Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
mit Stolz. Ich glaube, nur deshalb hat man sie so früh hierher bestellt.
Gibt es hier einen Übeltäter? , fragte Traum-Sucher überrascht, und Parsifal lachte bliekend auf.
Möglich wäre es , antwortete der ältere Jäger, aber das ist nicht der Grund für ihre Aufregung. Schau dorthin. Siehst du den großen schwarzen Flugwagen, den die bewaffneten Menschen umringen und bewachen? Traum-Sucher erkannte den Menschen-Ausdruck für ›Himmels-Ei‹ – einen der vielen und oft so verwirrenden menschlichen Begriffe – und er schlug zustimmend mit dem Schweif. Eine von ihnen, die sie ›Prinzessin‹ nennen, ist damit hergekommen, und mein Mensch ist zu denen gerufen worden, die sie beschützen sollen.
› Prinzessin‹? , wiederholte Traum-Sucher behutsam.
Das ist ein Titel der Achtung, wie Ältester der Ältesten oder Sagen-Künderin , erklärte Parsifal. Wir … – und mit einer Geistesgeste schloss er alle anderen auf dem Dach mit ein – wir haben versucht herauszufinden, was es wirklich damit auf sich hat, denn einiges daran erscheint uns merkwürdig. Zum einen begegnen die Menschen dieser ›Prinzessin‹ mit großem Respekt und behandeln sie in jeder Weise wie den Ältesten aller Ältesten, und dabei ist sie kaum mehr als ein gerade ausgewachsenes Junges. Wir haben noch nicht ergründet, wie jemand mit so geringem Alter so wichtig sein kann, aber daran, dass es so ist, besteht kein Zweifel. Außerdem war Sylvester … – er nickte einem der anderen zu, einem älteren Jäger, der dicht an der Dachkante saß – so dicht an ihr, dass er ihr Geistesleuchten kosten konnte, und er sagt, der Geschmack der Autorität darin sei stark. Sie hat ein sehr starkes Geistesleuchten , schloss Parsifal mit großer Hochachtung, aber sie trägt sehr viel Schmerz in sich für jemanden, der noch so jung ist.
»Und hier haben wir den neuen Sitzungssaal«, sagte Lieutenant General MacClintock beim Öffnen der Flügeltür und trat beiseite, um Adrienne den Vortritt zu lassen.
Sie nickte und zog in den weitläufigen Raum mit dem dicken Teppich ein. Ihre Begleitung schloss sich ihr an. Groß war ihr Gefolge nicht gerade; da sie im Innern des Gebäudes und damit gedeckt war, befand sich Alvin Tudevs Trupp zum größten Teil draußen und überwachte die Umgebung. Nur Tudev persönlich und vier handverlesene Sergeants in Zivilkleidung begleiteten die Kronprinzessin. Zusätzlich zu den Leibwächtern waren noch Lady Nassouah Haroun dabei, zwei PR-Leute, Lieutenant General MacClintock, drei weitere hohe Offiziere des Forstdienstes, der Chefingenieur des Verwaltungsflügels und ein zweiköpfiges HD-Team. Und dazu kamen natürlich zwei Baumkater: MacClintocks Dunatis und Musashi, der ‘Kater von SFD-Colonel Marcy Alcerros.
»Wir sind recht stolz darauf«, fuhr MacClintock fort und folgte ihr in den kühlen, stillen Saal. »Wir brauchten den Platz wirklich, aber ich muss zugeben, wo wir schon einmal dabei waren, ergriffen wir die Gelegenheit, uns ein … nun ja, ein bequemes Quartier zu bauen.«
»Das sehe ich«, entgegnete Adrienne lächelnd und blickte sich anerkennend im Saal um. Als sie das lebensgroße Porträt erkannte, das über dem wuchtigen Konferenztisch hing, kniff sie die Augen zusammen. Gefolgt von ihren Begleitern, schritt sie über den Teppich und blickte gespannt auf das Gemälde.
Das spektakuläre Werk war als Neo-Ölbild ausgeführt. Die nach Vorgaben des Künstlers hergestellten photoreaktiven Verbindungen waren von Meisterhand abgetönt, aufgetragen und stimuliert worden, damit sie genau das Bildnis ergaben, das dem Maler vorschwebte. Dann hatte er sie genau im richtigen Moment unter einer Schicht Stabilisator für immer fixiert. Bei entsprechender Computerunterstützung hätte er mit Hilfe der gleichen Technik die Präzision eines Hologramms mit einer Solidität und ›Struktur‹ kombinieren können, die keine Lichtskulptur jemals erreichte. Dieses Porträt aber war von keinem Computer erzeugt worden. Es hatte nicht die Perfektion, die ein Computerprodukt besaß, aber man konnte auch nicht behaupten, dass sie ihm fehle. Das Bild war ein Meisterwerk, beschloss Adrienne ehrfürchtig – eine meisterliche Interpretation, deren Ungenauigkeiten zu seiner Großartigkeit beitrugen und bewiesen, dass es von menschlicher Hand, menschlichem Geist und menschlichem Auge geschaffen worden war, nicht aber von unbeteiligten, unendlich exakt arbeitenden elektronischen Schaltkreisen.
»Das ist ein Akimoto, oder?«, fragte
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