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Honigmilch

Honigmilch

Titel: Honigmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Kaffee getrunken, Bier, Limo, wie immer halt. Und dann sind sie plötzlich nacheinander aufgesprungen und zur Toilette gerannt.«
    »Alle?«, fragte Sprudel.
    »Nein, nein«, antwortete der Doc, »bei Weitem nicht alle. Es ist nur deshalb niemand mehr hier, weil es überall so gestunken hat. Wir haben aber schon sämtliche Fenster aufgemacht.«
    »Gäste mussten sich erbrechen«, stellte Sprudel fest. »Konnten Sie etwas für sie tun?
    »Nicht nötig«, antwortete der Doc. »Der Magen hat sich ja selbst geholfen und hat das, was ihm nicht bekam, ausgeworfen. Ich habe den Leuten geraten, sich ein wenig hinzulegen und auf den Schweinebraten heute Abend zu verzichten.«
    »Sie haben alle meine Eiercremetorte gegessen«, sagte Max.
    »Haben Sie dafür rohe Eier verwendet?«, erkundigte sich Fanni.
    Max nickte.
    »Wäre es nicht angebracht, eine Probe der Creme labortechnisch untersuchen zu lassen? In rohen Eiern stecken doch manchmal Salmonellen«, sagte Sprudel.
    Doc Haller winkte ab. »Erstens ist von der Torte nichts mehr übrig, und zweitens handelt es sich nicht um eine Salmonellose. Die Leute haben sich ja nach dem Erbrechen gleich wieder besser gefühlt.«
    »Aber warum haben sie alle gekotzt?«, fragte Max kläglich.
    Der Doc nahm seine Brille ab, blinzelte und setzte sie wieder auf. Dann hob er die Hände wie der Pfarrer beim Sanktus. »Mein Gott, Max, wir haben doch schon so oft darüber geredet. Seit der eiserne Vorhang offen steht und reger Grenzverkehr herrscht, werden Keime noch und noch eingeschleppt. Einer schleppt das ein, der andere dies.«
    Am Tresen klingelte das Telefon. Max stemmte sich an der Tischplatte hoch, krampfte die Finger um die Griffe seiner Krücken und arbeitete sich hinüber.
    Doc Haller nickte Fanni und Sprudel kurz zu, dann verließ er die Gaststube.
    Maxens Gesichtsfarbe changierte zu Grün, als er den Hörer wieder auflegte. »Der Willi ist vorhin ins Krankenhaus eingeliefert worden. ›Verdacht auf Typhus‹ soll der Doktor von der Ambulanz gesagt haben.«
    Keiner musste Fanni oder Sprudel erklären, dass Willi jener Ranger war, den sie vor einigen Stunden am Albrechtschachten aufgelesen hatten.
    »Besuchen viele Gäste aus dem Osten die Schutzhütte am Falkenstein?«, fragte Fanni.
    Max sah sie eine Weile verstört an, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, wieso auch?«
    In diesem Moment sprang die Tür der Gaststube auf, Bergwacht-Rudi erschien im Blickfeld. »He, Wirt!«, röhrte er. »Du machst an meinem Geburtstag kein Lazarett aus der Falkensteiner Schutzhütte. Wem schlecht ist, der kriegt einen Schnaps, und wem nicht schlecht ist, der auch. Und um sieben kriegen alle Schweinebraten.«
    Max humpelte ergeben in die Küche.
     
    Beim Abstieg hingen Fanni und Sprudel ihren Gedanken nach. Kurz vor dem Albrechtschachten sagte Fanni:
    »Doc Haller scheint sich ja nicht allzu viele Gedanken um die Patienten auf der Hütte zu machen. Er hat sie alle quasi wieder gesundgeschrieben.«
    »Damit wird er ja auch recht haben«, entgegnete Sprudel. »Sie haben ausgespuckt, was ihren Magen peinigte – Krankenakte geschlossen.«
    »Aber wenn doch …«, begann Fanni.
    Sprudel unterbrach sie. »Ich habe ja auch darüber nachgedacht, Fanni. Doch was sollen wir schon tun?«
    »… Notarzt …«
    »Nur weil ein paar Leute gekotzt haben?«, fragte Sprudel. »Schau, Fanni, wenn der Doc falsch liegt, wenn sich einer der Patienten nicht erholt, dann werden Max und die Bergwächter dafür sorgen, dass er schleunigst ins Tal und zu einem Arzt gebracht wird. Darauf können wir uns verlassen.«
    Sie nickte. »Was hat den Doc bloß so sicher gemacht? Über den Krankheitsverlauf, meine ich.«
    »Er hat halt Erfahrung«, erwiderte Sprudel. Dann lachte er leise. »Du misstraust ihm?«
    »Ja«, gab Fanni zu, »ich misstraue ihm, weil ich heute Vormittag, nachdem ich Severins Laptop bei dir abgeliefert hatte, die Beschreibung auf meinem Päckchen Ysoptee gelesen habe.« Sie sah sich um, als vermute sie Doc Haller, ausgestattet mit Teleskopohren, ganz in der Nähe, dann fuhr sie fort: »Ich glaube, er läuft doch herum und bindet den Leuten Bären auf.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte Sprudel.
    »Ysop wächst hier nicht«, antwortete Fanni. »Auf der Verpackung steht, das Kraut kommt aus Südeuropa.«
    »Es könnte doch eingeführt worden sein«, erwiderte Sprudel.
    »Und dann wurde es ausgerechnet auf dem Ruckowitzschachten angepflanzt? Von einem Wolpertinger oder von wem?«, sagte Fanni.
    Sprudel

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