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Honor Harrington 5. Im Exil

Honor Harrington 5. Im Exil

Titel: Honor Harrington 5. Im Exil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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hinter ihnen. Honor verspürte eine vertraute, ironische Amüsiertheit, als sie nach links blickte und die beiden anderen Waffenträger vor dem unbesetzten geschlossenen Gutsherrn-Kirchenstuhl stehen sah. Wie jeder, der nicht der Kirche der Entketteten Menschheit angehörte, hatte Honor nach dem Buchstaben des Kirchenrechts selbst in der Harringtoner Kathedrale im ›Fremdenschiff‹ zu sitzen, und den Architekten des Guts von Harrington waren daraus etliche Probleme erwachsen.
    Honor besuchte regelmäßig die Gottesdienste. Ob sie nun der Kirche angehörte oder nicht, sie hatte die Pflicht, die Kirche zu schützen und zu verteidigen, und abgesehen davon gab es andere, ebenso wichtige Gründe, dort zu sein. Ihr öffentlich bewiesener Respekt vor › dem Glauben‹ bildete eine gute Antwort auf die Beschuldigung ihrer Gegner, sie würde die Kirche ablehnen. Ihre Bereitwilligkeit, sich ins Seitenschiff zu setzen, anstatt den geschlossenen Kirchenstuhl zu beanspruchen, der in der Kathedrale jeder Gutshauptstadt für den Gutsherrn bereitstand, hatte Honor sogar noch mehr Akzeptanz erworben. Der graysonitische Starrsinn respektierte die Aufrichtigkeit einer Herrscherin, die eher das Stigma des Seitenschiffs auf sich nahm als vorzugeben, sich dem Glauben ihrer Untertanen anzuschließen. Und der Umstand, daß sie regelmäßig zu den Gottesdiensten erschien, obwohl sie der Kirche gar nicht angehörte, unterstrich, daß sie den Glauben respektierte, selbst wenn er nicht der ihre war.
    So viel zu den politischen Gründen. Der persönliche Grund für Honors Anwesenheit war ihr aufrichtiger Respekt vor der Kirche der Entketteten Menschheit und der zentralen Rolle, die sie im Leben von Honors Siedlern einnahm. Honor mußte, wenn auch nur aus der Distanz, am Glauben ihrer Leute teilnehmen, um sie zu verstehen. Und selbst wenn es anders gewesen wäre: sie fand die ernste Majestät der Liturgie und die Musik einfach bezwingend schön.
    Honor war nach den Lehren der Dritten Stellaren Reformierten Missionsgemeinschaft erzogen worden, aber wie die meisten sphinxianischen Freisassen war auch ihre Familie ›Low-Church‹, also protestantisch-pietistisch gesinnt. Die Dritten Stellaren betonten eine direkte, persönliche Beziehung des Einzelnen zu Gott, die nur eines Minimums an Überbau bedurfte. Im Laufe der letzten T-Jahrhunderte war im Gegensatz dazu die Hochkirche immer förmlicher und das Zeremoniell betonender geworden, während die Low-Church-Gottesdienste dazu neigten, still und introspektiv zu sein. Auf den Pomp der Kirche der Entketteten Menschheit war Honor überhaupt nicht vorbereitet gewesen. Wahrscheinlich hätte Mutter Helen, die Pfarrerin, die sie vor so vielen Jahren konfirmiert hatte, über all den ›überflüssigen Firlefanz‹ die Nase gerümpft. Schließlich hatte sie schon den Formalismus der Kirchenoberen ihrer eigenen Gemeinschaft mit etlichen Vorbehalten betrachtet! Aber vermutlich würde auch Mutter Helen die Schönheit der graysonitischen Liturgie anerkennen müssen, und am festen Glauben der Menschen, die der Kirche der Entketteten Menschheit folgten, konnte niemand ernstlich zweifeln.
    Dennoch: Honors Entscheidung, regelmäßig den Gottesdiensten beizuwohnen, hatte die Architekten in ein Dilemma gestürzt. Das Fremdenschiff befand sich stets links vom Hauptschiff und direkt neben dem Altarraum. Traditionell setzte man den Fremden mitten in die Gemeinde, anstatt ihn wie einen Aussätzigen zu isolieren, damit er sich als willkommener Gast fühlte. Alle anderen hatten ihn dadurch im Blick. Außerdem befand sich das Fremdenschiff vom traditionellen Standort des Gutsherrn-Kirchenstuhls normalerweise am weitesten entfernt. Die Architekten waren zu dem Schluß gekommen, eine solch offensichtliche Trennung Lady Harringtons von ihrem ›angestammtem Platz‹ könnte unfaire Bemerkungen provozieren. Honor hätte sich deswegen kaum Gedanken gemacht, aber bei Entscheidungen dieser Art besaß sie ohnehin kaum Einfluß, daher hatte sie den Architekten allen Freiraum gelassen. Sie hatten einen Kompromiß gefunden, indem sie den allgemeinen Aufbau in zweierlei Hinsicht abwandelten.
    Statt die Kanzel wie üblich ganz rechts im Altarraum anzubringen, wurde sie mit der Chorempore vertauscht. Damit befand sich die Kanzel auf der linken Seite, und so mußte der Gutsherrn-Kirchenstuhl ebenfalls auf die linke Seite versetzt werden, damit die Nähe zwischen Priester und Gutsherrn gewahrt blieb. Im Zuge dessen stand der Kirchenstuhl

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