Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
'Kater in den Armen.
»Eine Einladung?«, wiederholte sie, und als er die Vorsicht in ihrem Ton bemerkte, durchfuhr ihn erneut ein Stich.
»Nicht von mir«, versicherte er ihr eilig und lachte ohne jede Heiterkeit. »Der Skandalpresse neue Munition zu liefern, wäre ja wohl das letzte, was Sie und ich jetzt tun sollten.«
»Richtig«, stimmte sie ihm zu und ließ ein Lächeln aufblitzen, das vielleicht echte Belustigung verriet. Es verschwand jedoch so rasch, wie es gekommen war, und sie sah ihn mit zur Seite geneigtem Kopf an. »Wenn nicht von Ihnen, von wem dann?«, fragte sie, und er holte tief Luft.
»Von meiner Frau«, sagte er sehr, sehr leise.
Honor regte sich zwar nicht, doch hatte White Haven in diesem Augenblick den Eindruck, als könnte er ihre Gefühle spüren, und er bemerkte, wie sie unter dem unerwarteten Hieb innerlich zusammenzuckte. Sie starrte ihn an, und er wollte die Arme ausstrecken und sie in die Arme nehmen. Doch das konnte er natürlich nicht tun.
»Ich weiß, es klingt bizarr«, fuhr er stattdessen fort, »aber ich verspreche Ihnen, ich habe keineswegs den Verstand verloren. Die Einladung war tatsächlich Emilys Idee. Es ist nur wenigen Menschen bewusst, aber sie versteht sich in Wahrheit besser darauf, politische Probleme zu zerpflücken und Lösungen dafür zu finden, als Willie. Und im Augenblick haben wir beide, Sie und ich, jede Hilfe nötig, die wir bekommen können. Emily weiß das … und sie möchte uns diese Hilfe anbieten.«
Honor konnte den Blick nicht von seinem Gesicht abwenden. Ihr war, als hätte ihr der Trainingsroboter soeben noch mal in den Bauch geschlagen. Die völlig unerwartete Einladung traf sie wie ein Pulserbolzen, und unter ihrem Schreck verbarg sich noch ein anderes Gefühl: Angst. Nein, keine Angst – sondern Panik. Das konnte er doch nicht ernst meinen! Gewiss musste ihm mittlerweile klar sein, warum sie so beharrlich jeder Begegnung mit seiner Frau aus dem Weg gegangen war, und zwar lange, bevor die regierungstreue Presse mit der systematischen Vernichtung ihres Lebens begonnen hatte. Wie konnte er sie auch nur fragen, ob sie ausgerechnet jetzt Emily Alexander gegenübertreten wolle? Während seine Emotionen ihr geradezu zuschrien, dass er Honors Gefühle für ihn genau kannte? Und umgekehrt! Die unzähligen Ebenen des Betrugs, die ihrer Liebe innewohnten, die Qual und Verheerung, mit denen die Presseberichte sie überhäuft hatten, brachen über Honor herein und umschlangen sie wie ein erstickender Schleier. Dennoch spürte sie unter alledem, wie wichtig es ihm war, dass sie seine ›Einladung‹ annahm.
Honor ertrank, zerschmettert unter der Intensität, die von ihnen beiden ausstrahlte. Sie schloss die Augen und kämpfte um einen wenn auch zerbrechlichen Anschein von Ruhe. Es war unmöglich. Diesmal konnte sie nicht zurückweichen und ihre Empfindlichkeit, ihr Bewusstsein des Geschehenden drosseln; sie konnte den Schaltkreis nicht kurzschließen. Der ungezähmte Katarakt ihrer Emotionen wogte vor und zurück, beschleunigte sich immer mehr, als wäre es eine bizarre Rückkopplung, und ihre Gedanken steckten in Betokeramik fest. Sie spürte Nimitz, mitgerissen wie ein alter Walfänger auf Alterde, der sich bei einer ›Nantucket-Schlittenfahrt‹ auf die Seite legte, während ihr Gefühlssturm ihn hinter sich herzog wie ein Wal, der in der Tiefe der quälenden Harpune zu entkommen sucht, und auch daran konnte sie nichts ändern.
Am Grunde dieses Gezeitenstroms aber war Hamish. Hamish war immer dort, Quell von so viel Schmerz über etwas, das eigentlich wunderbar hätte sein müssen. Der Mann, der sich schließlich damit abgefunden hatte, dass sie seine Gefühle spürte und genau wusste, wie sehr er sie liebte. Und Honor wusste ebenso sehr, wie tief er seine Frau noch immer liebte und wie furchtbar ihn das Gefühl quälte, sowohl Honor als auch Emily betrogen zu haben, indem er sich gestattete, sie beide zu lieben. Und wie verzweifelt er sich wünschte, dass sie sein unmögliches Angebot akzeptierte.
Honor wankte, unfähig, sich ihm anzunähern – sie fürchtete sich zu sehr vor dem, was er vorschlug, um es anzunehmen. Doch zugleich war es ihr unmöglich, ihn zurückzuweisen. Und während sie so in der Luft hing, spürte sie plötzlich noch etwas. Etwas, das sie noch nie gespürt hatte.
Honor riss die Augen auf und drehte den Kopf, während sich ihr Blick auf Samantha richtete. Nimitz' Gattin hatte sich neben ihr zusammengekauert, und plötzlich
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