Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
schicken, dann möchte ich ihr nicht versprochen haben, sie dürfe gehen, nur um dann mein gegebenes Wort brechen zu müssen. So etwas habe ich noch nie getan, und ich möchte jetzt nicht damit anfangen, auch wenn mir die Staatsräson keine andere Wahl lässt.«
»Das kommt nur davon, dass Sie ein guter Vater sind«, sagte sie sanft und lächelte. »Ich sag Ihnen was. Wenn Sie möchten, rede ich heute nach dem Abendessen mal mit ihr. Ich kenne Rachel gut und weiß, dass sie die politischen Ereignisse im Sternenkönigreich beobachtet, auch wenn sie es Ihnen und ihren Müttern gegenüber vielleicht nicht zugibt. Sie muss begreifen, dass Ihre Entscheidungen im Moment sehr von politischen Faktoren beeinflusst werden – von denen einige auch sie persönlich betreffen. Von mir nimmt sie es vielleicht leichter auf, wenn ich ihr schildere, wie unangenehm es ist, von einem Haufen Kretins wie High Ridge, Solomon Hayes und Regina Clausel als Fußball missbraucht zu werden. Dann erkläre ich ihr so behutsam, wie ich kann, weshalb es vielleicht nicht möglich sein wird, sie im nächsten Jahr nach Saganami Island zu schicken. Sie sind immerhin ihr Vater, und bei einem Teenager spielen in solchen Dingen Autoritätsfragen immer eine große Rolle. Ich hingegen bin nur Tante Honor, und wenn ›Admiral Harrington‹ irgendwelcher Glamour anhängt, kann ich ihn bei Rachel vielleicht ausnahmsweise mal ausnutzen.«
19
»Sehen Sie sich das an, Jordin.«
Jordin Kare blickte von seinem Terminal auf und drehte den Stuhl in Dr. Richard Wiggs Richtung. Wiggs hatte rotblondes Haar und einen struppigen Bart, einen Schnäuzer, der mehrere Schattierungen heller war als sein Haar, und genoss einen gewissen Ruf als trinkfester Zecher. Er erfreute sich des Spitznamens ›Tons of Joy Bear‹, auch wenn Kare nicht sagen konnte, woher das ›Bärige‹ nun stammen sollte. Andererseits war Dr. Wiggs, wenn er sich nicht gerade als die Verkörperung der Geselligkeit zeigte, ein ausgesprochen tüchtiger Astrophysiker. Was noch wichtiger war, er besaß einen einzigartigen intuitiven Sinn für Zusammenhänge zwischen Einzeldaten, die er fast mehr durch Gefühl als durch Analyse erkannte.
»Was haben Sie denn?«, fragte Kare.
»Naja«, entgegnete Wiggs nach außen hin gelassen, »sicher bin ich mir natürlich noch nicht, aber wenn ich mich nicht furchtbar irre, dann hat die letzte Messreihe von Admiral Haynesworth' Leuten den Eintrittsvektor entdeckt.«
»Was!?« Kare stand neben Wiggs und starrte auf dessen Display, ohne sich bewusst erinnern zu können, von seinem Stuhl aufgestanden zu sein. »Das ist doch albern! Das kann nicht sein. Wir haben noch keinen definitiven geometrischen Ort gefunden … woher zum Teufel sollen wir da einen Eintrittsvektor kennen?«
»Weil Gottes Wege unerforschlich sind?«, entgegnete Wiggs.
»Sehr komisch, TJ«, sagte Kare ungehalten. Er beugte sich näher zum Display, dann griff er über Wiggs Schulter und gab einen Befehl in das Datenterminal ein. Das Display sann einen Augenblick über seine Anfrage nach und schaltete sich gehorsam um, und Kare murmelte einen leisen Fluch, den sein Rabbi nicht hätte gutheißen können.
»Sehen Sie?«, fragte Wiggs mit nur ganz geringer Überheblichkeit.
»Allerdings«, entgegnete Kare langsam. Seine Augen klebten an den Vektorpfeilen auf dem Display und der eingefügten Datentabelle. Er schüttelte den Kopf, ohne den Blick von den irrwitzigen Werten abwenden zu können. »Begreifen Sie überhaupt, wie astronomisch hoch – verzeihen Sie den Ausdruck – die Chancen dagegen stehen, TJ?«
»Der Gedanke ist mir in meinen zugegebenermaßen seichten Sinn gekommen«, stimmte Wiggs zu. »Nach meinen konservativsten Schätzungen hätten wir noch wenigstens sechs bis sieben Monate gebraucht, bloß um den geometrischen Ort zu finden, geschweige denn den Vektor.« Nun schüttelte er den Kopf. »Aber da ist er, Jordin.« Er gestikulierte in Richtung Display. »Die Gravstrudel lassen nicht viel Raum für Zweifel, oder?«
»Nein. Nein, wirklich nicht«, entgegnete Kare. Er richtete sich auf und verschränkte die Arme. Stirnrunzelnd überdachte er die Folgen von Wiggs Entdeckung. Soweit Michel Reynaud und er wussten, hatten sie es recht gut vor ihren politischen Oberherren verborgen gehalten, dass sie dem lang gesuchten siebten Terminus des Manticoranischen Wurmlochknotens dicht auf der Fährte waren. Diese Neuigkeit hingegen könnten sie nicht mehr unterdrücken. Wie Wiggs
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