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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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der Baumkater irgendwie zu ihm aufbaute, hatte ihn abgelenkt. Ein grimmiges Lächeln trat Scott auf die Lippen und verschwand wieder, als ihm einfiel, dass die Eindrücke, die er spürte, den gleichen Ursprung haben mochten wie die Gabe, mit der seine Großmutter ihn in seiner Kindheit zu Tode geängstigt hatte. Oma MacChait hatte immer wieder vorhergesagt, was er brauchte oder sagen würde. Einmal war er auf der anderen Seite der Welt zu einem Naturschutzgebiet unterwegs gewesen und hatte einen Flugwagenunfall gehabt. Ohne dass sie jemand angerufen hatte, war sie in seinem Krankenhauszimmer aufgetaucht. Immer wieder hatte sie Nachbarn Ratschläge erteilt, die sich hinter ihrem Rücken an die Stirn tippten und von der »verrückten alten Schottin« flüsterten …
    Der Gedanke, dass er den gleichen Fluch – während er aufwuchs, hatte er die Gabe nie anders bezeichnet – geerbt haben könnte, beunruhigte ihn zutiefst. Dabei empfing er von Fisher doch erheblich mehr – mehr als irgendjemand gemeldet hatte, der von einer Baumkatze adoptiert worden war, Stephanie Harrington eingeschlossen. Eines Tages aber könnte es sich doch als höchstwertvoll erweisen, dass er so viel mehr Informationen von seinem Baumkater erfasste als jeder andere Mensch.
    »Großartig, nun krauche ich nicht nur mit eingeschlagenem Schädel und verrenktem Knöchel herum, während ein Gewitter der Stufe Zwei sich über mir zusammenbraut, nein, ich muss auch noch feststellen, dass ich ein Medium bin wie meine Oma MacChait und zudem auf die psychische Aura eines Baumkaters abgestimmt.« Der Gedanke – und seine missliche Lage – erschienen ihm dermaßen absurd, dass er nicht anders konnte: Er begann zu lachen. Ich werde hier sterben, wenn ich nicht den Hintern hoch kriege und mich flussabwärts verdünnisiere – und was mache ich? Sitze hier rum und lache wie ein Bekloppter!
    Reagierte er wirklich nur hysterisch?
    »Bliek?«, fragte Fisher verwirrt und schaute ihn besorgt an.
    »Schon gut, Fisher«, keuchte Scott und wischte sich mit bebenden Händen das feuchte Gesicht ab. Er zuckte heftig zusammen: Über dem Blätterdach donnerte es unvermittelt so laut, dass das Heulen des anschwellenden Windes, der wie das Zischen von tausend wütenden Schlangen klang, völlig darin unterging. »Muss auf die Beine kommen.« Scott hatte endlich die überstehenden Äste abgetrennt. Er schaltete das Vibromesser aus und schob es in die Gürteltasche zurück. Den dicken Stab hinter sich herschleppend, kroch er rückwärts, bis er wieder an den Baumstamm gelangte. Am liebsten hätte Scott sich angelehnt und nicht mehr bewegt, bis die Rettung kam, aber der Donner oberhalb der Pfostenbäume klang mit jedem Mal lauter und näher. In der unheilverkündeten Dunkelheit flackerten Blitze über dem Blätterdach. »Wir müssen nun los, Fisher, nicht wahr?«
    Scott verbiss sich ein Stöhnen und wuchtete sich einmal mehr auf die Beine. Er blickte zum Fluss und prägte sich die Richtung ein. Er hängte sich Provianttasche und Gewehr um, packte den Krückstock mit beiden Händen und schlurfte einen Schritt vor; sein Gewicht stützte er ganz auf den schweren Stock. Er stürzte nicht, doch seine Knie zitterten, sein Knöchel schmerzte rasend, und sein Kopf fühlte sich an wie die grelle Feuerblume im Herzen einer explodierenden Brandbombe. Er schwankte, hielt sich jedoch auf den Beinen und erwehrte sich der Übelkeit, die ihm in die Kehle stieg. Am ganzen Leib war er von Schweißperlen bedeckt. Wenn er klug genug gewesen wäre, sein Medikit mit herzubringen, anstatt es im Flugwagen zu lassen, hätte er wenigstens etwas gegen die Übelkeit schlucken können, das wäre eine Hilfe gewesen; wegen der Kopfverletzung hätte er indes nicht gewagt, ein Schmerzmittel zu nehmen.
    Er hörte ein leises Summen, und als er die Lider hob, erblickte er den Baumkater, der sich in Augenhöhe an den Stamm klammerte und ihn mit solcher Besorgnis anstarrte, dass Scott sie fast schmeckte.
    »Bliek?«, machte er.
    Scott schluckte sauren Speichel. »Dorthin«, brachte er hervor und deutete auf die Flussbiegung, wo sein Wagen stand.
    »Bliek!« Der Baumkater wies in die gleiche Richtung, dann huschte er den Stamm hinauf auf einen der geraden, waagerechten Äste, die den Pfostenbaum so einzigartig machten.
    Fisher hätte ihm binnen eines Blinzelns davonrennen können, doch der Baumkater blieb dicht bei ihm und summte melodisch, während Scott mit quälender Langsamkeit der Flussböschung zum Flugwagen

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