Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
über Ihre Besuche nicht freuen würde. Wir haben so selten Gelegenheit, ein paar schöne Stunden miteinander zu verbringen.« Fontein grinste matt. Saint-Just ließ sich nur selten anmerken, dass er Humor besaß, doch dann schwand Fonteins Lächeln, als der Bürger Minister für Systemsicherheit in weit ernsterem Ton fortfuhr:
»Wie Sie sicher schon vermuten, habe ich Sie gerufen, weil ich mit Ihnen über McQueen reden möchte.«
»Das habe ich mir gedacht«, gab Fontein zu. »Schwer zu erraten war es nicht, wenn man bedenkt, wie ungern sie Unternehmen Eiserne Ration in Gang setzen wollte.«
»Sie sind eben ein cleverer, klarsichtiger Kerl, der genau weiß, wie sehr Ihr Boss sich sorgt und was ihm Sorge bereitet.«
»Jawohl, das stimmt«, sagte Fontein und beugte sich leicht vor. »Und weil ich das weiß, bemühe ich mich sehr, Ihr Misstrauen gegenüber McQueen kritisch zu betrachten.«
»Und?«, fragte Saint-Just, als er schwieg.
»Und ich kann McQueens Verhalten einfach nicht klar kategorisieren.« Fontein schürzte die Lippen. Er wirkte ungewöhnlich unsicher. Nun neigte Saint-Just den Kopf: ein stummer Befehl an den Bürger General, sich zu erklären. Fontein seufzte.
»Ich habe praktisch allen ihren strategischen Diskussionen im Oktagon beigewohnt, und die wenigen, zu denen ich nicht erscheinen konnte, habe ich von Chip gehört. Ich weiß, dass McQueen eine verteufelt gute Schauspielerin ist, die mit den Besten mithalten kann, wenn es um Täuschung und Intrige geht. Weiß Gott, niemals werde ich vergessen, wie sie mich vor dem Leveller-Aufstand nach Strich und Faden aufs Kreuz gelegt hat! Aber trotz allem halte ich ihre Besorgnis wegen mutmaßlicher neuartiger manticoranischer Waffensysteme für aufrichtig, Oscar. Ihre Argumentation ist zu schlüssig und konsistent, als dass diese Besorgnis vorgetäuscht sein könnte.« Er schüttelte den Kopf. »McQueen ist beunruhigt. Sie macht sich erheblich mehr Sorgen, als sie sich während der Sitzungen des Komitees anmerken lässt, denn dort muss sie, das weiß sie auch, den Anschein der Zuversicht wahren. Und außerdem glaube ich«, fügte er widerstrebend hinzu, »dass sie gerade wegen ihrer Bedenken sehr, sehr wütend auf Sie ist, weil Sie sie so sehr antreiben, dass sie gegen ihr besseres Wissen handeln muss.«
»Hm.« Saint-Just rieb sich nachdenklich das Kinn. Von allen Volkskommissaren war Erasmus Fontein am scharfsichtigsten – allenfalls Eloise Pritchart übertraf ihn möglicherweise darin. Dass er nicht danach aussah, gehörte zu den stärksten Waffen in seinem Arsenal. Fontein besaß einen kühlen, untrüglich logisch denkenden Verstand und war auf seine Art genauso erbarmungslos wie Oscar Saint-Just. Außerdem hatte er fast acht Jahre lang auf Esther McQueen aufgepasst. Einmal hatte sie ihn getäuscht, aber er kannte ihre Züge dennoch besser als jeder andere – und es war sehr schwer, ihn zweimal zum Narren zu halten. Saint-Just tat also gut daran, sich anzuhören, was Fontein zu sagen hatte. Und dennoch …
»Nur weil sie aufrichtig besorgt ist, heißt das noch lange nicht, dass sie Recht hat«, entgegnete er gereizt.
Fontein verbarg sehr sorgfältig die Überraschung, die er bei dem beißenden Ton seines Vorgesetzten empfand.
Es sah Saint-Just gar nicht ähnlich, solche Verärgerung offen zu zeigen, und der Bürger General bekam plötzlich eine Gänsehaut. Saint-Just gewann seine Effizienz vor allem aus der Fähigkeit, jedes Problem kühl und unbeteiligt zu durchdenken. Wenn diese Distanz in Esther McQueens Fall durch persönlichen Groll angefressen wurde, dann blieb ihr vielleicht viel weniger Zeit, als man glauben wollte. Und ganz gleich, was Saint-Just dachte, Fontein war sich überhaupt nicht sicher, ob er McQueens Bedenken so einfach von der Hand weisen konnte. Dazu hatte er sie zu oft im Gefecht erlebt; er wusste, wie hart sie war. Während der Leveller-Revolte hatte er ihren körperlichen wie moralischen Mut aus viel geringerer Entfernung erlebt, als ihm lieb war. Er traute ihr nicht, er mochte sie ganz sicher nicht … aber er respektierte sie. Und wenn Esther McQueens Befürchtungen eine solide Grundlage hatten, obwohl die Lage im Moment so rosig erschien, dann würde die Volksrepublik in den nächsten Monaten vielleicht herausfinden, dass sie McQueens Dienste dringender benötigte denn je.
»Ich habe auch nicht gesagt, dass sie Recht hätte, Oscar.« Fontein achtete sehr auf einen völlig gleichmütigen Ton. »Ich sagte nur, ihre
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