Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Kilometer zurückgelegt und eine Geschwindigkeit von fast dreitausendeinhundert Kps erreicht. Im Vergleich zu den Werten, die ein Impellerantrieb in der gleichen Zeit erzielte, war das nicht gerade viel, bot aber einen entscheidenden Vorteil.
Ohne Impelleremissionen blieb ein Schiff bis auf relativ geringe Entfernung unentdeckbar.
Auf der Skala gemessen, in der Gott Sonnensysteme erschuf, besaß aktive Ortung auch unter günstigsten Bedingungen nur eine begrenzte Reichweite. Offiziell überwachten Raumstreitkräfte durch ihren Suchradar eine Blase mit einem Radius von einer Million Kilometern. Tatsächlich aber gaben sich die meisten Ortungstechniker – auch in der RMN – mit aktiver Erfassung nur in einem Radius einer halben Million Kilometern ab. Es war außerordentlich schwierig, auf diese Entfernung ein verwertbares Echo von einem Schiff zu erhalten, wenn es wesentlich kleiner war als ein Superdreadnought. Außerdem trugen so gut wie alle Kampfschiffe Materialien mit Stealth-Eigenschaften auf ihrer Außenhaut. Wenn ihre Antriebe ausgeschaltet waren, bildeten sie daher ein viel kleineres Radarziel als zum Beispiel ein großer Frachter – und wenn die Antriebe aktiv waren, brauchte man sie nicht mit Radar zu suchen, weil die passiven Sensoren – und hier besonders die Gravitationssensoren – eine viel größere Reichweite und Auflösung besaßen. Von einem Schiff, das nichts abstrahlte, fingen sie natürlich nichts auf, doch das bedeutete nur selten ein Problem. Schließlich musste doch jedes Schiff, das unter Antrieb näher kam, den Impeller eingeschaltet haben, oder?
Stealth-Systeme erschwerten es zwar, eine Impellerquelle zu orten, waren gegen alle anderen Ortungsgeräte jedoch weit wirksamer als gegen Gravitationssensoren. Somit wurde auch hier die Gravitationsortung zur vordersten Verteidigungslinie. Perfekt war sie zwar nicht, aber das beste verfügbare System, und Kommandanten wie Ortungstechniker neigten in hohem Maße dazu, sich allein auf sie zu verlassen.
Honors Schiffe indessen strahlten keine Impellersignaturen ab. Zweieinhalb Stunden lang hatte sie gewartet, die Haveniten beobachtet und deren Vektor sorgfältig analysiert, bevor sie den Zündbefehl für die Schubtriebwerke gegeben hatte. Die Beschleunigungsphase war so unangenehm gewesen wie erwartet, doch nun durchschnitten ihre Schiffe den Weltraum mit beständigen dreitausendeinhundert Kps, und sie lächelte wieder – wie ein Raubtier –, als sie den vorberechneten Vektor über den Plot verfolgte. Unter der Annahme, dass ihre anfängliche Bewertung der havenitischen Absichten akkurat gewesen war (und das bisherige Manöververhalten des Feindes hatte sie darin bekräftigt), würden Honors Schiffe deren Basiskurs in drei Minuten schneiden. In dem Augenblick der Kurskreuzung würden etwa sechshunderttausendneunhundert Kilometer zwischen beiden Verbänden liegen – und die Haveniten würden ihren Bug entblößen.
Die beiden Transporter – bei ihrer Behäbigkeit konnten die zwei großen Schiffe nichts anderes sein – hatten sich anderthalb Millionen Kilometer hinter den Hauptverband zurückfallen lassen, sodass sie nicht allzu abgeschieden waren, aber gut geschützt gegen jede unliebsame Überraschung. Nur ein Kriegsschiff war zum Begleitschutz abgestellt worden – wahrscheinlich ein Schwerer Kreuzer, und der Impellersignatur nach zu urteilen, zählte das Schiff zur älteren Sword -Klasse –, doch deswegen brauchte sich Honor keine Gedanken zu machen. Wenn ihr Manöver Erfolg hatte, befand sie sich in einer Position, aus der heraus sie das Geleitschiff mühelos vernichten konnte, und alle drei Schiffe waren bereits zu tief innerhalb der Hypergrenze, als dass die Transporter Honors Kreuzern noch davonlaufen konnten.
»Ich sehe alles, und trotzdem habe ich nicht geglaubt, dass Sie damit so weit kommen würden, Ma’am«, sagte eine leise Stimme, und Honor hob den Kopf. Warner Caslet war neben den Kommandosessel getreten.
»Nur unter uns, ich hatte auch so meine Zweifel«, gab sie lächelnd zu.
»Benommen haben Sie sich aber anders«, entgegnete er ihr trocken, hielt inne und schnipste überraschend mit den Fingern. Honor blinzelte, als sie den hellen Ausbruch seiner Gefühle spürte – ihm war unverhofft etwas eingefallen oder klargeworden.
»Was ist?«, fragte sie, und er sah sie merkwürdig an.
»Ich habe gerade etwas begriffen«, antwortete er, »und ich hoffe sehr, dass es ein gutes Omen ist.«
»Was denn?«, fragte sie
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