Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
einmal darauf eingehe. Ich bin sehr stolz auf dich, Honor Harrington.«
Honor blinzelte, denn plötzlich brannte ihr das Auge. Sie öffnete den Mund, doch kein Wort drang ihr über die Lippen. Ihre Mutter lächelte wieder und schüttelte sie leicht am Arm.
»Und was deine Bedenken wegen der Größe dieses Hauses angeht – das ist doch alles Quatsch! Wenn die Königin von Manticore dir etwas schenken möchte, dann nimmst du es verdammt noch eins auch an! Wenn ich auf Grayson all diese Blumensträuße und Fanfaren ertragen muss, dann nimmst du deine Pille eben hier im Sternenkönigreich, und zwar, bei Gott, mit einem Lächeln! Haben wir uns da verstanden, junge Dame?«
»Jawohl, Mama«, sagte Honor ergeben, und nur ein leichtes Schwanken ihrer Stimme gab ihre wahren Gefühle preis.
»Gut«, sagte Allison zufrieden. Sie lächelte breit, denn James MacGuiness öffnete die Tür zum Esszimmer und hieß sie beide willkommen.
17
Einige Stunden später saß Honor mit ihrer Mutter bequem auf einer der zahlreichen Terrassen der Villa. Zum betonten Luxus des Anwesens gehörte auch, dass es auf den Steilklippen am Ostufer der Jasonbai lag und mehr als zwei Kilometer unberührten Privatstrands sein Eigen nannte. Zwei Kilometer waren es in Luftlinie – durch die Einschnitte im zerklüfteten Ufer handelte es sich tatsächlich eher um dreieinhalb. Die Planeten des Sternenkönigreichs waren im Vergleich zu Welten wie Haven oder den älteren Tochterwelten der Solaren Liga extrem dünn besiedelt. Zusammengenommen brachten alle drei kaum die halbe Bevölkerung auf, die Alterde im letzten Jahrhundert vor der Diaspora besessen hatte. Auf den dichter bevölkerten Planeten war Landbesitz ein typisches Privileg der Superreichen, im Sternenkönigreich hingegen nicht. Honors neues Anwesen war sogar kleiner als das Harringtonsche Gehöft auf Sphinx. Es lag jedoch keine zwanzig Kilometer vom Stadtkern Landing Citys entfernt, und das Ostufer galt als das zweit- oder drittbegehrteste Wohngebiet auf dem ganzen Hauptplaneten. Darum hätten diese paar Hektar Fläche selbst im Sternenkönigreich einen fantastischen Preis auf dem freien Markt erzielt, zumal sich vom Grat der Felswände ein unvergleichlicher Ausblick bot.
Manticore A balancierte über dem Westrand der Bai, und Manticore B stand als strahlend heller Stern am dunkler werdenden Osthimmel. Allmählich nahm der Wind von der Bai her zu und zerrte an den Fransen des Sonnenschirms, der den Liegestühlen Schatten gespendet hatte. Im Norden hockten die Ausläufer einer Wolkenbank, Vorboten des Regens, der dem Wetterbericht zufolge in der Nacht fallen sollte. Geschuppte, doppelschwänzige Eidechsenmöwen von grau-grüner Farbe stoben über die Klippen, tauchten ab, stiegen auf oder hüpften wie Korken mit der Dünung hinter der Brandung auf und ab. Sie riefen einander mit hohem, klaren Trillern, und der Geruch des Gezeitenwassers mischte sich in den Duft von Kronenblüten, Alterden-Rosen und anderen bunt gemischten einheimischen und terranischen Blumen, die den grauen Steinfliesen der Terrasse einiges von ihrer Schroffheit nahmen.
»Ich glaube«, bemerkte Allison hinter ihrer dunklen Sonnenbrille, »ich könnte mich schon an diesen dekadenten Luxus gewöhnen. Leicht fiele es mir nicht, du weißt ja, dass ich von Natur aus mehr dem Puritanischen zuneige, aber es wäre möglich. Durchaus möglich.«
»Klar.« Honor streckte die Hand aus, nahm sich einen Schokoladenkeks von dem Teller, der auf dem Tisch zwischen den Liegestühlen stand, und biss genießerisch hinein. Es war nicht der erste Keks, den sie sich heute gönnte. Ganz unrecht hatte ihre Mutter gewiss nicht, überlegte sie, denn auf einige Annehmlichkeiten hätte sie selbst nur sehr ungern verzichtet – zum Beispiel auf Susan Thorn, ihre graysonitische Köchin.
Mistress Thorn gehörte ebenfalls zum LaFollet-Clan – eine angeheiratete Tante, wenn Honor die komplizierten graysonitischen Clanstrukturen wirklich durchschaut hatte. Mistress Thorn lag die Förmlichkeit im Blut, und sie bestand auf der altmodischen Anrede. Hätte ihre Gutsherrin sie mit dem Vornamen angesprochen, wäre ihr das unendlich peinlich gewesen. Doch Honor nahm diese Marotte gern hin, denn Mistress Thorn hielt unerschütterlich an der Ansicht fest, dass eine Küche erst dann als angemessen eingeweiht gelten dürfe, wenn sie die ersten Bleche Kekse und Karamellbonbons hervorgebracht habe. Da Honor wusste, welch großartige Kekse und Karamellbonbons
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