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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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Glaubensrichtungen geworden. So ist es heute
nicht ungewöhnlich, wenn sich sonntags die Großfamilie zum Kirchgang trennt.
Papa ist katholisch, Mama eine Zeugin Jehovas, Onkel und Tante sind Mormonen,
Oma und Opa Nazarener, die Tochter geht zu den Baptisten und der Sohnemann zu
den Methodisten. Jeder ist natürlich überzeugt, dem einzig richtigen Glauben zu
folgen. Nur der große Manitu schaut hinab aufs Reservat und versteht die Welt
nicht mehr. Was ist da nur schief gelaufen? Aber wer kann’s den Eingeborenen
verdenken? Immerhin wirbt die Kirche mit Leckerchen wie der Sündenvergebung und
ewigem Frieden, während der große Manitu in der freien Marktwirtschaft
schlichtweg überfordert scheint. Marketing ist eben alles, und das gilt in den
USA ganz besonders für die vielen verschiedenen Religionsgemeinschaften, die
sich ausnahmslos durch Spendengelder ihrer Mitglieder finanzieren. Eine
Kirchensteuer wie in Deutschland existiert nämlich nicht.
    Die
Werbeslogans der Kirchen in den USA werden immer dreister. Ein Billboard in
Kalifornien trug neulich die Aufschrift: Jesus loves you. Everyone else
thinks you’re an idiot! Das bedeutet so viel wie: Jesus liebt dich. Alle
anderen denken, du bist ein Idiot. Auch das Fernsehen wird von vielen
religiösen Führern gern als Angelhaken für die Verzweifelten und für die Naiven
im Volk genutzt. Überschminkte Prediger mit falschen Haaren warnen Tag und
Nacht vor dem Ende der Welt und fordern dringlich Spendengelder der Zuschauer
ein. Das Motto heißt: Kauf dir einen Platz im Himmel, sonst wanderst du auf
direktem Weg ins Fegefeuer. Und die Amis spenden im Akkord. Am liebsten per
Kreditkarte. Die lassen sie freudig über eine kostenfreie Telefonnummer für
gute Zwecke belasten. Ich frage mich nur, was die Prediger eigentlich mit dem
ganzen Geld wollen, wenn die Welt doch bereits in der kommenden Woche
untergehen soll. Die Dekoration auf der Fernsehbühne des bekannten
Kirchensenders TBN lässt die Antwort erahnen. Der Prediger und die Frau an
seiner Seite haben offenbar eine sehr ausgeprägte Affinität für Gold- und
Edelsteine. Und diese will natürlich finanziert werden. Einfach alles am Set
glänzt und glitzert, dass die Augen schmerzen. Einzig die zentimeterlangen
falschen Wimpern der Frau lenken vom kitschigen Prunk im Fernsehstudio ab.
Jeden Moment droht auch ihre Hochsteckfrisur zu kippen, die mit jedem
mehrstöckigen Hochzeitskuchen konkurrieren könnte. Der Spendenrubel rollt
besonders gut, wenn die Dame in gespielter Trauer um die Armut in der Welt ein
paar in Wimperntusche getränkte Tränen kullern lässt. Von ihr könnten die
deutschen Pfarrer wahrlich lernen, wie sich die Klingelbeutel füllen lassen.
    Bei den
Navajos muss man auch spenden. Und zwar nicht zu knapp. Höhepunkt des Tages ist
eine sogenannte Jeep-Tour durch das Monument Valley, das sicher zu den
kunstvollsten Schöpfungen der Natur auf unserem Planeten zählt. Diese Tour ist
ein echtes Highlight. Umgeben von leuchtend roten Sandsteinformationen darf
sich der Besucher fühlen wie John Wayne persönlich. Während der galant auf
einem Gaul ritt, müssen wir dagegen mit der Ladefläche eines Pick-up Trucks
Vorlieb nehmen. Dass einem schon nach wenigen Minuten der Hintern glüht, ist
schnell verziehen. Die Kulisse ist ein Augenschmaus. An diesem Ort wurden in
der Tat zahllose Wildwestfilme gedreht und der gute alte John Wayne hat hier so
manche Rothaut in die ewigen Jagdgründe befördert. Heute rächen sich die
Indianer beim weißen Mann, indem sie die Touristen bluten lassen. Finanziell
gesehen, meine ich. Deshalb ist es an diesem Tag der Reise ausnahmsweise einmal
von Vorteil, Mitglied einer Gruppe zu sein, die von einem Reiseleiter angeführt
wird. Mit Navajos Geschäfte zu machen, ist äußerst nervenaufreibend. Sie sind
ein stolzes Volk und wissen, was sie wollen. So knüpfen sie gern schon mal dem
Individualreisenden einen Hunderter für eine zweistündige Fahrt durch das Tal
ab. Es wird auf Teufel komm raus gefeilscht und gehandelt. Am Ende glaubt der
arme Touri, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Bis er herausfindet, dass die
Leute aus der Gruppe nebendran denselben Spaß für nur knapp die Hälfte des
Geldes erleben dürfen.
    So eine Tour
auf dem Rücken des Pick-ups beinhaltet auch die Besichtigung eines Hogans,
einer typischen Navajo Behausung. Ein Hogan sieht aus wie ein Iglu ohne Vorbau
und wird aus Kiefernstämmen, Kleinholz, Stroh und Lehm gebaut. Im Prinzip
handelt es sich also um

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