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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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ungesunde Leben als Pianospielerin in Nachtclubs und Bars als bei ihrer Familie zu sein. Trotzdem liebte ich sie, aber sie wollte meine Liebe nicht. Für mich bedeutete Liebe Schmerz. Vielleicht bin ich deshalb auch Nonne geworden, nachdem mein Stiefvater gestorben war. Die Religion hat ihm immer Halt gegeben. Ich wollte einen festen Platz im Leben, eine Gemeinschaft, zu der ich gehöre. Bis ich deinem Vater begegnet bin und er mir gezeigt hat, dass das Leben noch so viel mehr sein kann. Trotzdem fühlte ich mich die meiste Zeit meines Lebens zerrissen.“
    Es war das erste Mal überhaupt, dass ihre Mutter etwas Ähnliches erwähnt hatte. Felicity musste an Pater Simones Worte denken. Fast genauso hatte er sich eben am Telefon ausgedrückt. War das die Erklärung, warum sie selbst immer das Gefühl gehabt hatte, dass ihre Mutter eine gewisse Distanz zu ihr gewahrt hatte? Als wäre Liebe zu zeigen für Martha Benedict ein Gefühl der Schwäche?
    Zwar hatte sie alle ihre Mutterpflichten gegenüber Felicity gewissenhaft erfüllt, hatte dafür gesorgt, dass sie genug aß und anständig gekleidet war, hatte ihre Hausaufgaben beaufsichtigt und sie ermahnt, ihr Zimmer aufzuräumen. Bis zur ihrer Teenager-Rebellion hatte sie ihre Tochter mehrmals wöchentlich in die Kirche geschleppt und mindestens einmal im Monat zur Beichte, bis es sogar Pater Pescatore zu viel geworden war. Aber so sehr sich Felicity auch bemühte, sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ihre Mutter sie ein einziges Mal in ihrem Leben in den Arm genommen hätte.
    Als sie fünfzehn wurde, hatte sich Felicity schließlich strikt geweigert, ihre Mutter weiter in die Kirche zu begleiten – bestärkt durch die Unterstützung ihres Vaters.
    Und das war der Unterschied. Wenn auch ihre Mutter mehr oder weniger emotionslos ihre Pflichten der Tochter gegenüber erfüllte, so hatte Felicity den besten Vater der Welt gehabt.
    Ihre Mutter war mit ihrer Großmutter allein gewesen.

 
     

    Kapitel 53
     
     
    MÜNCHEN/Deutschland
     
    „Herr Professor?“ Grete steckte zaghaft den Kopf in das Arbeitszimmer. Sie wusste, der Professor wurde vormittags ungern bei der Arbeit gestört. Das hatte ihre Mutter ihr eingebläut, deren Nachfolgerin sie erst seit wenigen Wochen war. Sie war Haushälterin in dritter Generation, schon ihre Großmutter stand in den Diensten des Professors.
    „Was ist denn, Grete?“
    „Da möchte Sie ein Pater Simone sprechen.“
    Der Professor runzelte die Stirn. Soweit er wusste, kannte er keinen Pater Simone. „Hat er gesagt, was er will?“
    „Er meinte, es ginge um Ihre Schwester.“
    „Meine … Schwester ?“ Der Professor starrte sie entgeistert an und strich sich schließlich verwirrt durch das dichte weiße Haar. Es sah immer ein wenig aus, als hätte er gerade Beethoven dirigiert. „Aber …“ Er unterbrach sich und erhob sich aus seinem Stuhl. „Gut, bitten Sie ihn herein, Grete.“
    „Entschuldigen Sie, Herr Professor. Ich hätte Ihnen wohl gleich sagen sollen, dass er am Telefon ist.“ Grete kam nun ganz herein und hielt ihm den Apparat unsicher entgegen.
    Der Professor unterdrückte ein Kopfschütteln, stellte fest, dass es wohl noch ein wenig dauern würde, bis Grete in die Fußstapfen ihrer Großmutter und Mutter passte, und griff nach dem Telefon. „Berchinger“, meldete er sich vorsichtig.
    „Spreche ich mit Professor Wolfgang Berchinger, dem Bruder von Deborah Berchinger?“
    „Ja?“ Der Professor spürte, wie sich sein Herzschlag unwillkürlich beschleunigt hatte. Das war gar nicht gut. Er litt unter Bluthochdruck, jede Aufregung brachte ihn dem Schlaganfall einen Schritt näher. Jahrzehntelang hatte er versucht, etwas über das Schicksal seiner Schwester herauszufinden, aber sie war nach dem Krieg wie vom Erdboden verschluckt gewesen. Inzwischen hatte er die Hoffnung aufgegeben. Und nun dieser Anruf?
    „Mein Name ist Pater Simone Olivieri. Ich rufe aus Rom an und …“ Weiter kam er nicht, weil der Professor ihn sofort unterbrach. „Meine Schwester ist in Rom?“, rief er aufgeregt in den Apparat.
    „Äh, nein.“ Oje, dachte Pater Simone, jetzt habe ich den Salat. Er weiß es nicht – er weiß gar nichts! Nun war es an Pater Simone, sich zu räuspern. „Leider muss ich Ihnen die traurige Mitteilung machen, dass Ihre Schwester Deborah kürzlich verschieden ist. Mein tief empfundenes Beileid.“
    „Wie, in Rom?“
    „Nein, in Seattle.“
    „Amerika? Meine Schwester hat in Amerika gelebt?“ Der

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