Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
anderen Sternnationen über uns denkt – vor allem in befreundeten! Aber das hat uns alle gänzlich überrascht.«
»Überraschungen, nun, die hat es in jüngster Zeit häufiger gegeben, Tony«, versetzte Baronin Morncreek sardonisch. Der untersetzte Bruce Wijenberg und sie waren die einzigen anderen Mitglieder von Grantvilles Kabinett, die mit am Tisch saßen. Hamish Alexander-Harrington war ursprünglich ebenfalls mit von der Partie gewesen. Momentan aber befand er sich gemeinsam mit Sir Thomas Caparelli in einer Besprechung mit Gabriel Caddell-Markham und Justyná Miternowski-Zhyang.
Honor war nicht mehr in Landing. Sie hatte bleiben wollen, doch Elizabeth und Hamish hatten ein Machtwort gesprochen. Beinahe wäre es den beiden trotzdem nicht gelungen, Honor zum Umdenken zu bewegen. Als allerdings die beiden vom Vorstandssprecher von Beowulf unterstützt wurden, hatte Honor schlichtweg keine Chance mehr gehabt.
»Richtig, Francine!«, meinte nun Wijenberg. Er schüttelte so heftig den Kopf, dass seine blonden Haare flogen. »Und überrascht, Tony, wurden ja nicht nur Sie, sondern auch Ihre Majestät und ich! Das Schatzamt und das Handelsministerium verfügen über eigene Kontakte zu Beowulf, durchaus auch auf höchster Ebene, und auch wir haben von all dem nicht einmal etwas geahnt!«
»Und was machen wir jetzt, nachdem wir alle zum Ausdruck gebracht haben, wie verblüfft wir doch sind?«, fragte Elizabeth.
»Verzeihen Sie, Eure Majestät, aber das ist doch wirklich einfach!«, antwortete Grantville. »Beowulf zu den mit uns assoziierten Mächten zählen zu dürfen, das ist doch was! Oder fällt jemandem ein wertvollerer Bündnispartner für uns ein? Na dann aber mal raus mit der Sprache!«
»Jacques!«
Zu den Dingen, die Honor schon immer für eine der Stärken ihrer Mutter gehalten hatte, gehörte auch, Überraschungen erstaunlich gelassen aufzunehmen. Dabei war Dr. Allison Harrington nicht einmal im Ansatz phlegmatisch veranlagt. Die meisten Menschen, die sie kennenlernten, erstaunte und faszinierte an ihr vielmehr ihr Enthusiasmus und ihr verschrobener Humor (es geschah mit gutem Grund, dass die Baumkatzen sie ›Tanzt-durchs-Leben‹ getauft hatten). Allison Harrington war hochkonzentriert bei dem, was sie tat, egal, um welches ihrer Projekte etwa es sich handelte. Zugleich konnte sie mühelos von einem Thema zum nächsten springen. Sie war nicht sprunghaft, nein, sie beherrschte einfach nur das viel zitierte Multi-Tasking in einem Maße, um das sie jede KI beneidet hätte. Bei aller quirligen Betriebsamkeit, die sie gern und voller Lebenslust auskostete, war sie von ruhiger Ausgeglichenheit: eine Gelassenheit, die Honor immer wieder an die ’Katzen erinnerte. Ihre Mutter war in der Lage, sich selbst den unerwartetsten Entwicklungen zu stellen, ohne auch nur kurz ins Stocken zu geraten.
Doch heute war es anders.
Allison Harrington warf einen kurzen Blick auf den kleinen Mann mit den Mandelaugen, der hinter ihrer Tochter aus der Fluglimousine stieg, und erstarrte. Gleich darauf aber warf sie sich dem Mann in die Arme. Honor konnte deutlich spüren, wie im Geistesleuchten ihrer Mutter auflodernde Freude und Erstaunen die Trauer zumindest vorerst überdeckten.
»Hallo, Alley«, sagte Jacques Benton-Ramirez y Chou mit rauer Stimme, als er seine Zwillingsschwester fest in die Arme schloss. Allison lehnte ihren Kopf an seine Brust, und er schmiegte seine Wange an ihr Haar. »Ich freue mich auch, dich zu sehen.«
»Es tut mir leid, dass ich nicht früher kommen konnte«, entschuldigte sich Jacques einige Zeit später.
Er blickte das Glas in seiner Hand an und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Zusammen mit seiner Schwester, seinem Schwager und seiner Nichte saß er auf der Terrasse vor White Havens Swimmingpool. Die Sonne versank langsam hinter dem Horizont. Um diese Jahreszeit (und so hoch im Norden) waren die Abende selbst auf Manticore schon recht frisch. Dampf stieg aus dem beheizten Pool auf; im Licht der untergehenden Sonne leuchtete er golden. Jacques Benton-Ramirez y Chou war dankbar, dass er immer noch sein leichtes Jackett trug.
»Es tut mir leid«, entschuldigte er sich noch einmal und blickte Alfred Harrington direkt in die Augen. »Aber nachdem dermaßen der Teufel los war, hätte ich Urlaub einfach nicht rechtfertigen können.« Er schüttelte den Kopf. »Al hat mir erzählt, wie schlimm es war. Aber ich wusste ja, dass du und Alley immer noch einander hattet. Da hoffte ich … nun
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