Honor Harrington 7. In Feindes Hand
Luchner über den Neuigkeiten.
Technisch gesehen war die Nuada für alles zuständig, was in ihrem Überwachungsbereich auftauchte. Die Katana mußte sich um einen eigenen Sektor kümmern, und wenn sie sich in die Abfangmission eines anderen Schiffes einschaltete und irgend etwas schiefging, dann gab Luchner – oder noch eher Bürgerin Captain Zachary – einen willkommenen Sündenbock ab. Andererseits verfügte Luchner nun über Informationen, die Bürger Captain Turner nicht besaß, und dadurch fiel ihm eine Verantwortung zu, die alle technischen Zuständigkeitsgrenzen einebnete. So wenigstens war es unter Bürger Admiral Tourvilles Kommando, und Luchner bemühte sich, die Lage mit den Augen seines Geschwaderchefs zu sehen.
Die Kampfgruppe verfügte über zuwenig Schiffe, um das Adler-System vollständig abzuschotten, und Shannon Foraker hatte deshalb einen mehrstufigen Hinterhalt ersonnen, um die wahrscheinlichsten Ankunftsvektoren zu schützen. Alles, was an anderen Stellen auftauchte, würde vermutlich entkommen können, jedes Schiff aber, das an einer logisch vorhersehbaren Position in den N-Raum transistierte, besaß kaum noch eine Chance auszuweichen. Bisher jedenfalls hatte die Kampfgruppe alle Schiffe erwischt, die im Adler-System eingetroffen waren. Erst die Sensorstörungen der Nuada drohten Sand ins Getriebe zu streuen. Luchner hoffte, daß dieses Problem nicht über Turners Haupt und das seiner Crew kommen würde. Für solche Überlegungen hatte er nun jedoch keine Zeit; er mußte abschätzen, wie sich das Abfangmanöver voraussichtlich entwickeln würde.
Wie auch die Katana gehörte VFS Dirk , das Schiff, das für die mittlere Abfangzone in Turners Sektor zuständig war, zu den älteren Kreuzern der Sword -Klasse. Deshalb hatte der Operationsplan ihr die innere, weniger exponierte Station zugewiesen, während die größere Nuada die Rolle des Treibers übernahm und sich aus dreieinhalb Lichtminuten außerhalb der Hypergrenze dem Ziel nähern sollte, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden. Die Mars-Klasse war als böse Überraschung für die Manticoraner gedacht: Die Schiffe waren fast so groß wie ein havenitischer Vorkriegs-Schlachtkreuzer und führten die verbesserten Eloka-Systeme, die die Volksrepublik über ihre Verbindungen zur Solaren Liga erhalten hatte. Durch eine Beschneidung der Magazine war es gelungen, eine fast doppelt so schwere Breitseite unterzubringen als in den Swords und dennoch keine zwanzig Gravos an Beschleunigungsvermögen einzubüßen.
Doch so kampfstark die Nuada auch war, wegen der Systemausfälle wußte ihr Kommandant nicht, was die Katana soeben entdeckt hatte. Daher würde sie auch nicht von selbst ihre Station aufgeben, um den möglichen Kontakt zu verfolgen, weshalb die Dirk mit dem Gegner allein fertig werden mußte, und das konnte übel enden. Wenn es sich bei dem Kontakt wirklich um ein manticoranisches Kriegsschiff handelte, lag es im Rahmen des Möglichen, daß die Dirk sich in der Rolle der Unterlegenen wiederfand. Zudem verließen sich die Schiffe der Innenzone darauf, daß die weiter systemauswärts stehenden Schiffe allen hereinkommenden Verkehr erfaßten. Deshalb hatte die Dirk sicherlich weder RDs ausgesetzt noch Raketenbehälter.
»Wie groß ist die augenblickliche Signalverzögerung zur Nuada ?« fragte Luchner schließlich. »Zwoundzwanzig Minuten, Bürger Eins-O.«
»Und die Entfernung des Kontakts zur Dirk ?«
»Annähernd achtzehn Komma drei Lichtminuten.«
Luchner nickte und ging zum Kommandosessel im Mittelpunkt der Brücke zurück. Ohne Platz zu nehmen beugte er sich darüber, drückte eine Comtaste und wartete, bis das Gesicht von Bürgerin Captain Helen Zachary auf dem kleinen Bildschirm erschien. Einen Augenblick später teilte sich das Bild säuberlich in zwei Hälften; Bürger Kommissar Kuttner hatte sich in die Verbindung eingeschaltet.
»Was gibt’s, Fred?« fragte Zachary.
»Wir haben einen möglichen Kontakt im Sektor der Nuada , Bürgerin Captain«, erklärte der I.O. Nachdem er Allworth’ Bericht zusammengefaßt hatte, sagte er: »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich gern die Nuada und die Dirk alarmieren und ein Alfa-Abfangmanöver beginnen. Wir sind nur fünfzehn Lichtminuten von der Dirk entfernt, deshalb sollte unser Signal sie lange vor jedem potentiellen Feindschiff erreichen, das nach einer Transition zu beschleunigen beginnt. Wenn die Nuada ihre Gondeln zurückläßt und mit Maximalwert beschleunigt, sobald sie alarmiert ist,
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