Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
abgesegnet hatte, war Bernard den Schwarzen Peter ebenfalls los. Das bedeutet, die Verantwortung verliert sich irgendwo zwischen ihrem und seinem Schreibtisch, ohne dass es sich auf die Karrieren der beiden auswirken könnte, falls das Ganze doch noch schiefliefe.«
Einen Moment lang blickte Okiku ihn misstrauisch an, als vermute sie, auf den Arm genommen zu werden. Mit einem Achselzucken blickte sie al-Fanudahi an.
»Gut, ich nehme einfach zur Kenntnis, dass es so läuft, Captain. Aber ich glaube nicht, dass Sie dieses geheime, konspirative Treffen nur arrangiert haben, um sich darüber zu beschweren, dass man Ihre Ratschläge missachtet hat.«
»Das habe ich auch nicht«, sagte al-Fanudahi grimmig. »Die Sache ist die, Colonel: Allmählich zeichnet sich in dem ganzen Schlamassel ein Muster ab. Ich selbst sage mir auch immer wieder, dass man nie etwas der Böswilligkeit – oder den Entscheidungen des Gegners – zuschreiben darf, was sich auch mit guter alter Inkompetenz und bürokratischer Trägheit erklären lässt. Wenn man dann auch noch Vetternwirtschaft hinzunimmt, die in der Navy ja nun einmal gang und gäbe ist, die Filzokratie, die Korruption, die Bestechungen und den Karrierismus, dann lässt sich damit praktisch alles erklären. Da braucht man nicht auch noch böswilligen äußeren Einfluss anzunehmen. Nur dieses Mal steckt doch mehr dahinter.«
Der Captain stockte. Ganz offenkundig scheute er sich davor, seine Gedanken in Worte zu fassen. Okiku lächelte dünn.
»Lassen Sie mich raten, Captain: Sie werden jetzt gleich erklären, für die jüngsten Ereignisse sei sehr wohl ein böswilliger äußerer Einfluss erforderlich – und zwar in Form des Mesanischen Alignments, von dem die Mantys dauernd reden, richtig?«
»Bis zu einem gewissen Grade, ja«, erwiderte er. Erneut verfiel er in Schweigen und schaute den Lieutenant Colonel forschend an.
»Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, wie verrückt das klingt«, meinte Okiku schließlich. »Und obwohl ich den Verlautbarungen des Ministeriums für Bildung und Information normalerweise nicht allzu viel Glauben schenke, scheint es mir doch deutlich wahrscheinlicher, dass sich Manticore das Ganze nur aus den Fingern gesogen hat, um eigenes Handeln und Machtstreben zu rechtfertigen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand eine interstellare Verschwörung über mehrere T-Jahrhunderte geheim halten kann, ohne dass irgendjemand davon Wind bekommt. Die Erklärung des Permanenten Leitenden Staatssekretärs Abruzzi dazu hört sich für meine Ohren schlüssig an: Derartige Behauptungen seien von jemandem zu erwarten, der zugelassen hat, dass der Ballroom diese Bomben in Green Pines zünden konnte.«
»Ich verstehe«, sagte al-Fanudahi tonlos.
»Ich habe hier ein Problem, Captain«, fuhr Okiku fort. »Ich bin von Natur aus sehr misstrauisch. Genau deswegen habe ich mich ja auch auf Kriminalistik spezialisiert. Na ja, dazu kommt, dass ich noch nie sonderlich daran interessiert war, draußen in den Protektoraten zu Ehren des Liga-Amtes für Grenzsicherheit irgendwelchen armen Leuten den Schädel einzuschlagen.« Sie verzog das Gesicht. »Mein Gehirn wird automatisch misstrauisch, wenn die Dinge einfach zu gut zusammenpassen. Das ist ganz hilfreich, wenn man das Alibi eines Verdächtigen auseinandernehmen muss. Und eines habe ich mittlerweile gelernt: Wenn etwas einfach zu gut zusammenpasst, um wahr zu sein, dann ist es das meistens auch nicht. Wahr, meine ich. Das echte Leben ist eher schlampig, nicht sauber und gründlich.«
»Ich verstehe«, wiederholte al-Fanudahi, doch dieses Mal in einem gänzlich anderen Tonfall. Kurz huschte ein Lächeln über Okikus Gesicht.
»Verstehen Sie mich bitte nicht falsch!«, warnte sie ihn. »Ich werde mir von Ihnen gewiss keinen Bären aufbinden lassen, Captain! Wenn Sie mich an Bord holen wollen, dann müssen Sie mir schon etwas Besseres bieten als nur ein paar aus der Luft gegriffene Vermutungen. Andererseits bürgt Bryce für Sie«, kurz deutete sie mit dem Kinn in Tarkovskys Richtung, »und ihn halte ich für einen ausgesprochen guten Leumundszeugen. Deswegen haben Sie zumindest einen gewissen Glaubwürdigkeitsvorschuss bei mir.«
»Ich werde mich bemühen, das Vertrauen, das Sie in Bryce setzen, nicht zu enttäuschen«, versprach ihr al-Fanudahi.
»Gut. Also, worum geht’s denn nun?«
»Bislang habe ich noch keine Ahnung, wie viel von dem, was uns die Mantys zu verkaufen versuchen, tatsächlich der Wahrheit
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