Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
wahr«, schnurrte die Queen, und der Baumkater auf ihrer Stuhllehne bliekte den Kater hinter Justin lachend an. »Da gibt es nur ein Problem, Verfallener: Bevor sich dein Anwalt auf die Habeas-Corpus-Akte berufen und Protest gegen mein tyrannisches Gebaren einlegen kann, muss besagter Anwalt schließlich erst einmal erfahren, dass du im Gefängnis sitzt. Und weil wir Wintons alle mit größtem Talent und höchstem Erfolg schon so lange die wohlwollenden, gesetzestreuen Monarchen spielen, gibt es ganze Generationen von geheimen Gefangenen, Opfern unserer verderbten Autokratie, die bis zu ihrem elendigen Tod ohne Hoffnung dahinvegetierten, allein und vergessen in den unheiligen Kerkern unserer Tyrannei!«
»Das war wirklich sehr gut, Beth!«, rief Justin voll Bewunderung. »Aber ich glaube nicht, dass du das noch mal in der richtigen Reihenfolge wiederholen kannst.«
»Das brauchte ich auch nicht«, entgegnete sie ihm und hob geringschätzig die Nase. »Ich bin die Königin, und darum kann ich tun, was ich will«, sagte sie schnippisch und grinste breit. »Es ist schön, Königin zu sein, weißt du.«
»Prinzgemahl zu sein ist noch besser«, erwiderte Justin. Er hob die Hand und streichelte seinem Baumkater über die Ohren. Monroe schnurrte fröhlich und glitt, als hätte er keine Knochen, über Justins Schulter nach vorn auf seinen Schoß, wo er noch hingebungsvollere Streicheleinheiten forderte.
»Und warum das?«, fragte Elizabeth misstrauisch.
»Weil du dich um alles kümmern musst, womit dich Allen am späten Abend noch belästigt. Ich hingegen kann hier bleiben, mich in der Wertschätzung unserer wonnigen Kinder sonnen und Monroe den Bauch kraulen. Bei der Gelegenheit kann ich auch gleich die Karten für das nächste Spiel präparieren.«
»›Wonnige Kinder‹? ›Achtung‹? Ach so, du meinst die beiden!« Elizabeth johlte, und ihre Kinder grinsten sie an. »In Wirklichkeit stehen sie beide in meinem Sold«, fuhr sie fort, während sie aufstand und Ariel ergriff. »Sie verraten es mir jedes Mal, wenn du versuchst, die Karten zu zinken. Und wenn nicht, dann sehe ich mir beim Palastwachdienst die Kameraaufnahmen an und beweise damit, dass ihr alle drei gegen eure Monarchin konspiriert. Und das …« – sie senkte unheilverkündend die Stimme – »hat fatale Konsequenzen für die Verschwörer.«
»Potztausend, schon wieder überlistet«, brummte Justin. Seine Frau beugte sich vor und küsste ihn, dann wandte sie sich wieder dem Diener zu.
»Na schön, Edward«, seufzte sie. »Bringen Sie mich bitte zum Herzog.«
»Selbstverständlich, Euer Majestät. Er wartet in der Queen Caitrin’s Suite.«
Vor der Suite stand ein mittelgroßer Mann mit einem gepflegten Bart. Er hatte einen dunklen Teint, war recht untersetzt und trug die Uniform eines Majors im Palastwachdienst. Seine rot-weiße Achselschnur wies darauf hin, dass er dem Büro des Premierministers zugeteilt war, das Namensschild über der Brusttasche lautete auf ›NEY, FRANCIS‹, und seine Miene wies jede Vertraulichkeit ab. Ob er sich um diesen Gesichtsausdruck bemühte oder ihn der Natur verdankte, war schwer zu sagen, wenngleich es unter seinen näheren Bekannten einige gab, die sehr genau zu wissen behaupteten, wie es sich damit verhielt. Doch so grimmig und unnahbar er anderen auch erscheinen mochte, Elisabeth III. lächelte, als sie ihn sah.
»Hallo, Frank«, sagte sie, und Ariel begrüßte ihn mit einem Zucken der Schnurrhaare.
Irgendwo ganz tief in den Augen des Majors zeigte sich ein Funkeln, als die Katze bliekte, aber dieses Funkeln erreichte nicht sein Gesicht. Elizabeth war das egal. Sie hatte Frank Ney schon gekannt, als sie noch ein Kind gewesen war, und gehörte nicht zu den Menschen, die ihn ungesellig nannten. Gewiss war er … stachelig, und seine Ansichten schienen aus Panzerstahl geschmiedet. So viel räumte sie ein. Andererseits stammte er aus dem Olympus-Gebirge auf Gryphon, wo die Freisassen auf lange Reibereien mit dem ansässigen Adel zurückblickten. Daraus erklärten sich seine Verschlossenheit und sein grundsätzliches Misstrauen jeder Autorität gegenüber. Auf den ersten Blick schien das nicht zu einem Mann passen zu wollen, der sich mehr als fünfzig Jahre zuvor freiwillig gemeldet hatte, um den Monarchen und die höchsten Mitglieder seiner Regierung zu schützen. Doch niemand, der ihn wirklich kannte, wunderte sich darüber. Außerdem unterstützte die Krone schon sehr lange die bürgerlichen Gryphoner gegen
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