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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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er dann.
    Hummel putzte sich derweil die Zähne an dem alten Waschbecken, das
eine überschaubare Temperaturauswahl zu bieten hatte: kalt und kälter. Dann
packte er seine allenfalls drei Sachen, die er für die Nacht gebraucht hatte,
und zog die Bettwäsche in der Absicht ab, das Zimmer wenigstens in ordentlichem
Zustand zu hinterlassen.
    »Ich halte diese Offenbarung gestern für äußerst merkwürdig«, sagte
er schließlich. »Irgendetwas stimmt da nicht. Lass uns jetzt irgendwie auf den
Sonnenhof gelangen, um mit Elke zu sprechen. Vielleicht finden wir des Rätsels
Lösung.«
    Riesle hatte keinerlei Einwände und trottete Hummel hinterher, der
nach einem Platz suchte, an dem er seine gebrauchte Bettwäsche deponieren
konnte. »Wir sollten Brändle wenigstens fragen, ob wir ihm ein bisschen Geld
für die Übernachtung geben dürfen«, meinte Hubertus dann.
    »Und vielleicht kann er uns auch noch etwas zu diesem
Mobilfunk-Berater sagen, den Lucidus in seiner Vision angeschwärzt hat. Dass er
ihn nicht mag, wissen wir ja bereits«, schlug Riesle vor.
    Hummel nickte und lief den Gang des Obergeschosses entlang, an
dessen Wänden sich wieder Heiligenbildchen mit Familienfotos mischten. Er
musterte mit der Bettwäsche in der Hand einen Wandkalender, der fast aussah wie
der über dem Schreibtisch in Carolins Wohnung. Allerdings war dieser wohl aus
einer religiösen Zeitschrift, denn hinter jedem Datum standen die dazugehörigen
Namenstage. So war der 24. Juli der Tag Sieglindes,
während Sibylle mit dem 8. und 9. Oktober gleich zweimal hintereinander feiern durfte.
    Ähnlich wie bei Carolins Kalender war auch auf diesem hier ein Datum
    speziell vermerkt – und zwar mit einem Kreuz. Es war der 11. März, der Tag der heiligen Rosina.
    »Klaus!«, rief Hummel und ließ die Wäsche fallen.
    Der kam herangestürmt und war nicht minder elektrisiert: »Wir
sollten Brändle mal dringend ein paar Fragen stellen – und zwar nicht nur, ob
er Geld für die Übernachtung möchte«, meinte er dann.
    Sie stürzten nach unten und versuchten nochmals, an der Tür der
Wohnstube zu lauschen. Wieder nichts zu hören. Klaus drückte vorsichtig den
Griff nach unten. Sowohl der Bauer als auch sein Gast waren verschwunden.

28. Vor der Kapelle
    Der Himmel war tiefblau, als Hubertus und Klaus aus dem
Wohntrakt des Brändlehofs traten. Doch für die Schönheit dieses Morgens hatten
die beiden keinen Sinn. Sie hielten Ausschau nach dem Bauern. War er vielleicht
in der Scheune? Oder im Stall? Und wo lagen die Äcker, von denen er gesprochen
hatte?
    300 oder 400 Meter entfernt bergauf stand der Traktor des Bauern am Waldrand vor einer
kleinen Kapelle mit einem winzigen Glockenturm. Es war ein grünes Gefährt, das
am Morgen, als Klaus von seinem Nachtlager im Kadett zum Frühstück gekommen
war, direkt vor dem Wohnhaus gestanden hatte.
    »Dort oben könnte Brändle sein – vermutlich beim zweiten
Morgengebet«, meinte Klaus. »Dem fühlen wir jetzt mal auf den Zahn.«
    Hummel war sich nicht so sicher, ob er den Bauern in seiner Andacht
stören wollte. Aber zur Widerrede fehlte ihm ohnehin schon nach den ersten
anstrengenden Schritten die Puste.
    Es lagen noch etwa 100 Meter zwischen
ihnen und der Kapelle, als Klaus sich mit einer plötzlichen Bewegung duckte.
    »Runter«, zischte er. Er warf sich ins hohe Gras und zog Hubertus
mit sich. Es war zwar eine weiche, aber feuchte Landung. Der Morgentau hatte
die Wiese benetzt.
    »Sag mal, hast du sie noch alle?«
    »Ruhig«, flüsterte Riesle. »Brändle ist nicht allein. Da ist noch
jemand.«
    »Ja und? Das wird Thomsen sein. Kein Grund, durchzudrehen.« Die
Nacht im Kadett schien Riesle wirklich nicht gutgetan zu haben.
    Der Journalist hob ganz vorsichtig den Kopf, versuchte zwischen den
hohen Grashalmen hindurch etwas zu erkennen. »Das ist sicher nicht Thomsen. Es
sei denn, der wäre inzwischen zur Sekte übergelaufen. Der Mann da oben trägt
nämlich komplett Weiß.«
    »Und was macht der Typ?«, flüsterte Hummel von unten.
    »Er läuft gerade um den Traktor herum. Ich glaube, er wartet auf
Brändle. Komm, lass uns noch näher ranrücken.«
    Da es zum Waldrand näher war als zur Kapelle, bewegten sich beide
    tief geduckt zunächst in Richtung Bäume. Es mochten vielleicht 15 Meter sein, die Hummel endlos vorkamen. Brändles
Frühstück war wohl doch zu üppig gewesen. Unentdeckt erreichten sie den dichten
Fichtenwald. Er bot ihnen genug Schutz, um sich der Kapelle weiter zu

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