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Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Hongkong 02 - Noble House Hongkong

Titel: Hongkong 02 - Noble House Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Essen, Trinken und Schlafen vorenthalten werden.
    Gebrauche Augen, Ohren, Nase und deine Intelligenz, um dir auch in der Dunkelheit Gewißheit über den Zeitablauf zu verschaffen, und denke daran, daß die, die dich gefangenhalten, irgendwann einen Fehler machen werden! Biete deinen Scharfsinn gegen sie auf! Bleib aktiv, beobachte!
    Haben diese Barbarenteufel schon irgendwelche Fehler gemacht? Ja, einen, schoß es ihm durch den Kopf. Die Eier! Diese dummen Engländer und ihre Eier zum Frühstück!
    Er fühlte sich wohler. Hellwach rutschte er von der Pritsche herunter, tastete sich zu dem Metallteller vor und stellte den Becher daneben. Die Eier waren kalt und das Fett erstarrt, aber er verzehrte sie und den Brotrest. In der Dunkelheit mit den Fingern zu essen war ungewohnt und unbequem, schon allein darum, weil er nichts als seine eigene Blöße hatte, um seine Finger abzuwischen.
    Ihn fröstelte. Er kam sich verlassen und unrein vor. Seine Blase drückte ihn, und er tastete sich zum Eimer vor, der an der Wand hing. Der Eimer stank.
    Mit dem Zeigefinger maß er die Höhe der Flüssigkeit im Eimer. Er entleerte sich und maß die neue Höhe. Sein Hirn berechnete den Unterschied. Wenn sie nichts dazugetan haben, um mich zu verwirren, habe ich drei- oder viermal gepinkelt.
    Er rieb den Finger an seiner Brust und fühlte sich noch schmutziger, aber es erschien ihm wichtig, alles zu tun, um Verbindung zum Zeitablauf herzustellen. Er legte sich wieder hin. Eine Welle von Übelkeit überkam ihn, aber er zwang sich, an den Brian Kwok zu denken, von dem seine Feinde dachten, er sei Brian Karshun Kwok und nicht der andere, jener fast vergessene, der seiner Abstammung nach ein Wu war, dessen Familienname Pah lautete und der als Erwachsener Tschutoy geheißen hatte.
    Er dachte an Ningtok zurück, an seine Eltern, die ihn an seinem sechsten Geburtstag nach Hongkong zur Schule geschickt hatten, um dort zu lernen und ein Patriot zu werden wie seine Eltern und der Onkel, den man auf dem Dorfplatz vor seinen Augen zu Tode gepeitscht hatte, weil er ein Patriot gewesen war. Von seinen Verwandten in Hongkong hatte er gelernt, daß es ein und dasselbe sei, Patriot und Kommunist zu sein, daß die Führer der Kuomintang genauso böse seien wie die fremden Teufel, die China die ungerechten Verträge aufgezwungen hatten, und daß nur der ein wahrer Patriot sei, der den Lehren Maos anhing. Er erinnerte sich, wie er in die erste von vielen geheimen Bruderschaften eingeschworen worden war, wie er für die Sache Chinas und Maos gearbeitet und von heimlichen Lehrern gelernt hatte.
    Und dann das Stipendium! Mit zwölf Jahren!
    Wie stolz waren seine heimlichen Lehrer gewesen! Gefeit gegen ihre bösen Gedanken und schlechten Sitten, war er ins Land der Barbaren gereist, nach London, der Hauptstadt des größten Reiches, das die Welt je gesehen hatte; damals, 1937, erlebte es seine letzte Blütezeit.
    Zwei Jahre England. Haß auf die englische Schule, Haß auf die englischen Jungen … Chinamann, Chinamann, faß doch deinen Zopf mal an … Aber er verbarg diesen Haß, und seine Lehrer halfen ihm, führten ihn in die Wunderwelt der Dialektik ein, lehrten ihn, Teil der einzig wahren, durch nichts in Frage zu stellenden Revolution zu sein.
    Dann der Krieg gegen Deutschland und die Evakuierung zusammen mit allen anderen Schulkindern ins sichere Kanada, die herrliche Zeit in Vancouver an der pazifischen Küste, die endlose Weite, Berge und Meer, und ein blühendes Chinesenviertel mit guter Ning-tok-Küche – und ein neuer Zweig der weltweiten Brüderschaft, neue Lehrer und Ratgeber. Von seinen Kameraden abgelehnt, ihnen aber stets überlegen – in Schulwettbewerben, mit Boxhandschuhen, auf dem Tennis- und Cricketplatz – alles Teil seiner Ausbildung. »Tu dich hervor, mein Sohn Tschutoy, zeichne dich aus und fasse dich in Geduld – zum Ruhm der Partei, zum Ruhme Maos, zum Ruhme Chinas!« Er war sechs Jahre alt gewesen, als sein Vater diese Worte zum erstenmal zu ihm gesprochen hatte – auf dem Totenbett hatte er sie wiederholt.
    Auch daß er zur Royal Canadian Mounted Police ging, war Teil des Planes. Das Chinesenviertel, die Kais und Lagerhäuser waren sein Revier, und mit seinen Sprachkenntnissen – Englisch, Mandarin und Kantonesisch – war es leicht, ein guter Polizist zu werden in dieser breit hingelagerten, wunderschönen Hafenstadt. Er wurde Vancouvers China-Experte, der unerbittlich und mit aller Strenge die Verbrechen bekämpfte,

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