Honor Harrington Bd. 16
Maya-Sektor für die neue Sternnation die sichere und mächtige neutrale Basis wäre, die für jede Befreiungsbewegung ein unschätzbares Reservoir darstellt.
Auf der anderen Seite wäre es für die solarischen politischen und militärischen Kräfte, die mit Gouverneur Barregos zusammenhingen, von unschätzbarem Vorteil gewesen, sich wenigstens in einen dünnen Heiligenschein der moralischen Wackerkeit hüllen zu können. Von der Notwendigkeit abgesehen, den wahren Hintergrund für die Ermordung Steins zu verschleiern - den ohnehin nur wenige kannten -, standen der Solaren Liga einige Turbulenzen bevor. Barregos beabsichtigte, sich von Anfang an in eine Position der moralischen
Überlegenheit zu bringen - und Congo sollte sie untermauern.
Thandi hatte ihre Zweifel gehabt, doch Du Havel hatte augenblicklich zugestimmt. Und später, nachdem Rozsak und sein solarischer Stab gegangen und sie unter sich waren, hatte er seine Ansichten näher dargelegt.
»Von ihrer Seite aus ein raffinierter Schachzug. Barregos kann mit Sicherheit kein anderer Politiker in der Liga das Wasser reichen. Das heißt, dass er zwar nicht die öffentliche Meinung zum Fetisch macht, aber auch nicht so dumm ist, den verbreiteten Fehler erfahrener Politiker zu begehen und sie zu unterschätzen.«
Thandi musste ein zynisches Gesicht gezogen haben. Als Du Havel es sah, schüttelte er den Kopf. »Übertragen Sie die Wirklichkeit der OFS-Planeten nicht auf sämtliche Ligawelten. Gewiss, es besteht kein Zweifel, dass die tatsächliche Kontrolle über die Liga - im Sinne des Tagesgeschäfts - in den Händen von Bürokraten und Konzernen liegt. Doch das gilt nur oberhalb des Niveaus der großen Sonnensysteme der Alten Liga - und dort nur aufgrund von Duldung. Wenn die herrschenden Kräfte in der Liga stets um eines besorgt waren, dann darum, die riesigen Bevölkerungen der inneren Welten nicht aufzubringen. Aber ich denke, ihr Glück geht ihnen aus, wenn ich mich nicht sehr irre. Die Befreiung Congos, unmittelbar gefolgt von der Gründung einer Sternnation der Ex-Sklaven und ihrer Kriegserklärung an Mesa wird alles aufrütteln. Und darum ...«
Er lächelte fröhlich und blickte Anton Zilwicki an. »Bin ich so froh, dass Anton jeden Gefallen eingefordert hat, den die Medien im Laufe der letzten Jahrzehnte der Anti-Sklaverei- Liga schuldig geworden sind. Diese bombastische Militäraktion wird vor den Holorekordern der gesamten Milchstraße stattfinden, nicht in irgendeinem unbekannten Grenzsystem, wo die Bürokraten die Reporter fern halten können, bis eine Tarngeschichte präsentiert werden kann. Ich garantiere, dass sie in der gesamten Liga Schlagzeilen macht - und dass die neue Sternnation bei einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung sehr populär sein wird. Seit Jahren schnalzt jeder solarische Beamte die Zunge über die Ungerechtigkeit der Gensklaverei, während er gleichzeitig dafür sorgt, dass nichts dagegen unternommen wird. Jetzt werden die Bürokraten zum Handeln gezwungen - wobei Gouverneur Barregos als der dynamische führende Politiker der Liga im Rampenlicht steht, der eine Schlüsselrolle in der Affäre gespielt hat. Sie werden ihm natürlich am liebsten die Kehle aufschlitzen wollen. Aber er ... hat dafür gesorgt, dass das nun zehnmal schwieriger sein wird als bisher.«
»Besonders nachdem die Renaissance Association sich einschaltet«, fügte Anton hinzu. »Sie hat noch bessere Beziehungen zu den solarischen Medien als die Anti-Sklaverei-Liga, und sie wird alle Register ziehen, sobald ich Jessica Stein informiere, was vor sich geht.« Er räusperte sich. »Was ich tun werde, sobald es zu spät ist, als dass sie noch etwas verpfuschen könnte.«
Nachdem sie die letzte Inspektion hinter sich gebracht hatte, kehrte Thandi zu der Lastschleuse zurück, aus der sie den 1. Zug führen würde. Zu ihrer Überraschung war Berry dort. Die zukünftige Königin nahm persönlich eine letzte Inspektion der Truppe vor. Falls man Berrys formlose Weise, sich unter die Soldaten zu mischen, überhaupt als Inspektion bezeichnen konnte. Selbst die hartgesottenen Marineinfanteristen schienen bezaubert von ihr zu sein. Es war, als würde man von jedermanns kleiner Lieblingsschwester verabschiedet.
»Was machst du denn hier?«, verlangte Thandi leise zu erfahren; fast zischte sie. »Es geht gleich los. Verschwinde hier, Mädchen. Wir können es uns nicht leisten, dich zu verlieren.«
Berry lächelte. Sie nahm Thandi beim Arm und führte sie an die
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