Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
gleich im Stehen!«
»Oh ja!« Elizabeth lachte leise und lächelte voller Zuneigung.
Dame Arethea Hart, Gräfin Middlehill, war Elizabeths oberster Hausmeier. Als solche war sie dafür verantwortlich, auf Anweisung von Haushofmeister Jacob Wundt sämtliche Aufgaben zu erfüllen, die bei derartigen offiziellen Staatsakten anfielen. Mittlerweile wirkte die Gräfin sehr gehetzt.
»Stimmt, wir treiben sie sicher noch in die Erschöpfung«, meinte Elizabeth. »Trotzdem, Honor, hat sie Spaß bei der Sache. Und jetzt darf sie sich auch noch um ein historisches Novum kümmern, den ersten Staatsbesuch eines Protectors von Grayson!« Die beiden Frauen blickten einander an. »Das Einzige, worauf sie sich noch mehr freut, ist, wie du weißt, die Hochzeit von Roger und Rivka!«
»Na gut, stimmt schon. Trotzdem finde ich, sie sieht aus, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen.«
Dass sich die Ausstiegsluke des Shuttles öffnete, brachte Elizabeth um die Erwiderung, zu der sie schon angesetzt hatte.
Das Landefeld war umringt vom Palastschutz und dem Queen’s Own der Royal Manticoran Army. Nicht minder zahlreich waren der Palastschutz von Grayson und die Leibwache des Protectors vertreten. Die graysonitische Vorhut, die sechs Stunden vor Benjamins Shuttle eingetroffen war, hatte sich mühelos zwischen Colonel Shemais Männern und Frauen eingereiht. In die offene Luke des Shuttles trat ein breitschultriger, wettergegerbter Major mit allmählich ergrauendem rotem Haar hinaus. Mit einem raschen Rundumblick sog er jedes Detail der Sicherheitsvorkehrungen auf, trat dann einen Schritt zur Seite und nahm Haltung an.
Dem Major folgte Benjamin Mayhew, hinter ihm kamen seine beiden Ehefrauen Katherine und Elaine. Seit Elizabeths Staatsbesuch auf Grayson waren gerade einmal sieben Jahre vergangen. In dieser kurzen Zeit aber war Benjamin sichtlich ergraut, was Elizabeth mitten ins Herz traf. Er hielt sich immer noch genauso aufrecht wie früher; doch sein Gesicht hatte mehr Falten denn je. Elizabeth fragte sich, ob sie es sich einbildete oder sich der Protector tatsächlich ein wenig langsamer bewegte als früher.
Er ist sechs Jahre jünger als ich , dachte sie, und dreizehn Jahre jünger als Honor. Aber er sieht älter aus als wir.
Das stimmte. Jeder Angehörige einer Vor-Prolong-Kultur hätte gewiss steif und fest behauptet, der Altersunterschied zu Honor müsse umgekehrt sein … und doppelt so groß.
Deutlicher hätte man Elizabeth nicht vor Augen führen können, dass Benjamin Mayhew nie in den Genuss einer Prolong-Behandlung gekommen war. Er bekäme auch nie mehr eine. Elizabeth verspürte eine Vorahnung des Verlustes, den sie zweifellos früher oder später zu beklagen hätte. Es ging nicht nur darum, dass sie einen wertvollen politischen und zugleich auch militärischen Verbündeten verlöre. Sie verlöre einen guten Freund. Sie hatten regelmäßig Nachrichten ausgetauscht, einander zu Weihnachten und zu Geburtstagen Geschenke gesandt. Es hatte neben den offiziellen zahlreiche private Videobotschaften gegeben. Nichts hatte Elizabeth vorgewarnt. Sie hatte sich ihr Bild von Benjamin bewahrt. Bis jetzt. Bis sie ihn hier sah, auf diesem vertrauten Gelände.
Ach, jetzt hör schon auf! , heischte sie sich innerlich an. Ja, du wirst ihn verlieren – irgendwann . Du hast das schon immer gewusst – nein, ihr beide habt das schon immer gewusst. Aber es wird nicht schon morgen so weit sein! Im Augenblick kann keiner von euch beiden, er nicht, du nicht, gebrauchen, wenn du sentimental wirst! Außerdem , rasch blickte sie zu Honor hinüber, gibt es andere, die ihn, ist es erst so weit, noch viel mehr vermissen werden als du.
Honor wirkte, als habe sie den kurzen Seitenblick nicht bemerkt. Elizabeth aber wusste, dass das nicht stimmte.
»Dann sollten wir jetzt unsere Gäste begrüßen, Hoheit«, meinte sie.
»Eine ausgezeichnete Idee, Eure Majestät«, sagte Honor.
»Und wer kümmert sich ums Geschäft, während Sie sich kreuz und quer in der Galaxis herumtreiben?«, fragte Elizabeth fast eine Stunde später.
»Floyd wird schon alles im Griff haben«, erwiderte Benjamin und schwenkte fröhlich sein Glas mit Eistee. »Er schien mir zwar nicht gerade begeistert, dass ich mich auf und davon mache, aber ich glaube, das wird für ihn eine gute Übung.«
Elizabeth hatte Floyd Kellerman, den Kanzler von Grayson, noch nicht persönlich kennengelernt. Aber mittlerweile hatte sie auch mit ihm so manche diplomatische Note ausgetauscht.
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