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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Honor mit dem rechten Fuß auf dem polierten Boden auf. Ihr Gleichgewicht war keinen Augenblick lang in Gefahr, und ihr hölzernes Übungsschwert zuckte durch die Luft. Mit seiner Klinge wehrte Meister Thomas den auf seinen Kopf gezielten Hieb ab. Honor machte mit dem linken Fuß einen Ausfallschritt und brachte sich so auf die linke Seite des Gegners.
    Sie verlagerte das Gewicht, trieb sein Schwert zurück, um für nur einen Sekundenbruchteil Freiheit zu erhalten, ließ ihre Klinge an seiner Waffe entlangscharren, verdrehte die Handgelenke und fintete einen Schlag nach seinem linken Arm – alles in einer einzigen, verschwommenen Bewegung.
    »Hai!« rief sie wieder, und als er zur Parade ansetzte, stieß sie vor und schlug mit pfeifender Klinge nach seinem Brustkorb – aber leider war auch seine Parade nur eine Finte gewesen.
    »Ho!« Geschmeidig wie ein Tänzer und leicht wie eine Rauchwolke schwebte Meister Thomas zur Seite. Honor grunzte, als seine Klinge auf ihren gepolsterten, rechten Unterarm prallte, ganz kurz bevor ihr eigener Stoß ins Ziel traf. Auf der Stelle ließ sie das Schwert sinken und beugte den Kopf, um zu bestätigen, daß sie getroffen worden sei, bevor sie den eigenen Angriff beendete, dann trat sie einen Schritt zurück und nahm die rechte Hand vom Griff der Übungswaffe. Sie schüttelte das Glied kurz und zog eine Grimasse, als das Kribbeln in ihren Fingern nicht nachlassen wollte. Lächelnd hob Meister Thomas die Fechtmaske.
    »Mylady, der beste Angriff besteht oft darin, der Gegnerin ein verlockendes Ziel zu bieten, dann wendet sich ihre Attacke gegen sie.«
    »Besonders dann, wenn Sie in der Gegnerin lesen können wie in einem Buch«, pflichtete Honor ihm bei. Sie schob ihre Maske ebenfalls in die Stirn und wischte sich mit dem Ärmel der Fechtjacke das Gesicht ab. Das Kleidungsstück war ähnlich geschnitten wie der Gi, den sie beim Training im Coup de vitesse zu tragen pflegte, aber schwerer und steifer. Schon vor langer Zeit hatte man auf Grayson die traditionellen Fechtrüstungen durch Schutzkleidung aus technisch fortschrittlicheren Materialien ersetzt. Die Jacke gestattete der Trägerin, sich mühelos zu bewegen, absorbierte jedoch trotzdem Schläge, die mit Leichtigkeit ungeschützte Gliedmaßen gebrochen hätten.
    Leider war das Kleidungsstück nicht so perfekt, als daß es blaue Flecken verhindert hätte, denn unter graysonitischen Schwertmeistern war die Ansicht weitverbreitet, blaue Flecken gehörten zu den besten Lehrmitteln.
    »Oh, ich möchte nicht sagen, daß Sie derart offensichtlich vorgegangen wären, Mylady«, entgegnete Meister Thomas. »Trotzdem sollten Sie sich vielleicht eine – subtilere Annäherung überlegen.«
    »Ich dachte, ich wäre subtil!« wandte Honor ein, aber ihr Lehrmeister schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Gegen jemand anderen vielleicht, Mylady, aber ich kenne Sie zu gut. Sie lassen außer acht, daß wir nicht auf Leben und Tod gegeneinander kämpfen, und legen es auf einen entscheidenden Hieb an. Wenn sich Ihnen eine Gelegenheit für einen klaren Sieg bietet, so ergreifen Sie diese instinktiv, auch wenn es bedeutet, daß Sie selbst dabei Schaden erleiden. In einem echten Kampf wäre ich nun vermutlich tot, Sie hingegen nur verwundet. Im Fechtsaal aber müssen Sie immer daran denken, daß nur der erste Treffer zählt.«
    »Das haben Sie absichtlich getan, stimmt’s? Nur, um mir diese Lektion zu erteilen?«
    »Möglicherweise.« Meister Thomas lächelte sie gleichmütig an. »Dennoch erlangte ich auch den Sieg, oder etwa nicht?« Sein Lächeln verbreitete sich, als Honor nickte. »Und außerdem ist es ohne Belang, ob ich so gekämpft habe, um Ihnen eine Lektion zu erteilen oder um zu siegen. Ich war dazu in der Lage, weil ich mir ihre Denkweise zunutze machen konnte. Ich wußte nämlich, daß Ihr Schlag auf den Arm nur eine Finte sein konnte, weil ich Ihnen gleichzeitig am Körper eine Blöße bot.«
    »Ehrlich, das taten Sie?« fragte Honor mit erhobener Augenbraue.
    »Aber natürlich, Mylady. Oder glauben Sie wirklich, meine Abwehr wäre durch einen unglücklichen Zufall so schlecht gewesen?« Meister Thomas schüttelte bekümmert den Kopf, und Nimitz auf seinem Ruhelager am Schwebebalken bliekte hämisch.
    »Du!« rief Honor und drohte dem Baumkater mit dem Finger, »hältst dich gefälligst geschlossen, Stinker!« Sie wandte sich wieder Meister Thomas zu. Vor Belustigung bildeten sich rings um ihre Augen kleine Fältchen, und sie zupfte sich an

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