Honky Tonk Pirates - Das vergessene Volk - Band 2
Denn sterben, das werdet ihr. Das ist euer Schicksal.« Er rieb sich die an ihrer Spitze mit roten Juwelen besetzte Nase und ritt durch den See hinüber zu Will. »Es ist, wie’s ist. Ihr kommt hier nicht raus. Das ist jammerschade. Aber wir haben den Diskus und die Krebse gebraucht. Ich meine, die Rose der Aweiku.« Er blieb vor Will stehen, legte den Kopf schräg und blinzelte lustig. »Euer Job ist getan.« Er hob seufzend die Arme. »Es ist aus und vorbei. Ihr fahrt heute zur Hölle.«
Da packte ihn Will. Ihn und sein Steckennilpferd. Er drehte den Kerl, zog ihn mit dem Rücken zu sich heran und presste ihm den Stecken des Pferdes gegen den Hals. »Aber du stirbst mit uns, denn du bist ein Feigling«, zischte er wütend und zog den Stecken noch enger und fester gegen den zuckenden Adamsapfel an seiner Kehle. »Du bist doch kein Held. Das hast du selber gesagt. »
Doch der Kerl schrie. Er schrie wie ein Esel, und im selben Augenblick, noch bevor er röchelnd verstummte, brüllten die
13 Krokodile und krochen mit ihren blasrohrbewaffneten Reitern aus 13 verschiedenen Löchern in die Halle hinein.
»Ihr habt keine Chance!«, krächzte der Kerl und schnappte nach Luft.
Will starrte in die mit Echsenschuppen bemalten Gesichter der Kinder. Sie waren am ganzen Körper bemalt und ihre langen, eigentlich blauschwarzen Haare, standen lehmgetränkt und stachelig wie Drachenzacken von ihrem Kopf.
»Ihr habt kein Chance!«, röchelte der Kerl in dem Bastrock. »Sie werden euch töten.«
»Das stimmt«, fauchte Will, »aber zuerst stirbst du!« Er riss ihm die Eselskappe vom Kopf, zog ihm die Maske vom Gesicht, löste den Würgegriff und stieß ihn zu Boden. »Hallo Moses, du Mistkerl. Du hast uns verraten.« Er packte das Steckennilpferd wie eine Keule und schwang es über dem Kopf. Er war fest entschlossen, den verfluchten Franzosen mit dem goldenen Nilpferd zu erschlagen, da stürzte Jo aus dem Gang in die Halle.
»Nein! Tu das nicht! Das ist doch Moses, unser Freund! Er hat uns vorm Galgen und vor den Möwen gerettet. Er hat uns beide nach New Nassau gebracht…zu Honky Tonk Hannah!«
»Ja, aber nur, um uns dann hier ganz mies zu verraten.«
»Nein!«, widersprach Jo und rannte zu Will. »Er tut es für sie!« Er zeigte auf die Krokodile und ihre Reiter. »Das sind seine Kinder.«
»Das sind kleine Teufel!«, antwortete Will. »Sie wollen uns töten!«
»Nein, Will! Sie schützen die Insel.« Jo holte tief Luft. »Er schützt die Insel. Denn er ist ihr König. Deshalb hat er das alles gemacht. Zwölf Jahre hat er die Rose gesucht. Die Rose der
Aweiku und den goldenen Diskus. Nur deshalb hat er den Rochen zu Hannah geschickt.«
»Einen Moment!«, meldete sich die Piratin zu Wort. »Der Rochen wurde geschickt?« Sie packte das goldene Kleid und die Schuhe, rückte den Zylinder auf ihrem Kopf zurecht, blies in den Schleier und stapfte durch den See zu ihnen zurück. »Sag das noch mal. Hab ich das gerade richtig verstanden? Er hat alles geplant? Wir sind für ihn durch die Hölle gegangen? Wir haben für ihn unser Leben riskiert?«
»Nicht für ihn. Für die Insel«, verbesserte Jo.
»Ach ja«, höhnte Hannah, »das hab ich vergessen. Er ist ja ihr König. Er heißt jetzt King Moses.«
»Kahiki«, korrigierte Moses verlegen. »König Kahiki oder einfach nur Quatschkopf. Quatschkopf der Erste.«
Will hob die Keule: »Der verlädt uns schon wieder.« Er hörte, wie die Kinder die Blasrohre zu den Mündern erhoben.
»Nein«, sagte Moses, »hier ist beides dasselbe. Der König ist Narr und der Narr ist der König. So kann kein König jemals wie Eulenfels werden.«
»Oder wie Talleyrand oder Whistle«, fügte Jo hinzu.
Will sah, wie Hannah nervös wurde. Sie trat auf der Stelle und drehte sich um die eigene Achse. »Verfuchst! Das klingt gar nicht schlecht«, grummelte sie, obwohl sie’s nicht wollte, doch als Will seine Keule senkte, stemmte sie sich dagegen. Sie hob seinen Arm. »Auch wenn mich so’n Weltverbesserungszeug vielleicht fasziniert. Er bleibt ein Verräter«, warnte sie Will.
»Nein«, sagte Jo. »Er rettet die Welt. Sie sind unsere Schutzengel.« Er zeigte auf die Kinder auf den Rücken der Krokodile.
Doch Will, der ihre Blasrohre sah, schüttelte spöttisch den Kopf. »Die? Unsere Schutzengel? Flitzfliegenschiss, Jo, das sind
alles Teufel. Und ich wette mit dir um alles Gold dieser Halle, dass das Gift, in das sie ihre Pfeile eingetaucht haben, uns nicht mehr aufwachen lässt.«
»Stimmt«,
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