Honor Harrington Bd. 16
erhalten. Von Cassetti, sollte ich wohl lieber sagen, denn ich bezweifle sehr, dass Gouverneur Barregos irgendetwas davon weiß. Doch es sind immer die besten Einheiten, die man in die schlimmsten Einsätze schickt. Das ist seit Ashurbanipal so, meine Damen und Herren, also hat es gar keinen Sinn, sich darüber zu beschweren. Geändert hat sich nur, dass wir mit schnelleren und klimatisierten Streitwagen in die Schlacht ziehen. Also werden wir auch diese Sache ordentlich hinter uns bringen, wie man es von der besten Einheit erwarten darf. Haben wir uns verstanden?«
Rasch nickten die Offiziere, doch sie entspannten sich auch ebenso schnell. Rozsak war der Ansicht, dass er den besten Stab - den besten inneren Kreis, wenn er offen sein sollte - in der gesamten Solarian League Navy sein Eigen nannte. Und ganz eindeutig war sein Stab der gleichen Ansicht.
»Inzwischen sollten wir, wie schon gesagt, die gute Seite sehen. Wenn diesmal alles läuft, wie es laufen sollte, schlachten wir diesmal kein Vieh, sondern Schweine.« Das Lächeln, das er zu diesen Worten aufsetzte, umfasste keinerlei nennenswerten Humor.
»Amen«, murmelte Huang. Der stämmige Lieutenant-Colonel der Marines lächelte nicht einmal ansatzweise. Wie ein unverhältnismäßig großer Prozentsatz von Rozsaks innerem Kreis - und den meisten echten Kampfeinheiten in den Streitkräften der Solaren Liga - stammte auch Huang von einem Grenzplaneten. Während seiner Karriere hatte er von den Lippen der Vorgesetzten, die auf einem inneren Planeten der Liga geboren waren, nicht nur einmal das verächtliche Wort ›Sepoy‹ gehört.
Von Rozsak natürlich niemals. Der Captain war nicht eigentlich ein ›Sepoy‹, weil er immerhin von einem Planeten stammte, der nicht mehr vom OFS verwaltet wurde. Dennoch glich er eher den ›Sepoys‹, und er hatte sich vor allem mit Geschichte befasst. Der Captain war es gewesen, der Huang am gleichen Tag, an dem er ihn in seinen Stab berufen hatte, von einem alten historischen Ereignis erzählte, das man den Indischen Aufstand nannte. Aber diesmal machen wir es richtig.
»Amen«, wiederholte er.
Nach den Einzelbesprechungen, die auf die Stabskonferenzen folgten, beendete Rozsak den langen Tag mit einem letzten kurzen Gespräch mit Habib. Der weibliche Commander war fast seit Beginn von Rozsaks Karriere bei ihm, und welche Dienstbezeichnung sie aktuell auch trug, für ihn war sie immer ›der I.O.‹
»Was denkst du, Edie? Besteht auch nur eine winzige Chance, dass das Vehikel von Cassettis ach so klugem Plan nicht aus der Spur gerät, bevor wir auch nur die halbe Strecke hinter uns haben?«
Habib zuckte mit den Achseln. »Das hängt davon ab, wie wir unsere Arbeit machen. Und vergiss die gute Seite nicht, wenn ich mir eine deiner Lieblingswendungen ausleihen darf. Wir wollen schließlich gar nicht, dass besagtes Vehikel sein Ziel erreicht. Es soll nur so weit kommen, dass es Cassetti überrollt und unter seinen Rädern zermalmt, wenn alles zum Teufel geht. Den Rest des Weges können wir dann bequem zu Fuß gehen. Nach dem Unfall empfängt uns der Gouverneur mit offenen Armen.«
Rozsak grinste kalt. »Mit Worten kannst du wirklich gut umgehen, Eins-O. Hab ich dir das je gesagt?«
»Nein. Aber vielleicht kann ich Dichterin werden, wenn du Schiffbruch erleidest.«
Sie lachten gemeinsam. Tatsächlich bestand eine gute Chance, dass Rozsak früher oder später Schiffbruch erlitt. Doch dann strandete Habib mit ihm, so viel stand einmal fest.
»Statt Vieh Schweine schlachten«, murmelte Habib. »Auch nicht schlecht formuliert, Luiz. Mir gefällt, wie das klingt.«
»Das habe ich mir gleich gedacht.« Rozsak blickte zu dem Fenster, hinter dessen Vorhängen sich das Suds Emporium erhob. »Was das angeht, werden wir dabei wohl auch eine hübsche Anzahl an Schlangen und Skorpionen umbringen.«
»Amen darauf.«
9
Auch Lieutenant Thandi Palane dachte an Schlangen und Skorpione, während sie zu der Suite des Hotels ging, in der ihre Spezialeinheit einquartiert war. In die Zimmerflucht einzutreten war für sie, als begebe sie sich in ein Nest voll gefährlicher Tiere.
Doch als sie die Türe hinter sich schloss, verdrängte sie die Analogie aus ihrem Kopf. Sie war unfair und ohnehin mehr ein Spiegelbild ihrer trüben Stimmung, als dass sie irgendetwas aussagte über ihre ...
› Ladys ‹.
Rozsaks geistreiche Stichelei lockte ein mildes Lächeln auf ihr Gesicht, und gleichzeitig vertiefte sie ihre Depression. Sein Sinn für
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