Hongkong 02 - Noble House Hongkong
für Orlanda gekauft hatte. »Mach dich hübsch und zieh das an!« Er gab ihr einen bodenlangen, gelben Seidenchong-sam, den Orlanda besonders bevorzugt hatte.
»O wie schön!«
Er kleidete sich an. »Wenn mir mein Streich gelingt, darfst du ihn behalten.«
»Oh! Ich werde alles so machen, wie du es haben willst«, versprach sie, und ihre unverhüllte Habgier reizte ihn zum Lachen. Er deutete durch das Bullauge. »Siehst du dort drüben den großen Frachter, den mit dem Hammer und der Sichel auf der Flagge?«
»Ja, Herr. Das Unglücksschiff? Ja, jetzt sehe ich es.«
»Komm bitte an Deck, wenn wir längsseits sind!«
»Gut. Und was soll ich sagen?«
»Nichts. Du brauchst nur den Mann, die Dame und mich süß anzulächeln, wieder hinunterzugehen und auf mich zu warten.«
Schneeprinzessin lachte. »Das ist alles?«
»Ja. Die Frau lächelst du besonders süß an.«
»Ah! Und soll ich sie nett finden, oder soll ich sie hassen?«
»Weder noch«, antwortete er, beeindruckt von ihrem Scharfsinn und völlig sicher, daß sich die beiden auf den ersten Blick verabscheuen würden.
In der Ungestörtheit seiner Kabine auf der Sowetsky Iwanow hatte Kapitän Gregor Suslew die dringende Botschaft zu Ende chiffriert: » Iwanow an Zentrale. Arthur berichtet, die Akten könnten gefälscht sein. Sein Freund wird mir heute Kopien liefern. Freue mich berichten zu können, daß Arthurs Freund auch das Material vom Flugzeugträger abgefangen hat. Empfehle, ihm unverzüglich eine Gratifikation anzuweisen. Ich habe Extrakopien sicherheitshalber mit der Post nach Bangkok, London und Berlin geschickt.«
Zufrieden stellte er die Codebücher in den Safe zurück und verschloß ihn. Dann griff er zum Telefon: »Schicken Sie mir den diensthabenden Signalgast! Und den Ersten Offizier.« Er riegelte die Kabinentür auf, kam zurück, trat ans Bullauge und starrte auf den Flugzeugträger hinaus, der auf der anderen Seite des Hafens vor Anker lag.
Dann fiel sein Auge auf den vorbeifahrenden Motorkreuzer. Er erkannte die Sea Witch. Lässig griff er nach dem Fernglas. Er sah Gornt auf dem Achterdeck und ein Mädchen und einen anderen Mann mit dem Rücken zu ihm an einem Tisch sitzen.
Dieser Hurensohn versteht es zu leben, dachte er. Was für ein herrliches Schiff! Wenn ich so eine Jacht im Schwarzen Meer haben könnte, mit Baku als Liegeplatz! Viele Kommissare – natürlich dienstältere – haben welche.
Wieder richtete er sein Glas auf die drei Menschen. Jetzt kam noch ein Mädchen von unten, eine asiatische Schönheit; gleich darauf klopfte es höflich an seiner Tür.
»Guten Abend, Genosse Kapitän«, sagte der Signalgast. Er nahm die Botschaft in Empfang und bestätigte schriftlich, sie erhalten zu haben.
»Das muß gleich hinausgehen.«
»Jawohl, Genosse.«
Der Erste Offizier trat ein. Wassilij Boradinow war ein robuster, gutaussehender Mann Mitte Dreißig, Hauptmann im KGB, Absolvent des Spionagelehrkurses an der Universität Wladiwostok und Inhaber eines Kapitänspatentes für Frachtschiffe.
»Sie wollten mich sprechen, Genosse Kapitän?«
Suslew nahm ein dechiffriertes Telegramm von dem Stoß auf seinem Schreibtisch.
»Der Erste Offizier Wassilij Boradinow übernimmt Metkins Pflichten als Kommissar der Iwanow, aber bis auf weiteres behält Kapitän Suslew das Kommando auf allen Ebenen.«
»Herzliche Glückwünsche.«
Boradinow strahlte. »Danke, Genosse! Haben Sie irgendwelche Aufträge für mich?«
Suslew hielt den Safeschlüssel hoch. »Wenn Sie bis morgen um Mitternacht nichts von mir gehört haben, öffnen Sie den Safe! Weitere Instruktionen finden Sie in dem Päckchen mit der Aufschrift ›Notstand Eins.‹ Hier …« Er übergab ihm einen versiegelten Umschlag. »Da drin sind zwei Telefonnummern, über die Sie mich erreichen können. Nur zu öffnen, wenn unbedingt nötig.«
»Zu Befehl.« Schweiß perlte dem jüngeren Mann von der Stirn.
»Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Sie sind durchaus befähigt, das Kommando zu übernehmen.«
»Ich hoffe, das wird nicht nötig sein.«
Gregor Suslew lachte. »Das hoffe ich auch, junger Freund. Nehmen Sie doch Platz!«
Er schenkte zwei Wodka ein. »Sie verdienen die Beförderung.«
»Danke.« Boradinow zögerte. »Was ist denn nun mit Metkin passiert?«
»Vor allem hat er einen dummen und unnötigen Fehler gemacht. Außerdem wurde er verraten. Oder hat sich selbst verraten. Aber was immer geschehen ist, der arme Kerl hätte seine Befugnisse nie überschreiten und sich
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