Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
Kuzak herbitten lassen?«
»Das wird wohl nicht nötig sein, Ma'am«, entgegnete Henke förmlich, sich deutlich der beobachtenden Augen und lauschenden Ohren bewusst.
»Dann begleiten Sie mich doch in mein Quartier.«
»Gern, Hoheit.«
Honor führte den Weg zum Liftschacht an, und ihr folgte ein unglaublich hellwach wirkender Andrew LaFollet. Sie drückte den Knopf, dann lächelte sie matt und winkte Henke durch die Tür, die sich vor ihr öffnete. LaFollet und sie folgten ihr, die Tür glitt zu, und sie streckte die Hände vor und packte Henke bei den Unterarmen.
»Mein Gott«, sagte sie leise, »was tut es gut, dich zu sehen!«
Honor Alexander-Harrington war nie eine Freundin beiläufiger Umarmungen gewesen, doch nun zog sie Mike Henke unversehens in eine bärenhafte Umklammerung.
»Vorsicht! Vorsicht! «, keuchte Henke, während sie die Umarmung erwiderte. »Das Bein reicht mir, Frau! Ich brauche nicht auch noch gequetschte Rippen!«
»Entschuldige.«
Einen Augenblick lang klang Honors Sopran fast so heiser wie Henkes Alt, doch dann trat sie zurück und räusperte sich, während Nimitz auf ihrer Schulter glücklich und willkommen heißend schnurrte.
»Entschuldige«, wiederholte sie mit normalerer Stimme, »es kommt nur davon, dass ich dich für tot hielt. Und als wir dann erfuhren, dass du noch lebst, dachte ich, es dauert Monate oder sogar Jahre, bis ich dich wiedersehe.«
»Dann sind wir wohl quitt wegen deinem kleinen Abstecher nach Cerberus«, erwiderte Henke mit einem schiefen Lächeln.
»Das sind wir wohl«, stimmte Honor ihr mit einem plötzlichen leisen Lachen zu. »Allerdings warst du wenigstens nicht lange genug tot, dass man dir schon ein komplettes Staatsbegräbnis ausrichten konnte!«
»Schade. Das hätte ich mir gern im HD angesehen.«
»Ja, wahrscheinlich. Du warst schon immer ein klein bisschen komisch, Mike Henke!«
»Um das zu merken, brauchst du dir nur meinen Freundeskreis anzuschauen.«
»Ganz bestimmt«, entgegnete Honor trocken, und der Lift öffnete sich und setzte sie im Gang vor ihrer Kajüte ab. Spencer Hawke stand Wache am Eingang, und Honor blieb stehen und blickte LaFollet über die Schulter hinweg an.
»Andrew, Spencer und Sie können nicht ewig so weitermachen. Wir brauchen wenigstens einen weiteren Waffenträger hier oben, der Sie beide ab und zu mal entlastet.«
»Mylady, ich habe darüber nachgedacht, aber noch nicht die Zeit gefunden, jemanden auszusuchen. Ich müsste nach Grayson zurück, und –«
»Nein, Andrew, das brauchen Sie nicht.« Sie unterbrach sich und sah ihn verhältnismäßig streng an. »Zwei Punkte«, sagte sie leise, aber bestimmt. »Erstens, nächsten Monat kommt mein Sohn zur Welt. Zwotens«, fuhr sie fort, während sie vorgab, das schmerzliche Aufflackern in seinen grauen Augen nicht bemerkt zu haben, »ist Brigadier Hill durchaus imstande, auf Grayson eine Gruppe geeigneter Kandidaten auszuwählen und sie herzuschicken, damit Sie und ich sie uns näher ansehen können. Ich weiß, dass Ihnen vieles durch den Kopf geht, und ich weiß, dass Ihnen gewisse Aspekte der Lage nicht sehr gefallen. Trotzdem, wir müssen uns darum kümmern.«
LaFollet erwiderte vielleicht zwei Sekunden lang ihren Blick, dann seufzte er.
»Jawohl, Mylady. Mit dem Morgenshuttle sende ich die Depesche an Brigadier Hill.«
»Danke«, sagte sie sanft, berührte ihn leicht am Arm und wandte sich wieder an Henke.
»Ich glaube, da erwartet dich noch jemand«, sagte sie, und die Luke glitt auf und zeigte einen über das ganze Gesicht strahlenden James MacGuiness.
»Also, Mike«, sagte Honor eine Viertelstunde später, »was hat die Haveniten denn nun bewegt, dich nach Hause zu schicken?«
Henke und sie saßen sich in Sesseln gegenüber, Henke mit einer dampfenden Tasse Kaffe, Honor mit einem Becher Kakao. MacGuiness hatte dafür gesorgt, dass auf dem Couchtisch ein Teller mit Sandwiches stand, und Honor knabberte träge an einem mit Schinken und Käse, ergriff die Gelegenheit, ihrem Metabolismus Brennstoff zuzuführen. Henke indes begnügte sich mit ihrem Kaffee.
»Das ist eine interessante Frage«, sagte Henke, wiegte die Tasse in beiden Händen und blickte Honor durch eine Dampffahne an. »Ich glaube, hauptsächlich haben sie mich ausgesucht, weil ich Beth' Cousine bin. Man sagte sich wohl, dass sie sich eine Nachricht eher anhört, wenn ich sie überbringe. Und ich könnte mir vorstellen, dass man sich von meiner Freilassung erhofft, sie dazu
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