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Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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hatte, und sie konnte dem Mann kaum vorwerfen, was er innerlich empfand. Doch obwohl er sich in Taten und Benehmen genauso verhielt, wie man es von ihm erwarten konnte, spürte Honor, daß der Funke der Bewunderung hinter beidem nicht erlosch. Die Bewunderung war auch niemals mehr als nur ein Funke – und doch war er stets vorhanden, als würde White Haven ihn automatisch unterdrücken, ohne ihn völlig zum Verglimmen bringen zu können. Wenigstens hat er sich unter Kontrolle , dachte sie bitter. Und ob White Haven nun wußte oder nicht, daß dieser Funke existierte, Honor war sich dessen sicher, und die Verräterin in ihr, die die innere Resonanz zwischen dem Earl und ihr bemerkt hatte, streckte nun die Fühler aus nach dem, was der Admiral so gekonnt vor sich selbst verbarg.
    Zum allerersten Mal erwies sich die Verbindung zu Nimitz ebensosehr als Fluch wie als Segen, denn so sehr Honor sich auch bemühte: Sie versagte darin, sich einzureden, White Havens eingedämmten inneren Funken nicht bemerkt zu haben. Dieses Eingeständnis brachte ihre mühevoll aufrechterhaltene Selbstbeherrschung in Bedrängnis. Ihr kamen die ersten Monate in den Sinn, die sie in dem Wissen gelebt hatte, daß Nimitz ihr die Emotionen der Personen in ihrem Umfeld vermittelte. Anfangs hatte sie versucht, ihn davon abzubringen, denn sein Tun war ihr falsch vorgekommen; unschicklich. Sie hatte sich wie eine Art emotionaler Voyeurin gefühlt, die intimste Geheimnisse von Menschen ausspähte, obwohl diese Menschen sich nicht einmal darüber im klaren gewesen waren, daß sie überhaupt ausspioniert werden konnten. Nimitz hatte nie begriffen, warum sie so dachte, und nach und nach war Honor zu dem Schluß gelangt, daß Baumkatzen nicht in der Lage waren, ihre Umgebung anders wahrzunehmen: Für eine ‘Katz waren die Emotionen Fremder stets präsent, und sie konnte nicht anders, als diese Empfindungen zu empfangen; wenn eine Baumkatze versuchte, sich dagegen zu wehren, konnte sie auch gleich versuchen, nicht mehr zu atmen.
    So hatte Honor den Kampf um ihre empathische Blindheit verloren. Mittlerweile war ihr fast entfallen, daß sie ihn je geführt hatte, denn sie war nun beinahe ebensosehr wie Nimitz gewöhnt, die Empfindungen anderer zu spüren. Sie orientierte sich sogar bereits an den empfangenen Gefühlen. Wie Bespitzelung kam es ihr längst nicht mehr vor, denn jeder Mensch, der ihr begegnete, bedeutete für sie ein anbrandendes Gefühlsgewirr – als wäre sie eine Baumkatze. Honor konnte diese Flut auswerten oder unbeachtet lassen, aber sie konnte sie nicht zum Verschwinden bringen. Bei einem der Völker von Alterde, das auf engem Raum zusammenleben mußte – Honor wußte nicht mehr genau welches, glaubte aber, es müßten die Japaner gewesen sein –, gab es ein Sprichwort über die Nacktheit: Nacktheit, so lautete es, sehe man oft, aber man sehe sie sich nur selten an. Dieses Sprichwort war Honor eine große Hilfe gewesen, als sie lernen mußte, mit dem Andrang fremder Empfindungen zurechtzukommen. Diesmal jedoch versagte dieser Halt. Diesmal hatte der Widerhall zwischen ihr und White Haven die Fähigkeit gelähmt, seine Gefühle zu ›sehen‹, ohne sie sich anzuschauen. Nach außen hin vermochte sie sich so korrekt zu benehmen wie er; innerlich glaubte sie unentwegt auf einem emotionalen Drahtseil zu balancieren, und ihre Unfähigkeit, eine rationale Ursache für ihre Gefühle zu finden, machte all das vollends unerträglich.
    Also ergriff sie die Flucht. Sie war sich darüber durchaus im klaren, und sie wußte auch, daß diese Flucht Nimitz vollends verwirrt hatte. Gut möglich, daß die Fassungslosigkeit des Baumkaters aus der Klarheit herrührte, mit der er selbst fremde Emotionen empfing. Baumkatzen wußten stets genau, was in ihren Menschen vorging, aber nicht, was ihre Menschen dachten . Aus Honors eigenen Erfahrungen mit Nimitz’ Empathie wußte sie, daß Baumkatzen Emotionen als helle, lebhafte Eindrücke empfingen, die zwar kompliziert oder schwer verständlich, aber selten mehrdeutig waren – ähnlich einem Porträt, das nur in Primärfarben gemalt ist. Möglich, daß die Baumkatzen deshalb so direkt und unkompliziert wirkten. Schließlich hätte es keinen Sinn, wenn eine ‘Katz versuchte, ihre Empfindungen vor einem Angehörigen ihrer Spezies zu verbergen oder zu verschleiern. Honor fand, Baumkatzen erhielten voneinander einen so klaren und tiefen Einblick, daß sie vielfältige zusätzliche Muster wahrnahmen, die für

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