Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Zeiten sind für alle schwer.«
»Die Abteilung meines Mannes existiert leider seit voriger Woche nicht mehr. Zum Monatsende soll er gehen – nach siebzehn Dienstjahren – und wir können unsere Schulden an Sie nicht bezahlen.«
»Joss«, hatte er gesagt und gehofft, daß die Falle gut gestellt war und daß die Samen, die er gesät hatte, endlich aufgehen würden.
»Joss«, hatte sie ihm zugestimmt. »Aber da ist auch noch Orlanda.«
»Was ist mit Orlanda?«
»Sie könnte vielleicht eine mui jai sein.«
Eine mui jai war eine Tochter, die ein Schuldner, um Schulden zu begleichen, die er auf andere Weise nicht tilgen konnte, für immer dem Gläubiger überließ. Es war ein alter chinesischer Brauch und völlig legal.
Gornt erinnerte sich noch, wie warm ihm ums Herz geworden war. Die Verhandlungen hatten mehrere Wochen in Anspruch genommen. Gornt erklärte sich bereit, Ramos seine Schulden zu erlassen – die Schulden, die zu machen er Ramos so bewußt ermutigt hatte –, er gab Ramos eine bescheidene Pension, half ihm, sich in Portugal niederzulassen, und erbot sich, für Orlandas Ausbildung in Amerika zu sorgen. Als Gegenleistung verpflichteten sich die Ramos, ihm Orlanda vor oder an ihrem achtzehnten Geburtstag in jungfräulichem Zustand zu übergeben. »Bei allen Göttern, das wird ein ewiges Geheimnis zwischen uns bleiben. Und ich denke, es wäre besser, das Geheimnis auch vor ihr zu wahren, für alle Zeiten zu wahren, Herr. Aber wir wissen, und sie wird wissen, wo ihr Reisnapf steht.«
Er konzentrierte sich wieder auf Schneeprinzessin.
»Ich bin glücklich, daß du glücklich bist, Ehrenwerter Herr. Deine Dusche war ein Geschenk der Götter. Ich habe mir das Haar gewaschen, alles.« Sie lächelte. »Wenn du noch nicht willst, daß ich deinen Freunden einen Streich spiele, hättest du Lust zu bumsen?«
»Ja«, sagte er, wie immer entzückt von der Freimütigkeit einer chinesischen Bettgefährtin. Sein Vater hatte es ihm einmal erklärt: »Du gibst ihnen Geld, sie geben dir ihre Jugend, schenken dir Wolken und Regen und unterhalten dich. In Asien ist das ein fairer und ehrenwerter Tauschhandel. Ein Handel, also erwarte weder romantisches Getue noch Tränen, denn dazu sind sie nicht verpflichtet.«
Gutgelaunt legte Gornt seine Kleider ab und legte sich neben sie. Ihr dunkles Haar, ihre glatte Haut … Sie strich mit ihren Händen über seine Brust. Bald machte sie die kleinen Geräusche der Lust, um ihn aufzumuntern. Und obwohl die Mama-san sie darauf hingewiesen hatte, daß dieser quai loh anders war als die anderen und daß sie ihm nichts vorzumachen brauchte, erinnerte sie sich instinktiv an die wichtigsten Regeln, die man als Bettgefährtin eines Fremden zu beachten hatte: Laß deinen Körper nie Anteil nehmen, wenn du mit einem Fremden zusammen bist; du mußt nur immer so tun, als fändest du großen Gefallen an ihm, mußt so tun, als erreichtest du die Wolken und den Regen, weil er sonst in deinem Verhalten eine Beleidigung seiner Männlichkeit erblickt. Quai loh sind unzivilisierte Leute und werden nie verstehen, daß das Yin sich nicht kaufen läßt und daß dein Geschenk der Kopulation ausschließlich für den Genuß des Kunden bestimmt ist.
Als Gornt erschöpft zurücksank und sein Herzschlag wieder ruhiger geworden war, stieg Schneeprinzessin aus dem Bett und ging ins Bad, um sich noch einmal zu duschen. Angenehm ermattet blieb er liegen und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Bald kam sie mit einem Handtuch zurück. »Ich danke dir«, sagte er und trocknete sich ab. Sie legte sich wieder zu ihm.
»Oh, ich fühle mich so herrlich, so sauber. Wollen wir noch einmal …«
»Jetzt nicht, Schneeprinzessin. Jetzt kannst du dich ausruhen, und ich werde meine Gedanken wandern lassen. Du hast mir großes Vergnügen bereitet. Ich werde die Mama- san davon in Kenntnis setzen.«
»Ich danke dir«, antwortete sie höflich.
Er nickte. Er war von ihr, von ihrer Wärme und ihrer Sinnlichkeit angetan. Wann soll ich sie auf Deck kommen lassen? fragte er sich wieder, denn er war sicher, daß Bartlett und Orlanda sich dort aufhielten und nicht, wie zivilisierte Menschen, im Bett.
Neben dem Bett befand sich ein Bullauge, und er konnte in der Ferne die Lichter von Kowloon und der Marinewerft sehen. Die Motoren brummten wohltuend. Gornt stieg aus dem Bett und ging zum Schrank. Darin befanden sich einige sehr kostbare Nachthemden und Unterwäsche, bunte Roben und prächtige Morgenröcke, die er
Weitere Kostenlose Bücher