Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
unbenutzbare zu ersetzen. Ich wünsche eine hübsche, saubere, überzeugende Dokumentation, die beweist, dass sie Hochverrat begangen hat … bevor man sie erschießen musste, weil sie sich der Festnahme widersetzte. So etwas können wir nicht in letzter Sekunde zusammenpfuschen. Setzen Sie sich also mit Bürgerin Colonel Cleary zusammen und stellen Sie mir diese Akte zusammen.«
»Jawohl.« Fontein nickte. Um nichts in der Welt würde Saint-Just offen gegen McQueen vorgehen, bevor Pierre es genehmigte. Auf diesen Gedanken wäre der SyS-Chef einfach nicht gekommen, aber es sah ihm ähnlich, dass er die Entwicklung vorherzusehen und die nötigen Schritte vorzubereiten suchte. Dass sein ursprüngliches ›Beweismaterial‹ gegen McQueen nicht mehr stichhaltig war, bestärkte ihn nur in seinem Entschluss.
»Vergessen Sie nicht«, sagte Saint-Just fest und gab unwissentlich Fonteins Gedanken wieder, »all das ist noch vorläufiger Natur. Bürger Pierre hat noch nichts genehmigt, und das heißt, dass Sie zu nichts ermächtigt sind. Sie sollen lediglich Informationen sammeln und eine Akte anlegen. Ich wünsche keine Fehler und ungenehmigten Übergriffe, Erasmus!«
»Selbstverständlich nicht, Oscar«, versicherte Fontein ihm ein wenig kühl. Saint-Just quittierte die Antwort mit einem knappen Nicken, aus dem man den Anklang einer Entschuldigung herauslesen konnte. Unter anderem hatte der Bürger General seine Position deswegen inne, weil er ohne Saint-Justs ausdrücklichen Befehl niemals etwas gegen McQueen unternehmen würde, es sei denn, es lag ein unmittelbarer Notfall vor.
»Ich weiß, dass ich mich auf Sie verlassen kann, Erasmus«, sagte er, »und das ist Bürger Pierre und mir im Augenblick wichtiger denn je. Meine Geduld hat sehr darunter gelitten, bei McOueen so lange zu warten, dass die Würfel fallen … mehr, als ich hätte zulassen dürfen. Ich muss mich zügeln, wo sie im Spiel ist, und trotzdem haben Sie gerade einiges davon abbekommen.«
»Ich verstehe vollkommen, Oscar. Nur keine Sorge. Cleary und ich werden Ihnen eine Akte zusammenstellen, und mehr tun wir nicht, bevor Sie uns etwas anderes befehlen.«
»Sehr gut«, sagte Saint-Just in leutseligerem Ton als vorher und stand lächelnd auf. Er trat um den Schreibtisch herum, brachte Fontein zur Tür und legte ihm zum Abschied in einer seltenen Zurschaustellung von Sympathie den Arm um die schmalen Schultern.
»Rob und ich werden es Ihnen nicht vergessen, Erasmus«, sagte er, während sich die Tür zwischen Büro und Vorzimmer öffnete. Caminetti blickte von seinem Schreibtisch auf. Der Sekretär wollte sich erheben, doch Saint-Just winkte ab und führte Fontein persönlich an die Tür.
»Denken Sie daran«, sagte der SyS-Chef, bevor Fontein das Vorzimmer verließ und zum öffentlichen Korridor hinaustrat. »Es muss fundiert sein, Erasmus. Wenn wir jemanden wie McQueen eliminieren, dürfen keine Fragen offen bleiben. Diesmal nicht. Besonders nicht, wo wir auch hinterher das Oktagon säubern müssen.«
»Ich habe verstanden, Oscar«, entgegnete Fontein gelassen. »Nur keine Sorge. Das schaffe ich schon.«
Esther McQueen arbeitete – wieder einmal – bis spät in die Nacht, als es an der Tür klingelte.
Sie blickte auf das Display an ihrem Schreibtisch und grinste ironisch. So spät in der Nacht kam eigentlich nur noch Bukato zu ihr. Niemand sonst arbeitete so lange, und wer es tat, hätte sich zunächst an ihren Schreibersmaat gewandt. Was will Ivan heute noch mit mir diskutieren? , fragte sie sich. Es musste mit Unternehmen Eiserne Ration zusammenhängen. Vielleicht hing es auch mit Thomas Theismans unmittelbar bevorstehender Ankunft zusammen. Der Bürger Admiral sollte den Befehl über die neu organisierte Zentralflotte übernehmen.
Sie drückte den Einlassknopf, doch als die Tür sich öffnete, hob sie überrascht die Brauen. Das war nicht Bukato, sondern ihr jüngster Signaloffizier, ein einfacher Bürger Lieutenant. Bürger Commodores und Bürger Admirals schwirrten im Oktagon dutzendweise umher. Niemand schenkte ihren Goldlitzen und Kragensternen sonderlich viel Beachtung, wenn sie die hehren Hallen durchschritten, und ein Bürger Lieutenant war so gut wie unsichtbar.
»Verzeihen Sie die Störung, Bürgerin Minister«, sagte der junge Mann. »Ich bin gerade erst mit diesen Depeschen fertig geworden, die Bürger Commodore Justin mir schon heute Nachmittag übermittelt hat. Ich war auf dem Weg zu seinem Büro, als mir einfiel, dass Sie
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