Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Harrington arbeite ich regelmäßig im Allgemeinen Krankenhaus von Macomb, was mir recht gute Gelegenheiten verschafft, manticoranische und graysonitische Normen zu vergleichen, und deshalb darf ich behaupten, was ich gesagt habe. Graysonitische Kinder gehören zu den behütetsten und am meisten geliebten, die ich je gesehen habe, und das schließt nicht nur Manticore, sondern auch Beowulf ein. Das ist es ja wohl, was am meisten zählt. Ihre traditionelle Familienstruktur ist eine unfassbar vernünftige Antwort auf Ihre ungewöhnlichen Geburtenraten.« Katherine blickte sie prüfend an, dann nickte sie, und Allison musste grinsen. »Nun, was hingegen Ihre gesellschaftliche Antwort betrifft, so lässt sie, wie Sie wohl auch gerade hervorhoben, vom Standpunkt eines direkten, eigensinnigen und hochnäsigen Weibsbilds wie mir natürlich einiges zu wünschen übrig!«
»Da sind Sie in diesem Raum aber nicht allein, das können Sie mir glauben!«, rief Benjamin. »Und ich tue alles, was ich kann, um die Regeln zu ändern. Ich schätze, Elaine, Cat und ich können die Tür aufstoßen und offen halten, bis diese knospenden Immobilienmagnaten da drüben« – er wies auf das Spielbrett, wo gerade Jeanette triumphierend aufjauchzte – »so weit sind und noch mehr alte Zöpfe abschneiden. Für einen konservativen Haufen wie uns ist das blitzschnell.«
»Das kommt mir auch so vor.«
Allison lehnte sich neben Alfred zurück und blickte ihn an. Er erwiderte ihren Blick und zuckte mit den Schultern.
»Heute Abend bist du die angewandte Sozialwissenschaftlerin, Liebste«, sagte er. »Du entscheidest.«
»Was entscheiden Sie?«, wollte Katherine wissen.
»Ob man den ersten vergnüglichen Ausflug der Familie Mayhew nach zweihundert Jahren nun doch noch mit etwas Geschäftlichem verderben soll oder lieber nicht, fürchte ich«, sagte Benjamin träge.
»In etwa«, bestätigte Allison. »An sich wollte ich einige mögliche Methoden der Gentherapie mit Ihnen besprechen, aber das kann noch warten. Außerdem«, sagte sie grinsend, »weiß ich ja nun immerhin, mit welcher Mayhew ich sie zu diskutieren habe, nicht wahr, Katherine?«
»Naturwissenschaften mit mir, Finanzielles mit Elaine«, stimmte Katherine ihr unbeschwert zu. »Nur in den unwichtigen Dingen wie Krieg, Diplomatie und Verfassungskrisen wenden Sie sich bitte an Benjamin.« Mit der rechten Hand vollführte sie eine graziöse Geste.
»Na, danke. Herzlichen Dank!«, rief Benjamin und drohte seinen grinsenden Ehefrauen spielerisch mit der Faust.
»Nun, wenn wir Genome und dergleichen einmal beiseite lassen, so gibt es trotzdem noch einiges, was Alfred und ich heute Abend bekannt geben möchten«, sagte Allison in ernsterem Ton und blickte über den Kartentisch in der Ecke. »Miranda?«, bat sie.
»Sofort, Mylady.« Miranda hob das Armbandcom an die Lippen – eine Bewegung, die komplizierter ausfiel als gewöhnlich, denn sie musste um die kleine Honor herumgreifen, die nun auf ihrem Schoß saß und mit breitem Lächeln Farragut in den Armen trug. Miranda sprach leise hinein. Die erwachsenen Mayhews tauschten neugierige Blicke, und eine Weile lang sagte niemand etwas. Dann klopfte es leicht an der Tür.
Einer der Mayhew-Waffenträger öffnete sie, und James MacGuiness betrat die Bibliothek.
»Sie benötigen etwas, Mylady?«, fragte er Allison.
»Nicht etwas, Mac – sondern jemanden«, entgegnete Allison sanft. »Bitte setzen Sie sich.« Mit der Hand klopfte sie auf den Sessel neben der Couch, die sie sich mit Alfred teilte.
MacGuiness zögerte. Seine Ehrerbietung rang mit ihrem Ersuchen. Dann holte er tief Luft, hob fast unmerklich die Achseln und gehorchte. Sie lächelte und drückte ihm leicht die Schultern, dann sah sie wieder die Mayhews an.
»Zunächst haben Alfred und ich Ihnen mitzuteilen, dass nächste Woche Willard Neufsteiler an Bord der Tankersley hier eintreffen wird. Er reist vom Sternenkönigreich an und bringt Honors Testament mit.« Ein kühler Wind schien durch die behagliche Bibliothek zu ziehen, doch Allison achtete nicht darauf. »Da fast die Hälfte ihrer Geschäfts- und Anlageinteressen im Sternenkönigreich liegen, ist das Testament bereits nach manticoranischem Recht eröffnet und als wirksam erklärt worden. Die Abschnitte, die sich auf Grayson beziehen, müssen nun wohl hier bestätigt werden. Von den juristischen Details, den finanziellen Querverknüpfungen und Steueroptionen schmerzt mir der Kopf – da kartiere ich lieber ein gutes,
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