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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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blutete am Kopf. Wenn Fängt-gewandt etwas fest auf die Wunden drückte, dann hörte die Blutung vielleicht auf. Die Körperhülle des Zwei-Beins musste doch genügend Material für solch einen Wickel bieten.
    Fängt-gewandt schob sich vorsichtig mit den Echtpfoten auf dem Ast vor. Er tastete nach seinem Feuersteinmesser, dann zerrte er an der Körperbedeckung, die den Arm des reglosen Zwei-Beins umhüllte. Indem er vorsichtig daran sägte, trennte er lange Streifen des Stoffs ab, dann wickelte er sie sorgsam um den Kopf des Zwei-Beins. Dabei behinderte ihn das Tragnetz, welches das Gesicht des Bewusstlosen über dem Wasser hielt, doch nach einigen Mühen gelang es ihm, die Stoffstreifen über beiden Wunden festzubinden. Dunkelrotes, furchterregendes Blut tränkte sie rasch, doch es floss allmählich langsamer und versiegte nach und nach. Das Zwei-Bein blieb zwar bewusstlos, aber es lebte noch.
    Fängt-gewandt strich ihm über die glatte Wange und summte sorgenvoll. Das Zwei-Bein in dieser Weise zu berühren vermittelte ihm eigenartige Zufriedenheit. Das Kopffell war länger und seidiger als sein Pelz, stellte er fest, aber das Gesicht, das so glatt und weich erschien, war nicht völlig haarlos. Über den geschlossenen Augen wuchsen geschwungene Haarstreifen, und auf dem Kinn und den Wangen erspürte Fängt-gewandt einen leichten Haarschatten, so als hätte das Zwei-Bein sich das Gesicht mit einem scharfen Gegenstand abgeschabt und alles Haar von der Haut entfernt. Die Stoppeln fühlten sich unter den Maschen des Tragnetzes rau und doch weich an, die goldgebleckte Haut war blass wie Eis.
    Fängt-gewandt schnüffelte den Wind, bemerkte aber keine Spur von Gefahr, vor allem aber weder den Gestank eines Todesrachens noch den Moschusgeruch eines Schneejägers. Obwohl Todesrachen nicht besonders klug waren, wussten sie genau, dass sie niemals so weit unter die Bäume eines Clanreviers vordringen sollten, und Schneejäger hielten sich zumeist an die zerklüfteten Berghänge und hohen Gipfel. Eigentlich konnte nichts geschehen, er durfte es riskieren. Fängt-gewandt öffnete Greifschwanz und Echtpfoten und landete auf dem Stein neben dem reglosen Zwei-Bein. Nachdenklich keckerte er. Mehr Hilfe konnte er nicht leisten. Das Zwei-Bein war viel zu groß und zu schwer, um es aus dem Wasser zu ziehen, und deshalb musste es bleiben, wo es war, bis es wieder zu Bewusstsein kam.
    Besorgt summend strich Fängt-gewandt dem Zwei-Bein durch das leuchtende, nasse Haar und wartete.
     
    Nur widerwillig, in verwirrten Brocken und Bruchstücken, kehrte sein Bewusstsein zurück. Blendender Schmerz im ganzen Kopf beherrschte für Ungewisse Zeit Scotts Wahrnehmung. Endlich aber machten sich auch andere Reize bemerkbar. Zum Teil lag er in kaltem Wasser; an diesen Stellen hatte er ein taubes Gefühl, und er bibberte am ganzen Leib. Tiefliegende Schmerzen den ganzen Rücken entlang wiesen auf Verletzungen der Muskeln und der Weichteile hin. In dem Angelstiefel mit dem hohen Schaft pochte der Knöchel. Unnachgiebiger Fels drückte sich gegen eine Schulter, die Rippen und den Oberschenkel. Das unvertraute Donnern in seinen Ohren legte sich graduell, bis er es als Rauschen reißenden Wassers erkannte. Erinnerungen, fragmentarisch und ungeordnet, blitzten auf. Er war durch einen Fluss mit felsigem Bett gewatet und hatte den Boden unter den Füßen verloren. Also musste er im Wasser liegen, und unter ihm waren die Felsen.
    Das klang einleuchtend.
    Doch etwas lag über seinem Gesicht und schnitt ihm wie ein Netz aus Schnüren in die Haut; das leuchtete ihm überhaupt nicht ein. Er regte sich schwerfällig, dann musste er aufbegehrenden Mageninhalt schlucken und stöhnte. Für einige lange Sekunden hörte er nur noch sein Blut in den Ohren rauschen. Sein Kopf drohte sich vom Hals abzulösen und wie ein Kinderfloß aus Balsaholz von der Strömung hinweggerissen zu werden. Nachdem Scott sich schließlich bewusst gemacht hatte, dass er wohl doch das Haupt auf den Schultern behalten würde, wurde ihm klar, dass er in ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Als promovierter Arzt erkannte er Schock und Gehirnerschütterung nur zu gut.
    Dass er mit diesen Symptomen im eisigem Wasser eines Bergflusses lag und sich nicht bewegen konnte, dass er mehrere hundert Kilometer vom nächsten Krankenhaus und etliche Dutzend Meter von der Sicherheit seines Flugwagens entfernt war, all das flößte Scott MacDallan eine kalte Furcht ein, wie er sie im Leben noch nie empfunden

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