Honky Tonk Pirates - Das verheißene Land - Band 1
einem, der alt genug war: Der Junge hat’s in sich. Der ist wie der Alte. Wie Whistle war, wisst ihr, als er so jung war wie der.
Ja, dachte Hannah, der Alte hat recht. Aber das soll der Junge nicht wissen. Das sagst du ihm nicht. Das muss sich der Kleine erst mal verdienen. Sie schaute beeindruckt zum Segelboot und dort wandte Moses den Blick verwundert von ihr zu dem Jungen, der neben ihm stand.
Will lachte. Er lachte wie einer, der sich vor nichts fürchtet, griff einen Teil des zerschossenen Mastes, kniete sich hin und begann entschlossen zu rudern.
»Kommt«, rief er. »Kommt! Ich hab einen Plan. Doch zuerst brauchen wir einen Platz, der ruhig genug ist, um reden zu können. Den findest du für uns, Moses. Du kennst dich hier aus.«
DIE STUNDE DER WAHRHEIT
P ie Stunde der Wahrheit war der Name des größten Wirtshauses von New Nassau. Und obwohl über dem Piratennest gerade die Sonne aufging, waren die schummerigen, von Algen und Muscheln überwucherten Gaststuben im Bauch der alten Schaluppe bis zum Bersten gefüllt.
Will und Jo saßen in der hintersten Ecke des Raums an einem von Algen bewachsenen Tisch zwischen trinkenden und grölenden Piraten und schauten sich missmutig um. Es war hier so eng, dass sie noch nicht einmal nebeneinander sitzen konnten. Hier saßen die Leute schon aufeinander. Und als der lauteste Zecher, der, dem die Muscheln schon vom Hut ins Gesicht wachsen wollten, einen Platz für eine Frau suchte, die ihm gefiel, setzte er sie Moses einfach auf dessen Schoß.
»Und das ist wirklich der einzige Ort?«, fragte Will doch Moses konnte ihn, weil es so laut war, nicht verstehen.
»Wie bitte, was?«, fragte er über die drei grölenden Piraten hinweg, die zwischen ihnen saßen.
»Ob das der einzige Ort hier ist, an dem man reden kann?«, schrie Will zurück und Moses zuckte erschrocken zusammen.
»Ja«, lachte der Chevalier und prostete seinem merkwürdigen Nebenmann zu, dem Algen statt Haare auf der Glatze wuchsen.
»Auf Nassau und alle Bastarde, die hier leben und sterben.« Er wandte sich wieder zu Will. »Jeder andere Ort wäre verdächtig, und hier in der Stunde der Wahrheit, zur Stunde der Wahrheit«, er musste über seine Spitzfindigkeit grinsen, »glaubt sowieso keiner keinem ein Wort.«
»Ich glaube, ich kenne dich«, lallte der Kerl mit der Glatze, und damit er nicht noch mehr sagen konnte, stieß Moses sofort wieder mit ihm an. »Aber natürlich. Ich kenne dich auch. Wir haben zusammen das goldene Horn des Narwals gejagt und …« Sofort war es still und alle starrten ihn an. Die ganze Kneipe starrte auf Moses, und die Gesichter derer, die starrten, verhießen nichts Gutes.
»Oh«, lachte der Chevalier, »das legendäre goldene Horn. Doch leider hat er es mir gestern stibitzt. Er war es. Er hat es jetzt und ihn müsst ihr …«
»Was?«, fragte der Glatzkopf, der neben ihm saß. Da stürzten sich schon alle anderen Gäste auf ihn. Den Piraten war es egal, was der arme Kerl rief und dass er alles bestritt. Sie hatten nur »Gold« gehört, und weil das so war, begann sich, bevor Jo und Will dreimal Luft holen konnten, jeder mit jedem zu prügeln. Und Jo,Will und Moses waren genau mittendrin.
»So, jetzt können wir reden«, sagte der Chevalier und schlug einem Kerl einen Krug auf den Kopf. »Aber vermeidet die magischen Worte, die jedes Piratenherz entflammen lassen.«
»Aber was sind das für Worte?«, rief der verängstigte Jo. Der Kleine war auf das Wahrzeichen der Kneipe, eine riesige Standuhr, geklettert und versteckte sich dort in der Hoffnung, dass ihn niemand entdeckte. »Was sind das für Worte?«
»Gold!«, lachte Moses Kahiki. »Silber, Juwelen, Dukaten und Schätze: Schatzkarten!« Er grinste, denn jetzt war es still.
Alle standen jetzt still und starrten ihn an. Die Säbel, Rumkrüge, Flaschen und Stuhlbeine, die sie zum Schlag in der Hand hielten, hingen über ihren Köpfen im Dunst.
»Gold?«, raunten sie. »Dukaten und Schätze? Schatzkarten?« Das Raunen wurde jetzt dunkler. Es wurde zum Grollen.
»Das klingt sehr gefährlich«, rief Jo erschrocken.
»Tja, da hast du recht«, gab der Chevalier zu und kratzte sich verlegen im Nacken. »Das mit den ›Schatzkarten‹ war vielleicht ein bisschen zu viel.«
Das Grollen wurde noch lauter.
»Ich will hier raus!«, forderte Jo energisch. »Du hast es versprochen, Will, und das schon dreimal: Wir hören auf. Ja, wir werden ›privat‹. ›Privat‹, hörst du, und keine Piraten.Wir leben in Ruhe und
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