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Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition)

Titel: Honky Tonk Pirates - Der letzte Horizont: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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Augen von Hannah. Dann räusperte er sich endlich den Kloß aus dem Hals und gab seine Befehle.
    Er schickte die roten Korsaren auf ihren Drachenbooten hinaus, um zu fischen. Er ließ die Maststümpfe kappen und von den Männern zu Brennholz zerhacken. Er selbst stellte mannsgroße Kessel auf und spannte mit Jo Segeltuchzelte darüber, deren Eckzipfel über Holzfässern endeten. Danach ließ er in den Kesseln Meerwasser kochen. Das verdunstete Wasser sammelte sich unter dem Segeltuchzelt, floss in kleinen Rinnsalen zu den Zipfeln hinab und tropfte – vom Salz befreit – trinkfertig in die Fässer. Zum Wasser gab es den von den Kindern gefangenen Fisch, und die Indianer fischten Algen aus dem Meer, die sie wie Gemüse kochten.
    Zwei Tage gönnte Nat seinen Freunden, damit sie sich erholen konnten. Er ließ sie essen, trinken, schlafen. Dann begannen sie gemeinsam, den Fliegenden Rochen zu reparieren. Notmasten wurden errichtet und Segel genäht. Die Flügel des Mantas wurden gerichtet, das Heck mithilfe von Flaschenzügen in seine alte Position gebracht, und während all das geschah, nahm Nats Tatonka den Rochen ins Schlepptau. Er zog ihn mit seinen riesigen Rudern, die von den Indianern bedient wurden, durchs windstille Meer in Richtung der Insel, die besser als Nassau oder die Insel des Vergessenen Volks für Libertaria geeignet war.
    Libertaria, die Republik der Piraten, in der die Welt – wie Rachel und Sarah und Jo es sich wünschten – endlich andersrum sein sollte: Jeder, der dort lebte, war ab sofort gleich, die Schwachen waren so stark wie die Starken und jeder konnte jedem vertrauen.

Talleyrands Geheimnis

    ertrauen, Vertrauen«, hörte Will Talleyrands leise Stimme, eine Woche bevor Nat in der Hängematte des Rochens erwachte. Und diese Stimme wurde von einem kräftigen Schnarchen umweht.
    Das milbenförmige Schlachtschiff mit dem rot-weiß gepunkteten Kranz aus Kanonen an der Spitze des Bugs auf dem Milbenkopf lag rücklings wie ein toter Käfer auf dem Grund des Meeres, und aus ihm stiegen hauchdünne Ketten aus Luftbläschen zur Wasseroberfläche hinauf.
    »Vertrauen, Vertrauen.« Erneut hörte Will Talleyrands nachdenkliche, wie ein Gebet gesprochene Worte noch zwei, drei weitere Male, bevor er sich traute, die Augen zu öffnen. Er hoffte noch immer, dass er das alles nur träumte. Doch diese Hoffnung starb sofort, als er die Augen öffnete und in Gaggas Nasenloch sah.
    Der Prinz lag neben ihm und hatte beide Arme um Wills B rust geschlungen, als wäre der sein Kuscheltier. Dabei schnarch te er unter der verrutschten Perücke aus Gold, und wenn Will den Blick nur ein paar Zentimeter senkte, starrte er in Gaggas offenen Mund, aus dessen Winkel ein Rinnsal aus Speichel floss.
    »Vertrauen, Vertrauen«, hörte er erneut die Worte des Schwarzen Barons wie einen für ihn bestimmten Lockruf, und deshalb stand Will jetzt langsam auf. Er befreite sich vorsichtig aus Gaggas Umarmung, stieg aus dem Bett und folgte der Stimme aus Talleyrands Gemach.
    Dort stand der schmächtige Franzose, nur mit einer Hose bekleidet, und wusch sich den Oberkörper vor einem gläsernen Becken. Will starrte auf den von schrecklichen Narben verunstalteten Rücken.
    »Das sind keine Tattoos«, begrüßte ihn Talleyrand und wusch sich langsam das Gesicht. Es wirkte, als wischte er die Schleier der Zeit wie eine dicke Staubschicht von einer traurigen Erinnerung. »Doch der Sinn dieser Narben ist beinahe derselbe.«
    Er drehte sich langsam zu Will um und schaute ihn überraschend ganz offen an.
    Will wich zurück. Das hatte er nicht erwartet. Talleyrand war seit Jahren sein Feind. Der Schwarze Baron. Der Piratenjäger des französischen Königs. Er fürchtete und er hasste ihn. Doch er hatte ihn noch nie so gesehen. So verletzlich und ungeschützt und mit diesem Blick, der überhaupt nicht der Echsenblick war, den er von Talleyrand kannte. Nein, dieser Blick, mit dem der Baron ihn hier begrüßte, war offen und ehrlich, der Blick eines Freundes, und deshalb klang seine Stimme auch nicht mehr rasiermesserscharf. Sie war leise und freundlich.
    »Wundert dich das?«, fragte der Franzose, der seine Gedanken zu lesen schien. »Glaubst du, ich wurde als der geboren, der ich jetzt bin? So wie ein Hai, der im Leib seiner Mutter seine Geschwister auffrisst, als Hai auf die Welt kommt? Hast du dich nie gefragt, warum ich so bin? Warum ich dich jage?«
    Er musterte Will.
    »Dann weißt du jetzt, warum du hier bist. Warum du mich nicht besiegen

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