Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
und eine Abstimmung über die eigene Version der Vorlage verlangen. Unter normalen Umständen hatte das Unterhaus noch immer einiges dazu zu sagen, denn es konnte die Endfassung des Oberhauses ablehnen und – insbesondere – jedes außerordentliche Finanzierungsprogramm abweisen, das der Haushalt des Oberhauses eventuell vorsah. Die Umstände waren nur leider nicht normal. Die ›außerordentlichen Finanzierungsprogramme‹ waren bereits in Kraft, und um das Maß vollzumachen, konnte das Oberhaus auch ohne Zustimmung des Unterhauses Sonderetats verabschieden, um die grundlegenden Funktionen der Regierung zu gewährleisten, falls die Haushaltsverhandlungen in eine Sackgasse liefen.
Natürlich achtete ein besonnener Premierminister für gewöhnlich darauf, seine Mittel nicht zu überreizen. Wenn das Oberhaus rücksichtslos über das Unterhaus hinweggehen wollte, bedurfte es einer bestimmten Situation:
Ein nennenswerter Teil der Wählerschaft musste dazu bewegt werden, dem Unterhaus die Schuld dafür zu geben, dass keine Einigung erzielt werden konnte. Unter diesen Umständen müsste sich das Unterhaus bei den nächsten Neuwahlen auf einiges gefasst machen. Wäre das Oberhaus jedoch so unvorsichtig gewesen, eine Situation zu schaffen, in der man ihm die Stilliegung der meisten Regierungsstellen anlasten konnte, hätte die Krone aus Groll vielleicht schon längst etwas gestattet, wonach sie bereits lange strebte: dem Oberhaus die Haushaltsgewalt zu nehmen.
Genau deshalb hatte die Regierung High Ridge so beflissen darauf geachtet, die öffentliche Meinung auf ihre Seite zu ziehen – und daher waren die Herzogin von Harrington und der Earl von White Haven als Sprecher der Opposition im Oberhaus so wichtig. Besonders, wo es um das Flottenbudget ging, besaßen ihre Stimmen bei der Wählerschaft großes Gewicht.
Und aus diesem Grund versuchten High Ridge und seine Koalitionspartner so beharrlich, die Glaubwürdigkeit beider Adliger mit allen Mitten in Zweifel zu ziehen.
Die Regierungsmitglieder mussten außerordentlich vorsichtig sein, sich mit den beiden berühmtesten Helden des Kriegs gegen Haven anzulegen. Diese Einschränkung verlangte ihnen nur umso mehr Einfallsreichtum ab, und sie delegierten ihre Angriffe an hinreichend ferne Anhänger. Das bremste jedoch die von der Regierung finanzierten ›Kommentatoren‹ und Nachrichtendienste nicht im Mindesten, und auch nicht die Idioten, die solchen Meldungen tatsächlich glaubten. Die ständigen Angriffe führten schließlich dazu, dass man Lady Harrington allmählich ihre Erschöpfung ansah.
Nun hatte gerade sie sowohl im Sternenkönigreich als auch auf Grayson nicht gerade wenig Erfahrung mit gesteuerter Presse, und sie handhabte es mit einer äußeren Ruhe, die Maxwell für eine Maske hielt. In den vergangenen Jahren hatte er sie gut genug kennen gelernt, um zu wissen, dass ihr Temperament trotz ihrer ausgeprägten Fälligkeit, Gelassenheit und Gemütsruhe auszustrahlen, wahrscheinlich ebenso gefährlich war wie das der Königin. Zwar dauerte es bei ihr offenbar länger, bis ihr Temperament mit ihr durchging, doch wenn jemand sie zur Weißglut brächte, wäre ihr gewiss alles zuzutrauen, da wollte Maxwell jede Wette eingehen – und die Gespenster von Pavel Young und Denver Summervale hätten ihm gewiss zugestimmt.
In gewisser Weise war es für sie sogar schlimmer als für jeden der beiden Alexander-Brüder. Die beiden wurden von High Ridge und seinen Genossen wenigstens als gefährliche Gegner betrachtet, während es kein Geheimnis war, dass Lady Harringtons Beiträge zu den Debatten im Oberhaus die Ansichten von Protector Benjamin ebenso wie die von Elisabeth III. wiedergaben – und von den beiden würde keiner auch nur einen Fingerhut Spucke in einen Hochofen kippen, in dem High Ridge und seine Ministerkollegen gefangen säßen.
Der Anwalt setzte zu einer Äußerung an, besann sich jedoch eines besseren. Er konnte der Herzogin kaum etwas sagen, was sie nicht ohnehin schon wusste. Und selbst wenn er es gekonnt hätte, wäre es unschicklich gewesen, ihr ungefragt politischen Rat oder Vertraulichkeit anzutragen, ganz gleich, welche Gerüchte ihm zu Ohren gekommen waren.
Davon abgesehen , dachte er, gibt es eine bessere Möglichkeit … vorausgesetzt, ich komme zu dem Schluss, dass ich mich tatsächlich in ihre Privatangelegenheiten einmischen sollte. Ich brauche ihr gar nichts zu sagen; ich muss mich nur an Mac oder Miranda wenden. Sollen die sich doch
Weitere Kostenlose Bücher