Hongkong 02 - Noble House Hongkong
von denen die Gangstertriaden des Chinesenviertels lebten – Opium, Morphin, Heroin, Prostitution und das nicht auszurottende illegale Glücksspiel.
Seine Arbeit wurde von seinem Vorgesetzten und den Führern der Bruderschaft gleichermaßen gelobt; auch diese kämpften gegen den Drogenhandel. Der dankbare Polizeichef von Vancouver lieh ihn für sechs Monate seinen Kollegen in Ottawa. Er hatte Gelegenheit, neue kanadische und Bruderschafts-Kontakte herzustellen – lernte eine Menge dazu, zerschlug einen chinesischen Drogenring und wurde befördert. Es ist leicht, das Verbrechen zu bekämpfen, wenn man mit heimlichen Freunden zu Hunderten rechnen kann, die überall ihre Augen haben.
Dann war der Krieg zu Ende, und er suchte um Versetzung zur Polizei in Hongkong nach – der letzte Teil des Planes.
Aber er liebte Kanada und liebte sie . Jeanette deBois. Sie war neunzehn, Franko-Kanadierin aus Montreal, und sprach Französisch und Englisch. Ihre Eltern hatten nichts gegen eine Verbindung, waren nicht gegen ihn und nannten ihn scherzhaft den Chinois . Er war einundzwanzig, hatte eine große Karriere vor sich …
In hilflosem Jammer änderte Brian Kwok seine Lage auf der Matratze. Er schloß seine bleischweren Augenlider und ließ seine Gedanken zurückwandern zu ihr. Er erinnerte sich, wie er mit der Bruderschaft debattiert und darauf hingewiesen hatte, daß er ihrer Sache in Kanada besser dienen könne als in Hongkong. Hier in Vancouver konnte er in wenigen Jahren ein hochrangiger Polizeioffizier sein.
Aber seine Argumente hatten nichts gefruchtet. Traurig mußte er zugeben, daß sie recht hatten. Er wußte, daß er, wenn er geblieben wäre, früher oder später auf die andere Seite übergewechselt wäre, mit der Partei gebrochen hätte. Zu viele Kanadier und Nationalchinesen zählten zu seinen Freunden, und er hatte zu viele offizielle Berichte gelesen, die sich kritisch mit den Sowjets, dem KGB und den gulags auseinandersetzten. Hongkong und China lagen in weiter Ferne – so wie seine Vergangenheit. Hier waren Jeanette, seine Liebe zu ihr, sein hochgezüchteter Wagen und das Ansehen, das er unter Kollegen genoß, die er jetzt als Gleichgestellte, nicht mehr als Barbaren sah.
Der Führer hatte ihn daran erinnert, daß Barbaren immer Barbaren sind, daß er gebraucht werde in Hongkong, wo Mao noch immer nicht der siegreiche Vorsitzende war.
Mit bitteren Gefühlen hatte er gehorcht, denn er wußte, daß sie ihn in ihrer Gewalt hatten. Dann die berauschenden vier Jahre bis 1949 und Maos unglaublicher totaler Sieg. Und wieder hatte er sich tief eingegraben und seine brillanten Fähigkeiten darauf verwandt, das Verbrechen zu bekämpfen, das er als Schandfleck für Hongkong und ganz China empfand.
Und jetzt schreibt man 1963, und ich bin neununddreißig, und morgen … Nein, nicht morgen, Sonntag. Sonntag ist das Bergrennen und Sonnabend das Pferderennen, und Noble Star – wird es Noble Star sein oder Gornts Pilot Fish oder Richard Kwoks, nein Richard Kwangs Butterscotch Lass oder John Tschens Außenseiter Golden Lady? Ich glaube, ich werde auf Golden Lady setzen, alles, was ich habe, jawohl, meine ganzen Ersparnisse und den Porsche; das ist zwar idiotisch, aber ich muß es tun, ich muß es tun, weil Crosse es mir aufgetragen hat, und Robert meint auch, und beide sagen, ich müsse sogar mein Leben einsetzen, aber du lieber Gott, Golden Lady hinkt ja, doch es ist zu spät, und sie laufen schon, komm schon, Golden Lady, du trägst meine ganzen Ersparnisse und mein Leben auf deinem gottverdammten Rücken!
Es waren schwere, beängstigende, von Drogen ausgelöste Träume, und seine Augen merkten weder die aufgehende Tür noch daß es allmählich hell wurde in der Zelle.
Armstrong sah auf seinen Freund herab und bemitleidete ihn. Seine Begleiter waren Senior-Agent Malcolm Sun, eine Wache des SI und der Arzt des SI. Dr. Dorn war ein adretter, ein wenig kahler, kleiner Mann, der seine ärztlichen Pflichten sehr genau nahm. Er fühlte Brian Kwok den Puls, maß den Blutdruck und legte das Ohr an seine Brust.
»Körperlich ist Ihr ›Kunde‹ bestens in Form, Inspektor«, sagte er mit einem feinen Lächeln. »Blutdruck und Herzschlag sind ein wenig erhöht, aber das war ja zu erwarten.« Er trug die Daten in eine Tabelle ein und reichte sie Armstrong, der die Zeit notierte und unterschrieb.
»Sie können weitermachen«, sagte er.
Behutsam gab der Arzt Brian Kwok die Injektion ins Gesäß. »Essenszeit, wann immer
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