Honor Harrington 5. Im Exil
hatte sich jedoch bereits vorgenommen, auf irgendeine Weise ihre Anerkennung zu zeigen, und nun wußte sie, wie sie das konnte. Die Uniformen der Gutsgardisten von Harrington folgten ebenfalls den graysonitischen Mustern, und wenn sie selbst sich schon nicht vor diesem albernen Zirkusanzug retten konnte, wollte sie wenigstens die Gutsgardistenuniformen neu entwerfen lassen – diesmal auf einer vernünftigen, praktisch orientierten Grundlage!
Nimitz bliekte humorig von seinem Sessel aus, und mit einem schiefen Grinsen gab sie ihm recht. Die Ausgehuniform der RMN war fast genauso steif und unbequem wie ihre gegenwärtige Kleidung, und sie regte sich hauptsächlich deswegen über die unvertrauten Stilelemente auf, um den einen Aspekt der neuen Uniform ignorieren zu können, der ihr einerseits sehr vertraut und in ihren Augen trotzdem anomaler erschien als alles andere. Eine manticoranische Uniform hätte nur drei neunzackige Sterne am Kragen besessen, nicht die vier sechszackigen, die sie nun trug, aber die vier breiten Goldstreifen an den Ärmeln waren in beiden Navys die gleichen, und allein der Gedanke von Honor Harrington in einer Admiralsuniform erschien ihr so absurd, daß sie noch immer erwartete, jeden Moment aufzuwachen.
Aber es war kein Traum. Das Signal erklang erneut, und die Flottenpinasse senkte sich auf den Landeplatz und berührte sanft und präzise den Boden. Die Landung erfolgte genau nach Zeitplan, und ein erneutes unsicheres Schaudern überkam Honor. Sie verschränkte die Arme hinter dem Rücken und betrachtete das Beiboot durch das Crystoplastfenster.
In ihrer ganzen Karriere hatte sie stets großen Wert darauf gelegt, sich mit einem neuen Kommando vertraut zu machen, bevor sie es übernahm. Ein einziges Mal hatte sie darauf verzichten müssen – weil zwischen ihrer Ernennung zur Kommandantin Ihrer Majestät Leichten Kreuzers Fearless und der Befehlsübernahme nur wenige Stunden lagen. Böse Überraschungen sowohl in Bezug auf die technische Ausstattung als auch sonst waren die Folge gewesen und hatten die Weisheit ihrer Gewohnheit bestätigt. Diesmal aber hatte einfach keine Möglichkeit bestanden, sich im Voraus zu informieren. Sie wußte in groben Zügen, inwiefern Grayson die ehemals havenitischen Prisenschiffe modifiziert hatte, aber nur, weil sie sich auch auf mehr oder weniger privater Ebne auf dem laufenden gehalten hatte. Niemals hätte sie erwartet, eines dieser Schiffe zu kommandieren, daher hatte sie auch keinen Grund gesehen, sich um konkrete Einzelheiten zu kümmern. Die vergangene Woche war mit verwaltungstechnischem Wirrwarr angefüllt gewesen. Sie hatte Howard Clinkscales die Leitung des täglichen Einerleis auf Harrington übergeben und keine Zeit gehabt, sich mit den Spezifikationen der Schiffe auseinanderzusetzen. Nun sollte sie das Kommando über ein Superdreadnoughtgeschwader übernehmen, das aus sechs Schiffen bestand, und sie wußte weder, wie ihr Flaggkommandant hieß, noch wer ihr Stabschef sein würde!
Honor behagte das gar nicht. Sie hatte gefälligst zu wissen, was sie tat und worauf sie sich einließ, und die Tatsache, daß sie ›zu beschäftigt‹ gewesen war, um sich vorzubereiten, stellte in ihren Augen eine nur sehr schwache Entschuldigung dar. Sie hätte sich irgendwie die Zeit nehmen müssen, sagte sie sich, als die Turbinen der Pinasse zur Ruhe kamen und die Landeplatzrampe sich zur Mittschiffsluke vorschob. Wie sie das hätte schaffen sollen, wußte sie selber nicht, aber eigentlich hätte sie eine Möglichkeit finden müssen, und …
Ein lauteres Blieken unterbrach ihren Gedankengang, und sie drehte sich zu Nimitz um. Der Baumkater hatte sich in seinem Sessel aufgesetzt und den Kopf in einer Gebärde gepeinigter Geduld auf die Seite gelegt. Als er sich nun ihrer Aufmerksamkeit sicher war, gab er einen scharfen Scheltlaut von sich. Für das Maß an Selbstkritik, das er seiner Person einräumte, gab es ein gewisses Limit, und der Blick seiner grünen Augen teilte Honor mit, daß sie diese Grenze soeben erreicht habe. Bei all den politischen Entscheidungen, Glaubenskrisen und zehntausend Verwaltungsdetails konnte sie auf keinen Fall auch nur ein Quentchen Zeit erübrigt haben. Sie wußte das, Nimitz wußte das, und als der Baumkater nun ernst verfügte, daß sie mit den Selbstvorwürfen aufhören möge, schürzte sie die Lippen.
Nimitz war wohl kaum der beste – oder unparteiischste – Beurteiler von Navyoffizieren, aber diesmal hatte er vermutlich
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