Honor Harrington 7. In Feindes Hand
Hypergrenze des G0-Sterns Adler. Luchner runzelte die Stirn. Die Entfernung war viel zu groß, als daß die bordeigenen Ortungsgeräte der Katana die Entdeckung gemacht haben konnten, doch Allworth sprach weiter, bevor der I.O. etwas einwenden konnte. »RD Elf hat es erfaßt«, erklärte er.
»Und würden Sie mir bitte sagen, was eine unserer Aufklärungsdrohnen dort draußen verloren hat?« fragte Luchner.
»Bürger Captain Turner hat uns gebeten, diese Seite des Überwachungsgebiets der Nuada zu übernehmen, Bürger Eins-O«, antwortete Allworth respektvoll. »Die Hauptantennen der Gravitationssensoren seines Schiffes sind bereits komplett ausgefallen, und nun zeigt auch die Ersatzantennenanlage ständig Aussetzer. Die Ingenieure dort versuchen herauszufinden, woran das liegt, aber dazu mußten sie die passiven Sensoren praktisch komplett herunterfahren. Die Nuada ist momentan auf Drohnen angewiesen, bis man den Fehler gefunden und behoben hat. Wenn sie aber ihre gesamte Überwachungszone durch Drohnen abdeckt, ist ihre Telemetrie überlastet. Bevor die Gravitationssensoren wieder verfügbar sind, kann sie nur ungefähr zwo Drittel ihres Gebiets überwachen, deshalb habe ich Bürger Captain Turner zusagt, daß wir uns um den Rest kümmern.«
Luchner zog ein derart finsteres Gesicht, daß Allworth sich sehr beherrschen mußte, um nicht unwillkürlich vor ihm zurückzuzucken. Dabei zweifelte der Bürger Erster Offizier die Erklärung Allworth’ nicht im mindesten an. Nach der Eroberung des Adler-Systems hatten die Katana und die Nuada gemeinsam operiert, um ein Paar manticoranische Zerstörer und einen einzelnen schnellen Frachter aufzubringen, der ohne einen Geleitzug unterwegs gewesen war. Bei der Verfolgung des zweiten Zerstörers waren an Turners Schiff zwei Drittel aller Hauptsensorantennen ausgefallen. Zu solchen Geräteausfällen kam es in der Volksflotte viel zu häufig, besonders aber dann, wenn unzulänglich geschultes Wartungspersonal sich mit neuen Systemen befassen mußte, obwohl es noch nicht einmal die Handhabung der älteren bewältigt hatte. Turners Ingenieure hatten zugesagt, den Schaden so rasch wie möglich zu beheben, doch anscheinend hatte die Nuada noch mehr Pech gehabt und ihre Ersatzsysteme ebenfalls verloren. Zwar stand es für Luchner außer Frage, daß Turners Ingenieure das Problem am Ende meistern würden, aber es war sehr wahrscheinlich, daß sie dazu länger brauchten als eigentlich erforderlich.
Dabei traf nicht die Ingenieure die Schuld an den Unzulänglichkeiten. Ersatzleute, die hauptsächlich aus den Reihen der bereits schlecht ausgebildeten Dolisten stammten, wurden heutzutage in der Hälfte der Zeit durch Lehrgänge geschleust, die man vor dem Krieg als absolutes Minimum angesehen hatte. Jeder Raumoffizier wußte, daß die eigentliche Ausbildung der Neuen darum erst an Bord ihrer Schiffe erfolgte – was sich in mangelhafter Effizienz niederschlug.
Leider wollte das politische Establishment solche ›Unkenrufe‹ nicht hören. Die Volksflotte hatte solch schwere Verluste hinnehmen müssen, daß den Volkskommissaren, denen die Oberaufsicht über die Personalprogramme des Admiralstabs oblag, keine andere Wahl blieb, als alle Rekruten zu nehmen, die sie nur bekommen konnten, und sie so rasch wie möglich durch die Ausbildung zu peitschen. Gleichzeitig mußte sich jeder von ihnen natürlich Gedanken um den eigenen Kopf machen. Hätte jemand zugegeben, unzureichend ausgebildetes Personal an die Flotte weiterzugeben, hätte er nur die Aufmerksamkeit der Systemsicherheit auf sich gelenkt. Deshalb wäre jeder Versuch, bei vorgesetzter Stelle die fehlenden Fortschritte an Bord der Nuada mit der mangelhaften Ausbildung ihrer Besatzung zu erklären, von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Und so hatte sich Turner an Allworth gewandt und ihn – gewiß sehr indirekt und diskret – gebeten, den Zusammenbruch der passiven Ortung niemandem weiterzusagen. Es lag auf der Hand, weshalb die Nuada um Unterstützung gebeten hatte, anstatt ihr Problem durch den Einsatz ihrer Aufklärungsdrohnen zu kaschieren: Die Kreuzer der Mars-Klasse bezahlten ihre überlegene Eloka-Kapazität mit einer Telemetriesektion, die im Vergleich mit den älteren Swords um fast ein Drittel reduziert war. Die Nuada konnte einfach nicht genügend Drohnen gleichzeitig steuern, um ihren Überwachungsbereich ausreichend abzudecken, sondern hätte dazu ihre – nicht verfügbaren – Bordsysteme
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