Honor Harrington Bd. 16
Gönner ihr ein wenig die soziale Unbeholfenheit nahm - eine Taktik, die er bei Untergebenen überhaupt nicht gern anwendete. Dass ihm die Verführung gelungen wäre, hätte er es darauf angelegt, bezweifelte er nicht im Geringsten: Der Lieutenant zeigte alle Anzeichen einer jungen Frau, die in ihren glamourösen Chef verknallt war. Er war jedoch zu dem Schluss gekommen, dass ein solches Vorgehen Palanes Entwicklung eher geschadet als vorangetrieben hätte, ganz abgesehen von den offfensichtlichen Gefahren für die allgemein Disziplin.
Diesen Schluss hatte er durchaus mit einigem Bedauern gezogen. Der Lieutenant war eine sehr attraktive junge Frau, und umso mehr, als die genetische Spielart, der sie entstammte, weit genug außerhalb der üblichen Parameter der nun stark durchmischten menschlichen Spezies lag, um Rozsaks Geschmack für das Exotische anzusprechen. Doch einer der Gründe für Luiz Rozsaks raschen Aufstieg war seine eiserne Selbstdisziplin. Seinem Ehrgeiz ließ er nichts in den Weg geraten, weder seine Abneigung gegen Schattenoperationen noch die Aussicht auf ein Bettvergnügen mit einer schönen jungen Frau.
»Was ist mit Ihren Amazonen, Thandi? Vielleicht schaffen sie es.«
Ihr Zögern kannte er schon und musste einen Seufzer unterdrücken. Obwohl sie nun etliche Monate in Rozsaks direkter Umgebung arbeitete, war Lieutenant Palane noch immer nicht wohl bei dem Gedanken, ihrem Vorgesetzten zu widersprechen.
Zum Glück verfügte Edie Habib über alle Instinkte und Fertigkeiten eines überragenden Ersten Offiziers - was sie auch gewesen war, als Rozsak noch ein Schiff kommandierte.
»Kommen Sie, Thandi, spucken Sie es schon aus. Ich verspreche Ihnen, dass der Captain Ihnen dafür nicht den Kopf abreißt.«
Ein weiteres Lachen zog durch den Raum, doch diesmal war es keineswegs rau. Die meisten Anwesenden waren irgendwann einmal in der gleichen Position wie Thandi gewesen, und sie standen ihrer Not durchaus verständnisvoll gegenüber. Rozsaks Führungsstil war in den Streitkräften der Solaren Liga recht ungewöhnlich, wo die meisten höheren Offiziere auf Einwände von Untergebenen nicht sehr freundlich reagierten. Man brauchte Zeit, um sich daran zu gewöhnen.
Sie zögerte allerdings nur kurz. So viel hatte Lieutenant Palane doch schon gelernt: Es gab nur eines, womit man den Zorn des Captains auf sich herabbeschwören konnte, nämlich um den heißen Brei herumzureden oder zu versuchen, das zu sagen, von dem man glaubte, dass er es hören wolle.
»Das ist keine gute Idee, Sir. Meiner Meinung nach jedenfalls nicht«, fügte sie hastig hinzu.
Rozsak legte den Kopf schräg und ermutigte sie, ihre Überlegung näher auszuführen.
»Die Sache ist die, dass meine ... äh, ›Amazonen‹, wie Sie sie nennen, ihren Arsch im Grunde nicht vom Ellbogen unterscheiden können.« Sie ließ ein nervöses Lächeln aufblitzen, das blendend genug war, dass Rozsak einmal mehr seine Entscheidung bedauerte, persönlich auf Distanz zu ihr zu bleiben. »Sie erinnern mich in der Hinsicht sehr an mich.«
Erneut leises Lachen, in das Rozsak einfiel. Offensichtlich entspannter fuhr Thandi fort:
»In meinen Augen ist das Problem Folgendes: Ich bezweifle zwar nicht, dass wir Zilwickis Aufmerksamkeit erregen, wenn wir sie ihm unter die Nase halten - besonders wo eine seiner Töchter ihn begleitet...«
»Wohl kaum!«, rief einer der Navy-Lieutenants auf, die an der Wand lehnten. Jerry Manson war es. »Wenn Zilwicki auf Erewhon die Witterung von ein paar Schwätzern aufnimmt, dann bringt ihn das in Harnisch wie einen Hund, der eine Katze wittert.«
Rozsak bemerkte, wie sich Thandis Gesicht plötzlich verhärtete, und räusperte sich. Manson war ein Problem, und Rozsak beschloss, dass es angebracht sei, ihm hier und jetzt eine Rüge zu erteilen.
»Lieutenant Palane hat bereits einmal darum gebeten, dass wir diesen Begriff vermeiden, wenn wir von ihrer Spezialeinheit sprechen. Wie Sie sich vielleicht erinnern, habe ich ihr zugestimmt. Ein Befehlshaber, der schlecht von seinen Leuten spricht - oder zulässt, dass sich jemand verächtlich über sie äußert -, steht im Fall der Fälle mit leeren Händen da, meine Damen und Herren.«
Die Röte auf Mansons Gesicht bestätigte Rozsak im Verein mit Thandis dankbarer Miene, dass er verstanden worden war. In mehrerer Hinsicht sogar, nicht zuletzt dahingehend, dass jeder sich erinnerte, dass der Captain zwar entspannt und umgänglich sein mochte, aber trotzdem der Captain
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