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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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es ihm aufs Wort.
    »Die gesundheitlichen Gefahren sind eben noch nicht ausreichend
erforscht«, hielt der Pfarrer vorsichtig dagegen. Er schien sich als Moderator
zwischen den verfeindeten Gruppen zu begreifen. Hummel beneidete ihn nicht
darum. Bei aller Milde in seinem Gesichtsausdruck machte der Gottesmann auf ihn
einen abgekämpften und etwas erschöpften Eindruck.
    Am anderen Tisch regte sich nun etwas: »Dass ausg’rechnet Sie,
Hochwürde’, keine klare Stellung beziehe’! Mir Mensche habet ei’fach nit des
Recht dazu, des ganze neumodische Teufelszeug ei’zuführe’. Des zerstört die
Schöpfung!«, sagte der Älteste der drei, der seiner Kleidung nach wohl auch
Landwirt war.
    »Des könntet genauso die Sekteheinis sage«, empörte sich der Maler
am Stammtisch. Der Pfarrer schwieg.
    Wie ein Sektenvertreter sah der knorrige ältere Mann, der den
letzten Vorwurf nun als »blödes G’schwätz« abtat, nicht gerade aus. Ein
gestreiftes Hemd älteren Datums und tiefe Furchen im Gesicht, die wohl von
einem arbeitsamen Leben stammten.
    Eher ein »Kind der Sonne« hätte der neben ihm sitzende Mann mit
Vollbart sein können. Er war mittleren Alters und modisch etwa Anfang der 80er-Jahre stehen geblieben. Batikhemd, verwaschene
Jeans, Birkenstock-Sandalen.
    »Der isch Lehrer in Triberg drübe’«, klärte der Maler am Stammtisch
voller Verachtung auf. Lehrer waren hier offenbar ähnlich gut angesehen wie
Sektenchefs. »En Zu’zogene«, lautete der weitere Kritikpunkt.
    Das Außenseiter-Trio hatte seine Gespräche mittlerweile eingestellt
und schaute lauernd zur anderen Gruppe hinüber. Immerhin: bedient wurden die Mobilfunkgegner
hier noch.
    »Es ist nicht einfach«, seufzte der Pfarrer. »Über Mobilfunkmasten
steht eben weder im Alten noch im Neuen Testament etwas.«
    »Aber darüber, dass de’ Jesus die Händler aus’em Tempel g’jagt hat«,
gab der knorrige Bauer zurück. »Geld und de’ sogenannte Fortschritt sind nit
alles.«
    Der Pfarrer seufzte wieder und senkte seine Stimme, während er sich
Riesle und Hummel zuwandte. »Ich sollte in diesem Konflikt keine Stellung
beziehen. Zumal sowohl der Georg Brändle als auch der Robert Duffner beide
regelmäßige Kirchgänger sind. Und der Dr.   Duffner ist sogar im
Kirchengemeinderat.«
    Brändle war der knorrige Bauer, Duffner der Dritte am
Widerständler-Tisch, ein unauffälliger Endfünfziger in einem weißen Hemd.
    »Haben die Herren Kontakte zu der Sekte?«, fragte Riesle.
    Der Pfarrer schüttelte den Kopf. »Ziemlich sicher nicht. Brändle und
Duffner allein schon aus religiösen Gründen nicht. Der Brändle ist …«
    »Frömmer als Sie, Herr Pfarrer«, ergänzte der Polizist grinsend.
    »… ein sehr gewissenhafter Mann, der sein Christsein absolut ernst
nimmt«, sagte der Pfarrer. »Und der Dr.   Duffner ist der Arzt hier im Dorf.
Dessen Argumente kann man ja nicht einfach so wegwischen.«
    »Und was sind die Beweggründe des Lehrers für den Protest?«, fragte
Hummel, der sich schon der Optik wegen bereits ein fertiges Urteil über den
Berufskollegen gemacht hatte. Solche Lehrer hatte er an seiner Schule nämlich
auch. Das waren meist die Typen, die in Freiburg wohnten und morgens und abends
je 70 Autokilometer auf sich nahmen, um nur ja
nicht in einer kleineren Stadt wie Villingen-Schwenningen wohnen zu müssen, und
weil Freiburg ja so aufgeklärt und mediterran war. Da war dann angesichts der
schlechten Bahnverbindung der sonst allgegenwärtige Umweltaspekt auf einmal
nicht mehr so gravierend.
    »Der Herr Pädagoge? Der isch halt gege’ alles«, feixte der Wirt.
Keiner widersprach – nicht einmal der Pfarrer.
    »Erzählen Sie mir doch noch was über diese Sekten-Leute«, versuchte
Riesle weiterzubohren.
    »Die glaube’, sie könnte’ fascht jede Krankheit heile’«, mischte
sich jetzt der Polizist wieder ein.
    »Wie das?«, fragte Riesle.
    »Konkret kann ich Ihnen da keine Auskunft geben, aber aus dem Honig
werden bestimmte Flüssigkeiten gewonnen, die von Lucidus geweiht und dann als
Heiltrunk verabreicht werden. Dieser soll gegen alles Mögliche helfen – angeblich sogar gegen Krebs«, sagte der Pfarrer.
    »Na prima«, meinte Riesle ironisch. »Und? Wirkt das Honigzeug?«
    Mehrere in der Runde machten eine wegwerfende Handbewegung.
    »Zumindest ist es nicht bewiesen«, meinte der Pfarrer. »Auch wenn
die Sekte das behauptet.«
    »Was wissen Sie denn über diesen Sektenchef?«, fragte Riesle.
    »Wenig. Er ist ein durchaus

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