Honor Harrington Bd. 16
sie sich als Ertrinkende an eine Rettungsweste geklammert hätte.
Ich liebe dieses Mädchen.
Nachdem Thandi gegangen war, herrschte vielleicht eine halbe Minute lang Schweigen in der Abteilung. Dann zog Edie Habib eine angespannte Miene.
»Verdammt noch mal, einer muss ja vortreten und es sagen. Die beschissensten Aufgaben fallen wohl immer dem Eins-O zu. Also, herhören: Sie weiß zu viel.«
Rozsak sah rasch Huang an, dann Watanapongse. Das Gesicht des Marinesoffiziers war zu Stein erstarrt. Watanapongse wirkte ... wie eigenartig: heiter und gelassen.
Huangs Reaktion war vorhersehbar gewesen. Da er begriff, wie wichtig sie war, verlieh Rozsak dem Stein seine Stimme - wenn er sich eines nicht leisten konnte, dann das Vertrauen und die Loyalität seiner Gefechtsoffiziere zu verlieren. »Ich habe mein Wort gegeben, Edie. Einem meiner eigenen Offiziere.«
Doch Habib war ein ausgezeichneter I.O.; das bedeutete unter anderem, dass sie sich exzellent darauf verstand, beharrlich nach Fehlern zu stochern. »Jawohl, Captain, das ist wahr. Ich möchte Ihnen trotzdem sagen, was ebenfalls wahr ist - was jeder hier sehr gut weiß, einschließlich Kaos. In den Jahren, die vor uns liegen, werden Sie Ihr Wort noch oft genug brechen müssen, damit wir überhaupt damit rechnen können, unser Ziel je zu erreichen.«
Auch das war die einfache Wahrheit. Als Huang sie jedoch hörte, verhärtete sich sein Gesicht noch mehr.
»Dennoch«, entgegnete Rozsak, »bricht man sein Wort nicht leichthin. In dem Ruf zu stehen, sein Wort zu halten, ist einiges wert - vielleicht nicht sein Gewicht in Gold, aber dicht dran. Und auch diesen Ruf brauchen wir, um unser Ziel zu erreichen. Wenn es auf dem Weg des Ehrgeizes eine größere Fallgrube gibt denn schlauer zu sein, als gut für einen ist, dann weiß ich nicht, worin sie bestehen soll.«
Watanapongses Miene war heiter und gelassen geblieben. Rozsak bemerkte, wie neugierig ihn der Ausdruck des Lieutenant-Commanders machte.
»Warum ist Ihnen die Frage so gleichgültig, Jiri?«
»Weil sie akademischer Natur ist, deshalb. Solange hier nicht jeder plötzlich auf die Intelligenz einer Runkelrübe zurückfällt - nicht böse gemeint, Eins-O, Sie tun nur Ihren Job dann sollte es offensichtlich sein, wieso die Idee, Thandi Palane zu liquidieren, einfach nur dämlich ist. Nein, das reicht nicht. ›Irrsinnig‹ trifft es besser.«
»Wieso?«, verlangte Habib zu hören. Aus ihrem Tonfall sprach allerdings hauptsächlich Erleichterung. Sie hatte den Vorschlag keineswegs unterbreitet, weil ihr etwa die Idee gefiel. Vom Gegenteil überzeugen ließ sie sich ebenso gerne wie Rozsak.
Watanapongse richtete sich aus seiner entspannten, schlaffen Haltung auf. »Fangen wir damit an, dass ein Anschlag auf Palane ein wenig dem Versuch gleicht, ein Attentat auf einen Tiger zu verüben: leichter gesagt als getan. Wem hätten wir denn normalerweise mit solch einer Aufgabe betraut?«
Huang lachte rau. »Thandi Palane.«
»Exakt. Aber sehen wir davon einmal ab. Die Frau ist schließlich kein Übermensch. Mit unseren Mitteln fänden wir sicher einen Weg, sie zu töten. Der ... sogar funktionieren könnte. Und dann?«
Watanapongse schüttelte den Kopf. »O ja. Eine wirklich gute Idee: Um uns zu schützen - vor einer sehr vagen Gefahr, da Thandi Palane fast mit Sicherheit den Mund halten wird -, töten wir eine Frau, die gleichzeitig Folgendes ist« - er begann, es an den Fingern abzuzählen:
»Die Freundin des besten Agenten der Republik Haven; eines Mannes, der - ich habe ihn in Aktion gesehen - zu den tödlichsten Kämpfern gehört, denen Sie je begegnen werden.
Sie ist die Beschützerin und enge Freundin von Berry Zilwicki, deren Vater wahrscheinlich Manticores bester Agent wäre, wenn die Idioten ihn nicht rausgeschmissen hätten - und der sowohl in als auch ohne Uniform mehrmals bewiesen hat, wie gefährlich es ist, sich ihn zum Feind zu machen.
Außerdem - ach, wie schön! - würden wir eine Frau liquidieren, zu deren engen Bekannten nunmehr ein gewisser Jeremy X gehört. Von ihm haben Sie ja wohl gehört? Wenn Sie mehr über seinen Charakter erfahren möchten, erkundigen Sie sich doch einfach bei Manpower Unlimited. Fragen Sie nach der Abteilung für die Erfassung von Verlustzahlen.«
Er ließ sich wieder in den Sessel sinken, und das heitere Lächeln kehrte zurück. »Lassen Sie bloß die Finger davon, Captain. Wir haben hier eine seltene Gelegenheit, wo das Richtige und das Kluge zusammenfallen. In
Weitere Kostenlose Bücher