte Zorn in sich aufsteigen, drängte ihn aber wieder zurück. Bleib ruhig, sagte er sich, überlege in Ruhe! Das
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