Honor Harrington 17. Um jeden Preis
noch einmal Inchmans Schulter. »Wenn ich auf Sandra gehört hätte, wären wenigstens unsere Impeller auf höherer Bereitschaftsstufe gewesen.«
Er sah brütend in den Plot des Operationsoffiziers, dann atmete er tief durch und wandte sich ab.
»In fünfunddreißig Minuten sind die Mantys auf Angriffsentfernung, auch wenn wir hier einfach in der Umlaufbahn rumsitzen. Um ehrlich zu sein, würde ich alle hyperraumtüchtigen Schiffe aus dem System beordern, wenn ich nur glauben könnte, dass es einen Sinn hat.«
Randall sah ihn mit einem Ausdruck an, in dem sich Überraschung und Missbilligung mischten, und Beach schnaubte.
»Natürlich würde ich das, Myron! Es wäre nicht besonders ruhmreich, aber wenn wir es wirklich mit gondellegenden Schlachtkreuzern zu tun bekommen – und ihr Bremsprofil lässt kaum einen anderen Schluss zu –, dann sind wir verraten und verkauft. Ein glorreicher Tod ist etwas für schlechte historische Romane. Was mich betrifft, so finde ich es verflucht dämlich, wenn man so etwas im wirklichen Leben tut, ohne wirklich zu müssen, und es macht mich fuchsteufelswild, dass wir anscheinend keine andere Wahl haben!«
Seine Verbitterung war ihm anzumerken, doch er atmete noch einmal durch und riss sich zusammen.
»Da wir dem Gefecht mit den Mantys nicht ausweichen können und auch nicht ihre Reichweite besitzen, verlegen wir unsere Schiffe auf die abgewandte Seite des Planeten. Wir halten ihn zwischen uns und ihnen, solange wir können.«
Randall wirkte ein wenig rebellisch. Er sagte nichts, aber Beach konnte mühelos erkennen, was er dachte.
»Nein, das ist nicht sonderlich glorreich. Und ich glaube auch nicht, dass es am Ende einen großen Unterschied macht. Aber wenn der Kommandeur auf der anderen Seite heute einen dummen Tag hat, schickt er vielleicht seine LACs, um uns aus der Deckung zu treiben. Womöglich können wir dann wenigstens ein paar davon abschießen. Auch wenn er es sein lässt, muss er seine für Mehrstufenraketen geeigneten Schiffe erst am Planeten vorbeimanövrieren, ehe er auf uns feuern kann. Wenn wir dicht genug an der Welt bleiben, verzichtet er vielleicht sogar darauf, aus großer Entfernung das Feuer auf uns zu eröffnen.«
»Ich glaube, der Admiral hat nicht unrecht, Myron«, sagte Inchman. Beide blickten sie sie an, und sie zuckte mit den Schultern. »Wenn man bedenkt, wie viele Eisen die Mantys im Augenblick im Feuer haben, riskieren sie garantiert keine Verletzung des Eridanus-Erlasses, und auch bei ihren Mehrstufenraketen ist die Zielerfassung auf große Entfernung recht wackelig. Das ist unsere einzige Chance, sie wenigstens in eine Distanz heranzuholen, über die wir zurückschießen können.«
»Sie ziehen sich hinter den Planeten zurück, Ma'am«, meldete Commander Oliver Manfredi.
»Nicht sehr entgegenkommend von ihnen«, stellte Michelle Henke trocken fest, und Manfredi lachte ohne große Erheiterung.
Lächelnd lehnte sich Henke in den Kommandosessel zurück und legte die Finger unter dem Kinn zu einem Dach zusammen, eine Haltung, in der sie Honor schon Dutzende Male gesehen hatte. Sie konnte nicht sagen, die taktische Entscheidung des havenitischen Kommandeurs komme völlig unerwartet, doch das machte sie kein bisschen willkommener.
»Also gut, Oliver«, sagte sie schließlich zu ihrem goldblonden Stabschef. »Sorgen Sie dafür, dass Dame Alice die Information erhält, und unterrichten Sie sie, dass ich, es sei denn, sie wäre nicht einverstanden, Manöver Scheidelinie auszuführen gedenke.«
»Aye, Ma'am«, antwortete Manfredi.
Das Lächeln des Stabschefs zerknitterte sein wie in der Antike gemeißelt wirkendes Gesicht und offenbarte makellose weiße Zähne. Henke unterdrückte ein Lachen, während sie sich Lieutenant Kaminski zuwandte, ihrem Signaloffizier. Manfredi hatte nichts gesagt, um ihre Erheiterung zu wecken; es lag an seinem Aussehen. Er war genauso tüchtig wie dekorativ, aber er hätte eigentlich zu Trumans Stab gehören müssen, nicht zu Henkes. Aus irgendeinem Grund hatte Alice Truman immer einen Ersten Offizier, Stabschef oder Flaggkommandanten mit goldblondem Haar und blauen Augen wie sie selbst.
Aber diesmal nicht , dachte Henke mit amüsierter Befriedigung. Diesmal habe ich ihn … ganz zu schweigen vom Rest meines ›Harems‹.
Nun war es noch schwieriger, nicht aufzulachen. Im Gegensatz zu ihrer Freundin Honor hatte Henke stets ein … schwungvolles Liebesleben genossen, ohne je Auswirkungen auf ihr
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