Honor Harrington Bd. 16
der gegenwärtigen Lage könnte ich mir nichts Dümmeres vorstellen, als Thandi Palane zu töten. Es sei denn natürlich, Sie möchten den Rest Ihres Lebens - das dann vermutlich recht kurz ist - damit verbringen, sich über die Schulter zu blicken.«
Als Watanapongse zum Ende gekommen war, blickte Edie Habib sehr reumütig drein. »Schoooooon gut«, sagte sie mit dünner Stimme. »Ich habe den Vorschlag überhaupt nie gemacht. Ehrlich nicht.«
Rozsak gluckste vor Lachen. »Sie haben nur Ihre Arbeit getan, Eins-O, wie immer. Ich finde allerdings, dass Jiri das Thema abgeschlossen hat. Und ich kann nicht behaupten, dass ich darüber unglücklich wäre. Nicht im Geringsten. Mit einem üblen Nachgeschmack komme ich klar, doch Thandi zu liquidieren hätte wirklich Fäulnis hinterlassen.«
Rozsak war davon ausgegangen, das Thema sei abgeschlossen, doch zu seiner Überraschung ergriff Watanapongse wieder das Wort.
»Außerdem ist es auch aus einem anderen Blickwinkel wahrscheinlich egal. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mittlerweile auch andere die Wahrheit über Steins Ermordung herausgefunden haben.«
»Wer?«, wollte Habib wissen. »Unsere Abschottung ist absolut wasserdicht, das steht fest.«
»Victor Cachat zum Beispiel. Bei ihm bin ich mir sicher.« Als er den ärgerlichen Blick bemerkte, den Habib durch den Raum auf ihn abschoss, schüttelte er den Kopf. »Nein, nein, Eins-O - nicht aus Bettgeflüster mit Thandi. Er ist schlau, das ist alles. Und wenn wir ehrlich sind, versteht er sich auf diese Sorte von Schattenoperationen besser als wir. Und er war mittendrin, vergessen Sie das nicht. Er wird die Sache mittlerweile durchschaut haben, täuschen Sie sich nicht.«
»Wer noch?«, knurrte Huang.
»Schwer zu sagen. Ich wäre aber nicht besonders überrascht, wenn diese altkluge manticoranische Prinzessin Bescheid wüsste - die echte, meine ich. Ruth Winton. Anton Zilwicki erfährt es ganz bestimmt. Ebenso einige Erewhoner. Schließlich ist es so schwer ja nun auch nicht zu erraten. Nicht für jemanden, der sich im Geschäft auskennt und einen Blick auf die Entschlossenheit wirft, mit der Thandi dafür gesorgt hat, dass es keine Zeugen gibt.«
Rozsak war weder wirklich überrascht noch ärgerlich. Mit dieser Möglichkeit hatte er von Anfang an gerechnet.
»Okay«, sagte er. »Dann wird es jetzt Zeit für eine Frontbegradigung. Apropos« - er lächelte nun -, » von Smoking Frog bringe ich gute Neuigkeiten. Ich habe den Gouverneur gesprochen, und er war zutiefst entsetzt über das, was ich ihm leider melden musste. Gestehen trifft es wohl eher. O ja. Schockiert und entsetzt, das war er. Doch er hat es auch so gesehen: Congo liefert uns eine hervorragende Gelegenheit, den ganzen Schmutz unter einen strahlend reinen Teppich zu kehren.«
Die gesamte Abteilung sah nun fröhlich aus. »Tatsächlich«, sagte Jiri. »Tja, wenn ein Anschlag verübt wird, grassieren immer irgendwelche Verschwörungstheorien. Doch wer außer einer Hand voll Nörgler wird sie schon glauben - wenn man gleichzeitig sieht, welch glorreiche Rolle Captain Rozsaks Flottille bei der Befreiung von Congo gespielt hat? Insbesondere, wenn die Mitwisser - ausnahmslos - guten Grund haben, den Mund zu halten ? Zumal der Erfolg der Befreiung in beträchtlichem Maße davon abhängt, dass man sich das Wohlwollen des Maya-Sektors und seines Gouverneurs erhält.«
Rozsak räusperte sich, ein scharfer Laut. »Und außerdem - darauf besteht der Gouverneur - muss Cassetti die Schuld auf sich nehmen. Im Stillen natürlich. Doch das sollte genügen, um jeden zufrieden zu stellen, der die Wahrheit kennt und ein Opferlamm fordert. Einen Sündenbock wohl eher. Cassetti war zu offensichtlich in die Macht verliebt, als dass er beliebt sein konnte. Er taugt sehr gut für diese Rolle, und danach ist er aus dem Weg.«
Er lachte. »Eigenartig, nicht wahr? Wie sich manchmal alles zusammenfügt? Auch diesen Auftrag hätte ich Thandi Palane übertragen. Und ich glaube nicht, dass es ihr die geringsten Gewissensbisse bereitet hätte.«
Huang prustete leise, als hätte er etwas sagen wollen, verkniff es sich jedoch. Rozsak sah ihn an. Als er in seinen Augen erkannte, was er meinte, blickte er weg.
Na, das ist gut, Kao. Schattenoperationen im Exzess. Ich vermute sogar, dass Palane nichts dagegen hätte, uns diesen letzten Gefallen noch zu erweisen.
»Vielleicht...«, überlegte er laut, »...er ist noch immer hier, er wohnt im The Suds, wie Sie wissen ... Vielleicht
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