Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
aus dem Lauf genau in ihre Umarmung.
Rachel war erst elf und Hipper mit 10,3 Standard-Kilogramm eine der schwersten Baumkatzen, die Allison je zu Gesicht bekommen hatte. Aufgrund der 1,17-fachen Erdschwerkraft Graysons und des Impulserhaltungssatzes konnte dies zusammengenommen nur eins zur Folge haben.
Als der ‘Kater in ihren Armen landete, knallte Rachel mit einem lauten Bums! aufs Hinterteil, und Allisons Hand zuckte wie von eigenem Willen beseelt vor. Aus reinem Reflex packte sie Rachels Waffenträger beim Handgelenk, denn zum Nachdenken wäre keine Zeit geblieben. Erst später, als alles schon vorbei war, begriff sie, dass sie die Hand aufgehalten hatte, als er den Pulser ziehen wollte. Doch eigentlich war das gar nicht wichtig. Kaum hatte sie das Handgelenk gepackt, spürte sie schon, dass der Waffenträger sich ebenso entspannte wie jeder im Raum, der Hippers hohes entzücktes Schnurren hörte und sah, wie er seine Wange verzückt an Rachel rieb.
Rachels Schwestern starrten sie wie betäubt an, und die Erwachsenen machten keine viel bessere Figur. Nur Miranda regte sich: Sie nahm Farragut auf, ging zu Rachel und kniete sich neben sie. Doch das Mädchen bemerkte sie gar nicht. Denn in diesem Moment war Hipper ihre ganze Welt, ihr ganzes Universum, und umgekehrt war sie das Einzige für ihn.
»Ach … du … lieber …«, murmelte Katherine schließlich. Sie sammelte sich und sah Allison an.
»Interpretiere ich das, was ich da sehe, richtig?«, fragte sie ganz ruhig, und Allison seufzte.
»Ja. Sie haben mein volles Mitgefühl.«
»Mitgefühl?« Runzeln erschienen auf Katherines Stirn. »Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass er ihr wehtut oder …?«
»Aber nein! Nein, nichts dergleichen!«, beruhigte Allison sie rasch. »Aber … nun, es ist sehr ungewöhnlich, dass eine ‘Katz ein Kind adoptiert. Nicht unerhört, aber sehr, sehr selten. Die erste Adoption auf Sphinx war ein Kind etwa in Rachels Alter … oder Honors, als Nimitz sie adoptierte. Und es ist etwas sehr Gutes, in den allermeisten Fällen jedenfalls, aber an einiges werden Sie sich wohl … gewöhnen müssen.«
»An was?«, fragte Elaine und stellte sich neben ihre Schwesterfrau.
Allison grinste schief. »Nun, Sie können davon ausgehen, dass er viel schlimmer ist als der persönliche Waffenträger eines Graysons. Die beiden werden unzertrennlich sein, selbst im Bad und bei Arztbesuchen. Vergessen Sie gleich alle Überlegungen, ihn bei Staatsakten zu Hause lassen zu wollen! Und sie wird ihn nicht loslassen wollen.«
»Nun, ich sehe keinen Grund, warum wir sie heute Abend dazu überreden sollten«, sagte Katherine, nachdem sie mit Elaine einen Blick getauscht hatte.
»Ich meinte damit aber nicht, dass sie ihn nur heute Abend nicht loslassen will«, erklärte Allison mit nach wie vor schiefem Lächeln. »Ich meinte damit, dass sie ihn nie wieder loslassen wollen wird. Für beide Seiten einer Adoptionsbindung ist Körperkontakt sehr wichtig, besonders aber, wenn die menschliche Hälfte noch so jung ist, und ganz besonders in den ersten Monaten. Ich habe das erste T-Jahr fast geglaubt, Honor und Nimitz wären zusammengewachsen.«
»Ach du je«, seufzte Katherine. Nun klang sie schon anders.
»Außerdem werden Sie alle Erwachsenen, die in ihre Nähe kommen, ermahnen müssen, ihre Gefühle zu bezähmen.« Elaine warf ihr einen scharfen Blick zu. »Meistens ist eine ‘Katz ein großartiger Babysitter. Niemand, der Rachel übel gesonnen ist, könnte ihn täuschen, und Ihre Familie weiß besser als die meisten, wie effektiv eine Baumkatze als Leibwächter ist.« Da nickten beide Mayhews, und Allison zuckte erneut die Achseln. »Leider sind ‘Katzen auch sehr empfänglich für alle Gefühle, die sich an ihre Gefährten richten – oder von denen sie meinen, dass sie irgendwann an ihre Gefährten gerichtet werden könnten. Das heißt, er wird sehr angespannt sein, wenn jemand in Rachels Gegenwart wütend ist, ob er nun auf sie ärgerlich ist oder nicht, das spielt keine Rolle. Und außerdem stehen Ihnen einige interessante Erlebnisse vor, sobald Rachel in die Pubertät kommt.«
Katherine riss die Augen auf, was Allison zum Lachen brachte.
»Nein, nein. Soweit ich feststellen konnte, interessieren sich ‘Katzen nicht im Geringsten für die amourösen Abenteuer ihrer Gefährten. Aber Baumkatzen sind Empathen. Wenn all die hormonell bedingten Stimmungsschwankungen Rachel treffen, dann werden beide unglaublich reizbar sein. Doch ein Gutes
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