Hongkong 02 - Noble House Hongkong
nicht fassen! Brian Kwok!« Smyth war einer der wenigen, die über Brian Bescheid wußten.
»Ja, ja.«
»Hören Sie mal, Robert, der DCI« – Director of Criminal Investigation, Armstrongs oberster Chef – »hat mich angewiesen, den Werwolf-Fall von Ihnen zu übernehmen, während Sie anderweitig beschäftigt sind.«
»Es steht alles in den Protokollen. Sergeant Major Tangpo ist meine Nummer zwei … ein ausgezeichneter Mann.« Armstrong nahm einen kräftigen Schluck Bier und fügte zynisch hinzu: »Er hat gute Verbindungen.«
»Fein. Das wird uns helfen. Wie steht es denn mit den Werwölfen? Soll Philip Tschen weiterhin überwacht werden?«
»Ja. Und seine Frau auch.«
»Interessant, daß Dianne Mai-wei Ttschung hieß, bevor sie diesen alten Geizkragen heiratete. Und interessant ist auch, daß Kolibri Sung ein Vetter von ihr war.«
Armstrong sah ihn erstaunt an. »Sie haben sich gut auf Ihren Job vorbereitet.«
»Das gehört zum Geschäft. Ich möchte diesen Burschen rasch das Handwerk legen.
Wir hatten schon drei Anrufe von Leuten, von denen die Werwölfe unter Androhung eines Kidnapping h’eung yau forderten. Wie ich höre, ist es in der ganzen Kolonie das gleiche, und wenn drei verängstigte Bürger uns anrufen, können Sie wetten, daß dreihundert nicht den Mut dazu hatten.« Smyth nippte an seinem Whisky-Soda. »Das ist nicht gut fürs Geschäft. Wenn wir die Werwölfe nicht bald schnappen, werden die Burschen noch zu Großkapitalisten – ein paar Telefonanrufe und das Geld kommt mit der Post. Und jeder Ganove mit einem Sinn fürs leichte Geldverdienen kann sich erfolgreich betätigen.«
»Sie haben völlig recht.« Armstrong trank sein Bier aus. »Noch einen?«
»Darf ich jetzt? Barmann!«
Armstrong sah zu, wie sein Bier abgezogen wurde. »Sehen Sie eine Verbindung zwischen John Tschen und Kolibri Sung?« Er erinnerte sich an Sung, den reichen Schiffahrtsmagnaten, der vor sechs Jahren entführt worden war, und verzog den Mund zu einem Lächeln. »An den habe ich schon nicht mehr gedacht.«
»Ich auch nicht. Die Fälle haben nichts Gemeinsames, und wir haben die Kidnapper auf zwanzig Jahre in den Knast gesteckt, wo sie immer noch sitzen, aber man kann nicht wissen. Vielleicht gibt es eine Verbindung.« Smyth zuckte die Achseln. »Dianne Tschen muß John gehaßt haben, und er sie, das weiß man ja, und mit dem alten Kolibri war es nicht viel anders.«
»Hm.« Armstrong rieb sich die müden Augen. »Könnte sich lohnen, Johns Frau Barbara einen Besuch zu machen. Ich hatte es für morgen vor, aber …«
»Ich habe mich schon angemeldet. Morgen früh fahre ich nach Sha Tin hinaus. Vielleicht haben die Kollegen dort etwas übersehen.« Smyth sah ihn an. »Bei diesem Kidnapping gibt es einiges, was ich nicht verstehe. Zum Beispiel: Was hat die Drachen bewegen, eine so hohe Belohnung für John auszusetzen, noch dazu eigenartigerweise ›tot oder lebendig‹?«
»Fragen Sie sie!«
»Das habe ich. Das heißt, ich habe jemanden gefragt, der einen von ihnen kennt.«
Die Schlange zuckte die Achseln. »Nichts. Überhaupt nichts.« Er zögerte. »Wir müssen Johns Vergangenheit untersuchen.«
Es durchrieselte Armstrong kalt, aber er ließ sich nichts anmerken. »Gute Idee.«
»Wußten Sie, daß Mary ihn kannte? Im Kriegsgefangenenlager Stanley?«
»Ja.« Armstrong nahm automatisch einen Schluck.
»Sie könnte uns einen Hinweis geben. Vielleicht hatte er etwas mit dem Schwarzmarkt im Lager zu tun?«
»Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen.« Armstrong nahm es der Schlange nicht übel. Wäre ich an seiner Stelle gewesen, ich hätte auch gefragt. »Es ist schon lange her.«
»Das stimmt.«
»Lassen Sie sich von Ihren ›Freunden‹ helfen?«
»Sagen wir so: Unsere Glücksspielgemeinde hat beträchtliche Belohnungen ausgesetzt und Zahlungen geleistet – gern geleistet, wie ich betonen möchte.« Das sardonische Lächeln verschwand aus seinen Zügen. »Wir müssen diese Schweinehunde von Werwölfen baldigst in die Finger bekommen, sonst machen sie uns tatsächlich das Geschäft kaputt.«
14
21.15 Uhr:
Vierfinger Wu stand auf dem hohen Heck der motorisierten Dschunke, die mit gelöschten Lichtern weit von der Küste entfernt im unregelmäßigen Wellenschlag schlingerte. »Hör zu, du Haufen Scheiße«, zischte er Pocken Kin zornig an, der, besinnungslos vor Schmerz, mit Stricken und Ketten festgeschnürt, zitternd zu seinen Füßen auf dem Deck lag. »Ich will wissen, wer noch zu
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