Honor Harrington 7. In Feindes Hand
Eine weitere Überprüfung ergab dann gewiß, daß Caslet sich gerade auf ›Inspektionstour‹ befand. Während sich offiziell nichts gegen Theismans Befehle vorbringen ließ, konnte Ransom sich angesichts der Verbindung zwischen Caslet und Shannon die wahre Absicht des Bürger Admirals an den Fingern einer Hand abzählen. Die Bürgerin Committeewoman machte keine halben Sachen. Wenn Caslet einen Offizier wie Shannon Foraker unter seinem Kommando geduldet hatte, dann mußte er ohne Zweifel gefährliche elitäre Sympathien hegen. Vielleicht bedeutete Caslets Abstellung nur einen Denkzettel an Theismans Adresse, weil dieser seinen Operationsoffizier außer Gefahr geschafft hatte. Schließlich konnte Ransom doch nicht dulden, daß Flottenoffiziere zusammenhielten und sich gegenseitig vor ihrer sogenannten Regierung schützten, oder?
Caslet empfand die Bitternis seiner Gedanken als furchterregend, denn sie lenkten ihn in eine Richtung, in die er nicht gehen wollte. Mit Bedacht vermied er den Blick auf das Ende der Straße.
»Ich habe verstanden, Bürger Admiral«, sagte er nach kurzem Schweigen. »Wann brechen wir auf?«
»Die Bürgerin Committeewoman beabsichtigt, heute abend um neunzehn Uhr dreißig mit Kurs auf das Cerberus-System auszulaufen«, antwortete Theisman. »Schaffen Sie es, bis dahin zu packen?«
»Selbstverständlich, Bürger Admiral. Wird Bürger Lieutenant Commander Ito während meiner Abwesenheit meine Pflichten übernehmen?«
»Ja, davon gehe ich aus.«
»In diesem Fall sollte ich ihn einweisen, bevor ich an Bord der Count Tilly gehe, und sicherstellen, daß er weiß, was Sie, Bürger Kommissar LePic und ich besprochen haben«, begann Caslet und verstummte mit erhobenen Augenbrauen, als ihm Theismans Miene bewußt wurde.
»Sie haben zwar einiges mit Ito zu besprechen«, entgegnete der Bürger Admiral seufzend, »aber Sie gehen nicht an Bord der Count Tilly .«
»Gehe ich nicht, Bürger Admiral?«
»Nein, Bürger Commander. Bürgerin Committeewoman Ransom hat ausdrücklich darum gebeten, Sie vorübergehend ihrem persönlichen Stab zuzuteilen, wo Sie als Verbindungsoffizier zu den Häftlingen fungieren, bis diese offiziell an Cerberus übergeben worden sind.«
»Als Verbindungsoffizier …?« begann Caslet, dann erlangte er die Fassung wieder und schloß den Mund. Die geballten Fäuste stemmte er in die Seiten.
»Mit allem schuldigen Respekt, Bürger Admiral, ich bin für diese Aufgabe nicht qualifiziert«, sagte er, nachdem er einige Sekunden angespannt überlegt hatte, und blickte Theisman bittend an. »Ich besitze keinerlei Erfahrung in Sicherheitsfragen und hatte noch keine nachrichtendienstliche Verwendung, erst recht nicht bei der Systemsicherheit. Gewiß gibt es andere Offiziere, die sich besser dazu eignen, mit Kriegsgefangenen umzugehen.«
Ohne den Blick abzuwenden, schüttelte Theisman den Kopf – nicht, um Caslets Standpunkt zurückzuweisen, sondern um den Bürger Commander sanft zu beschwichtigen, und Caslet schaute LePic an. Der Volkskommissar erwiderte den Blick ernst und seufzte.
»Ich fürchte, Bürgerin Committeewoman Ransom besteht darauf, Bürger Commander«, sagte er. LePic klang weitaus weniger beißend als Theisman, doch an ihm waren die stille Wut – und das Mitgefühl –, um so bemerkenswerter. Schließlich war er nicht nur direkter Repräsentant des Komitees für Öffentliche Sicherheit, sondern hatte sich einst freiwillig für diese Aufgabe gemeldet. Kaum nahm Caslet die Ablehnung des Kommissars wahr, als er überlegte, ob Ransom überhaupt begriff, wie sehr sie ihre Sache an diesem Morgen geschädigt hatte.
Welche Konsequenzen das Verhalten der Ministerin in Zukunft auch hätte, sie bewahrten Warner Caslet nicht vor ihrer unmittelbaren Vergeltung.
»Ich habe verstanden, Sir«, wandte er sich erstickt an LePic. Die unglückliche Miene des Volkskommissars weckte in Caslet tatsächlich eine merkwürdige Sympathie. »Ich kann Ito um dreizehn Uhr einweisen, Bürger Admiral«, fuhr er fort. »Zwo oder drei Stunden sollten ausreichen. Wird es Ihnen möglich sein, zu uns zu stoßen?«
»Das beabsichtige ich«, antwortete Theisman, erhob sich und reichte Caslet die Hand. Der Bürger Commander straffte den Rücken und schüttelte sie fest. Theisman bedachte ihn mit einem Lächeln, in dem sich sowohl Trauer als auch die Mahnung zur Vorsicht verbargen.
»Bis dahin kümmern Sie sich wohl am besten um Ihr Gepäck. Bürger Chief Maynard arbeitet bereits Ihre Order aus und
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