Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
William Alexander hingegen kannte Kellerman. Elizabeth wusste daher, dass Benjamin Kellermans Reaktion heruntergespielt haben dürfte. Kellerman, noch keine vierzig Jahre alt, war Kanzler geworden, weil er ein Naturtalent war. Seines Alters wegen aber versuchten einige der älteren Gutsherren von Grayson unablässig, ihn in ihrem Sinne zu beeinflussen … vor allem, wenn sie glaubten, Benjamin würde es nicht bemerken.
»Zu behaupten, Floyd sei nicht gerade begeistert gewesen, ist ein wenig untertrieben, mein Lieber«, meinte Katherine Mayhew trocken und bestätigte damit Elizabeths Vermutung. »Wahrscheinlich war er der irrigen Annahme, für Aufgaben wie das Aushandeln von Bündnisverträgen hättest du einen Außenminister.«
»Was für eine langweilige, konventionelle Einstellung!« Betrübt schüttelte Benjamin den Kopf. »Außerdem hat Uriah anderweitig zu tun.«
»Ach ja?« Elizabeth neigte den Kopf zur Seite. Bruder Uriah Madison war ihr ein Begriff. Als Lord Berilynko, der bisherige Außenminister des Protectorats von Grayson, in Ruhestand gegangen war, hatte Reverend Jeremiah Sullivan persönlich Madison als Nachfolger empfohlen. Elizabeth war von dem Mann beeindruckt gewesen. »Ich hatte mich schon gefragt, warum Sie Michael beauftragt hatten, die Rohfassung des Vertrags zu unterzeichnen, nicht Bruder Uriah. Gehört das zu den Dingen, nach denen sich ein anderes Staatsoberhaupt erkundigen darf, oder gebietet hier der Takt, auf jedwede Form der Neugier zu verzichten?«
»Um genau zu sein«, erwiderte Benjamin, »gab es zwei Gründe, Michael statt Uriah nach Manticore zu schicken. Zum einen stand zu erwarten, dass einige der widerspenstigeren Schlüssel Zweifel daran äußern würden, mit einem langjährigen Feind Frieden zu schließen. Deswegen lag es mir sehr am Herzen, dass ein Mayhew unmittelbar an den Verhandlungen teilnimmt. Wir sind ein sehr traditionsbewusstes Volk, Elizabeth, und der Name Mayhew hat immer noch Gewicht. Da Mike den Bündnisvertrag unterzeichnet hat, dürfte sich nur ein äußerst verwegener Gutsherr gegen die Ratifizierung aussprechen.«
»Das verstehe ich.« Elizabeth nickte. Aus ziemlich genau den gleichen Gründen setzte auch die Dynastie Winton häufig Familienangehörige als Sonderbevollmächtigte ein. Außerdem hatte es Elizabeth in gewisser Weise ebenso gehalten, als sie Honor nach Haven geschickt hatte, um die Verhandlungen ans Laufen zu bringen.
»Und zweitens«, fuhr Benjamin fort, »ging hier alles derart … nun, derart rasch, dass ich Uriah zu Gesprächen mit jemand anderem schicken musste.« Er suchte Elizabeths Blick. »Als ich zur Erkundung der Lage die Fühler ausstreckte, war mir, als wäre Walter Imbesi daran gelegen, die Wogen ein wenig zu glätten. Damit Wogen zu glätten, will ich meinen, sind wir allesamt gerade beschäftigt. So schien es eine gute Idee, ein wenig nachzuhorchen, was Imbesi so vorschwebt.« Der Hauch eines Lächelns umspielte Benjamins Lippen. »Das bringt natürlich jeden, der involviert ist, in eine … heikle Lage, könnte man wohl sagen.«
»Ich habe Verständnis für Ihre Wortwahl«, versetzte Elizabeth trocken.
Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und dachte darüber nach, wie sie reagieren sollte. Walter Imbesi erfreute sich im Sternenimperium, gelinde gesagt, nicht gerade besonderer Beliebtheit. Das war auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedachte, welche Rolle ihm dabei zugekommen war, dass sich die Republik Erewhon aus der Manticoranischen Allianz zurückgezogen hatte. Dann hatte Erewhon auch noch die Seiten gewechselt und ein bilaterales Verteidigungsbündnis mit Haven geschlossen … genau in dem Moment, in dem der Krieg zwischen Manticore und Haven wieder aufflammte. Kein Manticoraner (Elizabeth Winton eingeschlossen) zweifelte daran, dass der im Rahmen dieses Bündnisses ausgehandelte Technik-Austausch einige der technologischen Fortschritte erklärte, die Haven seit Wiederaufnahme der Kampfhandlungen zu verzeichnen hatte. Dergleichen zu verhindern, hatte Manticore Erewhon mit massiven Handelssanktionen belegt. Unmittelbar nach Beginn der Gefechte hatte sich Erewhon jedoch für neutral erklärt, weil die neuerlichen Feindseligkeiten einseitig von Haven ausgingen. Deswegen hatte Manticore Erewhon gestattet, weiterhin den Wurmlochknoten zu nutzen und sogar mit dem Sternenimperium Handel zu treiben.
Das , gestand sich die Kaiserin ein, war natürlich nur Mittel zum Zweck. Wir mussten ja schließlich immer noch den
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