Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
und ansonsten einfach zu ignorieren.
Und genau da ist mir dann Irene in die Hände gelaufen.«
Unvermittelt lächelte er seine Kollegin von der Grenzflotte an.
»Ich habe zwar eine Weile gebraucht, sie ganz auf die schiefe Bahn zu bringen. Aber nachdem ich ihr diese bösen, bösen Berichte vorgelegt habe, die ich im Laufe der Zeit zusammengetragen habe, ist sie innerhalb kürzester Zeit auch zu einer Unberührbaren geworden. Wenigstens habe ich ihr einbläuen können, auf keinen Fall zu viel zu sagen und immer schön brav den Mund zu halten. Es ist doch schon schlimm genug, dass einer von uns beiden als völlig durchgeknallt gilt. Ich dachte mir, wenn beim Flottennachrichtendienst der Centicred erst einmal gefallen wäre, würde man dringend jemanden benötigen, der weiß, was da draußen so vorgeht. Ich war mir sicher, dann würden sie als Erstes mich absägen, weil ich es gewagt hatte, den herrschenden Kreisen zu zeigen, dass sie sich getäuscht haben. Deswegen wollte ich Irene aus der Schusslinie halten, damit sie diejenige sein könnte, die man dann unbeleckt von diesen Querelen als Expertin aus dem Hut zaubern könnte. Aber dann ist die ganze Geschichte mit den Mantys völlig außer Kontrolle geraten, anscheinend völlig aus dem Nichts heraus. Und plötzlich bitten mich Leute wie Admiral Thimár, Einsatzbesprechungen zu leiten.
Hat der Elften Flotte natürlich auch nicht viel geholfen.«
Abrupt verschwand das Lächeln von seinem Gesicht.
»Ich habe mein Bestes gegeben, Jennings, Bernard und Kingsford davon zu überzeugen, dass der ganze Einsatz Wahnsinn ist. Aber man hatte kein Interesse daran, mir zuzuhören. Vor allem Bernard schien fest entschlossen, Unternehmen Heiliger Zorn als sinnvolle strategische Option voranzutreiben. Sie war nicht bereit, sich etwas anzuhören, das ihren brillanten Vorschlag möglicherweise nicht ganz so rosig hätte erscheinen lassen.«
Der Captain schwieg und hob fragend eine Augenbraue. Okiku nickte. Sie gehörte der Gendarmerie an, nicht dem Militär, doch auch ihr waren diese Namen ein Begriff. Flottenadmiral Evangeline Bernard war die Leiterin des Strategie- und Planungsamtes. Flottenadmiral Winston Kingsford, der Kommandeur der Schlachtflotte, war nur noch dem Chef des Admiralstabs der Solaren Liga unterstellt, Flottenadmiral Rajampet. Und Admiral Willis Jennings war Kingsfords Stabschef.
»Kingsford schien seine Zweifel zu haben«, fuhr al-Fanudahi daraufhin fort, »aber Einwände hat er nicht erhoben. Er hat auch nicht versucht, von mir weitere Informationen zu erhalten. Das brachte mich zu dem Schluss, hinter dem ganzen Unternehmen müsse Admiral Rajampet persönlich stecken. Wahrscheinlich handelte Bernard in dem Glauben, die Moral der Mantys müsse nach dem Angriff auf ihr Heimatsystem kurz vor dem Zusammenbruch gestanden haben. Aber Bernard hätte Unternehmen Heiliger Zorn niemals in dieser Art und Weise vorangetrieben, wenn sie nicht in höchsten Kreisen Unterstützer gehabt hätte. Da Kingsford sich vor Enthusiasmus nicht gerade überschlagen hat, bleibt nur einer übrig, der hinter Bernard stehen konnte.«
»Wenn das Ganze Rajampets Idee war, wieso hat er das Unternehmen dann nicht persönlich vorangetrieben?«
»So funktioniert das Spiel nun einmal nicht, Natsuko«, mischte sich Tarkovsky ein. »So etwas nennt man ›die Fähigkeit zum glaubhaften Dementi wahren‹. Ich hoffe, Daud und Irene sind nicht sauer auf mich, wenn ich es so offen ausspreche: Aber die Navy ist heutzutage doch deutlich mehr ein Bürokratenschwarm als eine Kampfmaschine. Es ist viel wichtiger, die richtigen Papiere vorweisen zu können, als eine sinnvolle Strategie zu entwickeln. Wenn Rajampet Bernard dazu bringen konnte, Heiliger Zorn voranzutreiben, brauchte er für die Operation nicht selbst die Verantwortung zu übernehmen. Er hat dann eben, wie es die Aufgabe eines jeden guten Offiziers ist, seinen Untergebenen einfach nur aufmerksam zugehört – eben jenen Untergebenen, deren Aufgabe es ja auch ist, strategische Empfehlungen abzugeben und ihm verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl zu stellen. In gewisser Weise ist das auch gleich noch ein Schutz für Bernard. Sie hat die Strategie empfohlen, aber die Strategie in die Tat umsetzen zu lassen, stand eben nicht in ihrer Macht. Die Entscheidung, ihrer Empfehlung tatsächlich zu folgen, lag bei den operativen Kommandeuren, denen es ja stets freigestellt ist, ob sie Empfehlungen folgen oder nicht. Nachdem Rajampet Heiliger Zorn
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