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Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx

Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx

Titel: Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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ersten Blick erraten.
    »Nehm'n Sie Platz, Ladys und Gentlemen«, sagte er, während er den Stuhl vom Tisch zurückzog. Als er sich setzte, unterdrückte Abigail ein neuerliches Erschauern. Oversteegens Stimme war ein heller Bariton und durchaus angenehm moduliert, zeigte aber die träge, schleppende Aussprache, die in gewissen Kreisen der manticoranischen Aristokratie gepflegt wurde. Und zwar denjenigen Kreisen, wie sie wohl wusste, die den Graysons nicht gerade besonders zugeneigt waren.
    Sie befolgte die Anweisung, sich wieder zu setzen, und fühlte sich außerordentlich dankbar, als der Steward des Kommandanten zusammen mit zwei Messestewards hereinkam und das Essen zu servieren begann. Dadurch wurde das Tischgespräch zeitweilig unterbrochen, und Abigail erhielt Gelegenheit, ihre Gefühle wieder in den Griff zu bekommen.
    Selbst nachdem die Servierer wieder fort waren, wurde nur wenig Konversation betrieben. Abigail hatte aus der Gerüchteküche bereits erfahren, dass außer Commander Watson keiner der Schiffsoffiziere bisher mit Captain Oversteegen gedient hatte. Dass nur wenig gesprochen wurde, während die Gäste das wirklich ausgezeichnete Dinner genossen, mochte darauf zurückzuführen sein, dass sie ihn kaum kannten; es konnte andererseits auch Oversteegens Vorliebe entsprechen. Der Kommandant war bereits zwei Monate an Bord gewesen, bevor die Gauntlet von Hephaistos ablegte, deshalb war dies kaum das erste Mal, dass er mit einigen seiner Offiziere zu Abend aß.
    Worin der Grund nun auch bestand, Abigail war dankbar dafür, und sie konzentrierte sich darauf, still zu sein, ohne die Grenzen der Höflichkeit zu überschreiten. Einmal, als sie aufblickte, bemerkte sie, dass Commander Tyson sie mit einem milden angedeuteten Lächeln betrachtete, und errötete über der Frage, ob ihre Bemühungen, gesehen zu werden und doch unsichtbar zu sein, so offenkundig seien.
    Schließlich, nachdem das Dinner vorüber und auch das Dessertgeschirr entfernt worden war, wurde der Wein ausgeschenkt. Abigail blickte über den Tisch hinweg Karl an und setzte schon zu einem leichten Tritt vors Schienbein an, doch sie brauchte seinem Gedächtnis nicht auf die Sprünge zu helfen. Offensichtlich hatte er diesem Moment mit ebenso viel Bestürzung entgegengeblickt, wie Abigail sie an seiner Stelle ebenfalls empfunden hätte. Er kannte jedoch seine Pflicht, und alle Augen richteten sich auf ihn, als er den Wein nahm, vom Stuhl aufstand und das Glas erhob.
    »Ladys und Gentlemen, auf die Königin!«, sagte er deutlich.
    »Auf die Königin!«, erhob sich am Tisch die traditionelle Antwort, und es gelang Karl, sich mit einem Selbstbewusstsein wieder zu setzen, hinter dem er sehr effektiv die Beklemmung verbarg, die er hatte empfinden müssen.
    Er suchte Abigails Blick, und sie lächelte ihm kurz zur Gratulation zu. Doch dann räusperte sich jemand am Kopf der Tafel, und ihr Kopf wandte sich automatisch Captain Oversteegen zu.
    »Wenn ich richtig verstanden hab'«, sagte diese wohlmodulierte Stimme schleppend, »dann wär' es angemessen, wenn wir heut' Abend einen weiteren Treuetoast ausbringen würd'n.« Er lächelte Abigail an. »Da wir unsre graysonitischen Verbündeten weder beleidigen noch sonst wie ihre Gefühle verletzen woll'n, Ms Hearns, wär'n Sie so freundlich, uns die Ehre zugeben?«
    Trotz aller Entschlossenheit merkte Abigail, wie sie errötete. Die Bitte war angemessen höflich vorgebracht, fand sie, doch durch die affektierte Sprechweise erhielt sie einen Unterton von überzivilisierter Herablassung gegenüber der unbedarften Neobarbarin, die unter ihnen weilte. Dennoch blieb ihr nichts anderes übrig, als der Aufforderung Folge zu leisten, und sie erhob sich und nahm ihr Glas.
    »Ladys und Gentlemen«, sagte sie, und nach dem polierten Ton des Kommandanten klang ihr graysonitischer Akzent langsamer und weicher – und noch krähwinkliger, fürchtete sie – denn je, »auf Grayson, die Schlüssel, das Schwert und den Prüfer.«
    Nur zwei Stimmen lieferten die passende Erwiderung, ohne ins Stocken zu geraten: Sie gehörten Karl und Oversteegen. Dass Karl den Toast kannte, überraschte sie nicht; er war ihm von den Dinners vertraut, an denen Abigail und er auf dem Sitz der Lady Harrington an der Jasonbai teilgenommen hatten. Sie war auch nicht erstaunt, dass die anderen Offiziere am Tisch von dem unerwarteten Trinkspruch überrascht worden waren, aber ein wenig darüber, dass der Kommandant ihn kannte. Andererseits hätte es

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