Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
und Truman entworfene operative Konzept für Unternehmen Butterblume übernommen und die Achte Flotte in unabhängige, schnelle, hart zuschlagende Kampfverbände aufgeteilt. Der Hauptverband, KV 81, war um einen soliden Kern aus Harrington/Medusa -Superdreadnoughts gruppiert. Er stürzte sich mitten ins Getümmel und zerschmetterte mit Raketenbombardements, welche die Haveniten nicht erwidern konnten, die Abwehranlagen eines befestigten Sonnensystems nach dem anderen. Gleichzeitig lösten sich kleinere Verbände – bestehend aus drei bis vier LAC-Trägern mit Geleitschiffen und ein bis zwei Lenkwaffen-Superdreadnoughts – von der Hauptvorstoßrichtung und stürzten sich auf die schwächer verteidigten Sonnensysteme ringsum. Dort vernichteten sie die Wachverbände, die den Kampfverbänden der Knotensysteme eigentlich die Flanken hätten decken sollen. Selbst wenn die Haveniten die manticoranischen LACs im Anflug entdeckten, erreichten die kleinen, wendigen Boote dennoch unweigerlich ihre Einsatzziele. Zum Teil lag das daran, dass die Einsätze sorgfältig geplant waren, zum Teil aber auch an der Beharrlichkeit und den Fähigkeiten der LAC-Besatzungen. Sie mussten Verluste hinnehmen – im Grunde stärkere Verluste als KV 81. Aber so schmerzhaft diese Verluste in den kleinen, eng verflochtenen Gemeinschaften der LAC-Geschwader auch empfunden wurden: Im Vergleich zu dem Blutzoll, den ein konventioneller Vormarsch durch so viele Sonnensysteme gekostet hätte, waren sie minimal.
Trotz der taktischen Überlegenheit hatte White Haven jedoch bewusst einige ernste Risiken hinnehmen müssen, sonst hätte er die Geschwindigkeit und Gewalt seines Vorstoßes nicht beibehalten können. Caparelli und die Vereinigten Stabschefs bemühten sich fieberhaft, die konventionellen Truppen aufzubringen, die White Haven brauchte, um die eroberten Raumgebiete zu halten. Und je weiter er in das Gebiet der Volksrepublik vorstieß, desto hartnäckiger wurden die Haveniten. Frontal konnten sie der Achten Flotte nicht entgegentreten, deshalb konzentrierten sie sich auf Nadelstichtaktik an den Flanken und bedrohten ihre Nachhut und den Nachschub. White Haven verfügte über zu wenig Schiffe der neuen Typen, daher konnte er keines davon abstellen, um der Flotte den Rücken zu decken. Die havenitischen Raider konnten deshalb mit Recht darauf hoffen, nur auf konventionelle Großkampfschiffen zu treffen. Andererseits waren auch diese ›herkömmlichen‹ Wallschiffe sehr gut mit Gondeln voller Geisterreiter-Raketen ausgestattet, und die Haveniten erlitten selbst bei Flankenangriffen oft katastrophal hohe Verluste.
Dennoch bestand eine mathematische Unmöglichkeit für die Allianz, sämtliche Sonnensysteme mit Wachverbänden und Garnisonen auszustatten, deren Abwehranlagen von der Achten Flotte vernichtet worden waren. Den Alliierten fehlte es sogar an genügend Bodentruppen, um alle bewohnten Planeten innerhalb der betreffenden Sonnensysteme zu besetzen … oder auch nur formell die Kapitulation entgegenzunehmen. Doch davon ließ White Haven sich nicht stören. In allen Systemen, die er nicht besetzen konnte, ließ er sämtliche Abwehranlagen und die Industrie in der Kreisbahn vernichten, dann marschierte er weiter, während sie ausgebombt und machtlos zurückblieben. Vielleicht dienten diese Systeme den Raidergeschwadern, die ihn von hinten anzugreifen versuchten, noch immer als Stützpunkte. Aber zu mehr waren sie nicht mehr nutze, und die Allianz würde schon noch die nötige Zeit finden, sich sauber und ordentlich um sie zu kümmern.
Diese wilde, ungebundene Art der Kriegführung wirkte geradezu berauschend, und White Haven hatte sich schon mehrfach in Situationen ertappt, in denen er seinen eigenen Enthusiasmus zügeln musste. Er neigte ein wenig zur Überheblichkeit, das wusste er und gab es auch zu. Begeistert hatte er die Aufspaltung der Flotte in Kampfverbände begrüßt. Ja, am liebsten hätte er sogar eine Aufteilung in noch kleinere Kampfgruppen gefordert, die sich mit einer zahlenmäßigen Unterlegenheit auf den Feind stürzen konnten, die kein geistig gesunder Flottenkommandeur der letzten sieben Jahrhunderte erwogen hätte, auch nicht im wildesten Opiumtraum. Einige seiner Geschwader- und Kampfgruppenkommandeure waren noch siegestrunkener als er.
Es läuft einfach zu gut , ermahnte er sich. Irgendwo muss einfach der Haken sein!
Doch im gleichen Moment wusste er, dass es keinen Haken gab. Seine Selbstzweifel waren nichts anderes
Weitere Kostenlose Bücher